Rezension zu Sensenmann von Claudia Puhlfürst
Rezension zu "Sensenmann" von Claudia Puhlfürst
von NiliBine70
Rezension
NiliBine70vor 12 Jahren
Wunden der Vergangenheit Inhalt: Matthias Hase wird an seine schreckliche Vergangenheit als Kind in einem Heim erinnert. Die Erinnerungen werden so übermächtig stark, dass eines Tages sein Unterbewusstsein die Kontrolle über ihn übernimmt und nur noch eins kennt, Rache für grausame Taten an unschuldigen Kindern. Gleichzeitig wird in einem zum Abriss freigegebenen Plattenbau eine Leiche gefunden. Die Situation, in der sie aufgefunden wird hat eine bestimmte Bedeutung, die aber zunächst nur ein einziger versteht: Matthias Hase. Die Journalistin Lara Birkenfeld ist auf diesen Fall angesetzt und als sie auch noch merkwürdige Halluzinationen heimsuchen, lässt der Fall sie gar nicht mehr los. Meine Meinung: Mit dem Thema Kindesmissbrauch hat Claudia Puhlfürst ein sehr sensibles Gebiet der näheren deutschen Vergangenheit angefasst, welches aktueller den je ist. Wir alle kennen die aufrüttelnden Berichte im TV, haben Opfer genau solcher Misshandlungen in Kinderheimen gesehen, gehört, was sie erlebt haben, gelesen. Und dann lesen wir es hier, verpackt in einem mehr als tief gehenden Thriller. Ein Opfer nimmt Rache, verübt Selbstjustiz, die Schuldigen wurden nie angeklagt, sind davon gekommen, doch damit soll Schluss sein. Und er weist auch die Richtung, warum diese Menschen sterben müssen, büßen müssen. Doch erkennen das erst einmal nur Mittäter, was sie aufschreckt, als sie erkennen müssen, was da geschieht. Auch sehr schön, dass eine Journalistin, deren Berufsstand in den letzten Jahren ja doch sehr zu leiden hatte, hier in dem Fall eine von den „Guten“ ist, sehr menschlich dargestellt wird und selbst mit einer Gabe zu kämpfen hat, die oftmals auch ein Fluch sein kann, denn sie „sieht“ in diesen Halluzinationen, was passiert mit den Mordopfern. Es gab ungefähr zur Hälfte des Buches für mich mal eine Durststrecke, wo ich kurz davor war, das Buch abzubrechen. Aber nur ganz kurz. Danach nahm die Geschichte enorm an Fahrt auf und ich war gefangen. Gefangen von den Greueltaten, gefangen im aufflammenden Verständnis für Matthias Hase, der ja Selbstjustiz verübt, was man eigentlich nicht gutheißen kann, aber ich konnte mich dennoch nicht dagegen wehren. Alles in Allem hat mir das Buch sehr gut gefallen, wieder eine deutsche Autorin, die ich definitiv im Auge behalten werde, weitere Bücher lesen werde. Es ist kein Splatter-Thriller im amerikanischen Stil, schon sehr auf Tiefgang bedacht, mit dem hochaktuellen Thema des Kindesmissbrauchs und dem Umgang der Justiz damit. Ich würde es also schon weiterempfehlen, wenn man sich dessen bewusst ist, genau wie so manch brutaler Szenerie, die aber nicht effektheischerisch benutzt wird, sondern zur Untermalung der Gefühle des eigentlichen Opfers und seiner Ohnmacht.