Cover des Buches Zweihundertsechs Knochen (ISBN: 9783958130005)
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Rezension zu Zweihundertsechs Knochen von Clemens-Peter Bösken

Ermittlungen führen ins Jahr 1945

von mabuerele vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Düsseldorf 1945 und eine heutiger Fall - geschickt kombiniert!

Rezension

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mabuerelevor 9 Jahren

„...Er … wäre im Zweifel nur eine besondere Art von Sterbehelfer...“

Kriminalhauptkommissar Terwort steht wenige Jahre vor seiner Pensionierung. Da landet ein ungewöhnlicher Fall auf seinem Schreibtisch. Vor einem Mietshaus in der Feldstraße in Düsseldorf wurde bei Bauarbeiten ein vollständiges menschliches Skelett gefunden. Hauptkommissar Frölich und Kommissar Schneider begleiten ihn zum Fundort. Während der Fahrt erinnern sich die Kommissare an zwei Fälle, die auch mehrere Jahre zurücklagen. Der eine Tote wurde vor 10 Jahren, der andere vor 3 Jahren gefunden. Beide Fälle wurden nie aufgeklärt.

Der Autor hat einen spannenden und abwechslungsreichen Krimi geschrieben. Das Besondere an der Geschichte liegt in zwei Aspekten. Zum einen ist der mögliche Täter mir als Leser sehr bald bekannt. Es geht nur um die Frage, wann ihn die Polizei stellt. Zum anderen kommt der Täter selbst zu Wort. Dadurch ist ein Blick in die Vergangenheit möglich. Der aktuelle Fall arbeitet als wie nebenbei ein Stück der Geschichte von Düsseldorf auf. In dieses Geschehen des Jahres 1945 gehört Sandberg, der Tote.

Das Buch lässt sich zügig lesen. Mir gefällt der sachliche und detailgenaue Schriftstil. Terwort allerdings fällt ab und an durch seinen leichten Sarkasmus auf. Das trifft für beide Handlungsstränge zu. Zug für Zug darf ich verfolgen, wie die Ermittler sich dem Täter immer weiter nähern. Dabei lerne ich gewissenhafte und manchmal fast trocken wirkende Polizeiarbeit kennen. Das Buch setzt nicht auf Action und eine turbulente Handlung, sondern auf die Darstellung der Vorgehensweise der Kriminalisten. Die Spannung ergibt sich aus den Blick auf den Täter.

Er hatte es in der Bundesrepublik zu Macht und Ansehen gebracht. Das wollte und will er nicht aufs Spiel setzen. Dafür ist ihm jedes Mittel recht. Obiges Zitat stammt von seinem zweiten Mord.

Die letzten Tage vor Kriegsende waren in Düsseldorf geprägt von Mut und Verrat. Diejenigen, denen die Stadt verdankte, dass sie nicht dem Erdboden gleich gemacht wurde, haben selbst zum Teil das Kriegsende nicht erlebt. Andere, die nicht nur an jenen Tagen Schuld auf sich geladen haben, gelangten im neuen Staat schnell wieder zu begehrten Posten. Auch hier hat der Autor punktgenau die historischen Fakten aufgelistet. Als sprachliches Element dienten ihm dazu die Erinnerungen von Täter und Opfer, die eigentlich auf gleicher Seite standen. Um die Lage der Bevölkerung wiederzugeben, wurden kursiv Tagebucheinträge einer Krankenschwester eingefügt, die mit dem Täter befreundet war. Nur angedeutet wurden die vorher gemachten Erfahrungen bei den Säuberungen im Osten Europas. Dem Autor gelingt ausgezeichnet, deutlich zu machen, dass der Krieg manchem Menschen das Gewissen genommen hat. Der Täter hat nicht gemordet, weil er sich seiner früheren Schuld bewusst war, sondern einzig allein, weil das Geschehen zu Kriegsende sein Selbstbildnis in der Öffentlichkeit zerstört hätte. Mit jedem seiner Worte strömte von ihm eine Eiseskälte aus.

Das Cover mit der Ausgrabungsstätte passt zum Inhalt.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Auf geschickte Weise wurde nicht nur ein lang zurückliegender Fall gelöst, sondern auch die Vergangenheit Düsseldorfs lebendig. Nicht zuletzt klingt im Buch an, wie der Krieg Emotionen und Menschlichkeit abtötet. Schade, dass der Autor die Veröffentlichung seines Buches nicht erleben konnte.

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