»Da waren noch mehrere dieser großen Häuser, das Land der Wörter wird sorgsam verwaltet. Da wird genau festgelegt, welches Wort welche Rechte und Pflichten hat, welches Wort mit welchem Wort eine Verbindung eingehen kann, das Wort ›schön‹ kann nicht mit dem Wort ›grässlich‹ zusammengehen, wie klingt den das, ›grässlich schön‹?!«
Wenn die Wörter streiken, weil sie vom Menschen die Nase voll haben … ein modernes Märchen für Erwachsene und Jugendliche, ein philosophisches Werk: Es war einmal ein Tag, da fiel Papa das passende Wort nicht mehr ein – der ganzen Familie war das Wort entfallen, und es wurde immer schlimmer, immer mehr Wörter fehlten an diesem Tag. Am nächsten Tag waren alle Menschen in der Stadt sprachlos. Als der achtjährige Günther mit seinen Geschwistern die Buchhandlung betrat, fielen ihnen wieder alle Wörter ein. Der Laden füllte sich mit immer mehr Menschen, denn hier konnten sie endlich wieder sprechen – aber nur hier, an diesem Ort. Was war geschehen? Der Buchhändler lässt die Kinder in ein Wörterbuch steigen, hinab ins Reich der Wörter, sie sollen schauen, was dort vorgeht. Und hier erfahren die Geschwister, was passiert ist. Die Wörter ziehen sich zurück, weil die Menschen in ihrer Sprache verrohen, immer mehr schlimme Worte an Macht gewinnen, Lügen verbreitet werden, die Wörter wissentlich verfälscht benutzt werden, eine Verrohung der Sprache stattfindet.
»Verbalia ist die Hauptstadt des Landes. … Wir kamen am Brummen des Murmelns vorbei, dessen Rauschen wie das Raunen einer Menschenmenge klang, wir legten unsere Hand auf die Mauer des Schweigens, an der sich die Wörter von Sprache, Klang und Gerede ausruhen konnten; kein Laut war an dieser Mauer zu hören. Wir hielten beim Denkmal des Vergessenen Wortes, das an all jene Wörter erinnerte, die im Lauf der Menschheitsgeschichte einfach vergessen worden waren …«
Das Buch ist aus der Sicht des Jungen Günther geschrieben. Mit viel Empathie wird den Kindern erklärt, wie die Häuser der Wörter entstehen, Wortfamilien, es gibt ein Standesamt, wo Wörter heiraten, sich zu einem neuen Wort zusammenfinden. Wörter die viel benutzt werden sind stark, und die, die von den Menschen wenig ausgesprochen werden, werden schwach, landen im Altersheim, wo sie irgendwann sterben. »Okay« wohnt in einem prächtigen Schloss, »Danke« hingegen in einer bescheidenen Hütte. Auf dem Sportplatz bekämpfen sich die Wörter, versuchen, sich gegenseitig mundtot zu machen.
»Es ist nicht immer einfach, ein Wort zu sein. Ein Wort ist den Menschen ausgeliefert, es wird gedruckt und geschrieben, gesprochen und gesungen, geflüstert und geschrien. … Und nicht immer wollen die Menschen etwas Gutes, wenn sie ein Wort verwenden.«
Die drei Geschwister bitten Logos, den König der Worte, den Menschen die Wörter zurückzubringen. Doch so einfach wird das nicht zu machen sein. Sie müssen noch paar Abenteuer bestehen, zuvor den »Sumpf des Geschwätzes« durchqueren, sich von einem Fährmann über den »Fluss des Vergessens« über die Landesgrenze fahren lassen. Sie lernen die Insel Babel kennen, auf der sich die Menschen untereinander nicht verständigen können, weil jeder eine andere Sprache spricht. Im Königreich Malum treffen sie auf den König der Lügen, der sie hinters Licht führen will.
Ein einfühlsamer philosophischer Text, der zum Nachdenken über den Gebrauch von Wörtern anregt. Fake News, Beschimpfungen, eine gute Wortwahl, die Verführung der Menschen durch feingestrickte Lügen, etwas zu glauben. Eingewebt mit mythologischem Hintergrund, Fährmann – Münze – Brunnen – Insel usw., ganz im Stil der alten Märchen hat Clemens Sedmak hier eine wundervolle Geschichte erfunden. Wer sich für Sprache interessiert, emotional verpackt, der liegt hier völlig richtig. Ein schönes Geschenk für Alt und Jung.
Clemens Sedmak, geb. 1971, ist Theologe und Philosoph. Er ist Professor für Sozialethik an der University of Notre Dame (USA) und leitet das Zentrum für Ethik und Armutsforschung in Salzburg. Der Vater dreier Kinder ist Autor zahlreicher Bücher, die sich mit den Fragen nach dem Sinn des Lebens beschäftigen.
Clemens Sedmak
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Neue Bücher
Wie leben?
Alle Bücher von Clemens Sedmak
Das Land, in dem die Wörter wohnen
Jeder Tag hat viele Leben
Wie man (vielleicht) in den Himmel kommt
Das Gute leben
hoffentlich.
Leadership ohne Blabla
Wie leben?
Neue Rezensionen zu Clemens Sedmak
#Reziexemplar, #TyroliaVerlag
Autor: Clemens Sedmak
Verlag: Tyrolia Verlag
Seiten : 135 ( kleines Buch )
Link zum Buch:
Zum Buch:
Die Aufmachung des Buches – Büchleins gefällt mir ausgesprochen gut. Neue Kapitel werden mit markierten Wörtern gekennzeichnet, die man in dem folgenden Kapitel wieder findet. Die Idee finde ich sehr gut.
Das Buch besitzt auch einen Einmerkband, so dass man beim Weg legen genau dort weiter lesen kann wo man aufgehört hat.
Die Verarbeitung wirkt sehr gut.
Das Schriftbild ist angenehm zu lesen.
Zur Geschichte
In der Geschichte geht es um Worte, Worte die in der Geschichte ihre Persönlichkeit bekommen und auch Orte oder Gebäude, die einen Bezug auf das Wort haben.
Sie ist aufgebaut in Form einer Fantasiegeschichte, beginnend mit der Tatsache, dass die Menschen plötzlich die Worte verlieren. Eine Welt ohne Worte – undenkbar. Dies wurde sehr interessant dar gestellt und vor allem dringt sie in das Bewusstsein, wie selbstverständlich wir diese Tatsache nehmen, dass sie vorhanden sind und auch wie kostbar und auch wie sehr wir sie verunstalten und unwichtig nehmen, wobei es doch unser kostbarstes Gut ist.
2 Kinder begeben sich in die Welt der Wörter, um sie wieder dazu zu bewegen zurück zu kehren in die Welt der Menschen und dabei lernen sie so einige Persönlichkeiten kennen und damit verbunden ihre Abenteuer. Ob es ihnen gelingen wird?
Der Autor hat eine sehr schöne Schreibweise, obwohl sie mich nicht 100% abholen konnte, so dass ich mich nicht voll in die Geschichte fallen lassen konnte. Die Idee und vor allem die Botschaft dahinter finde sehr sehr gut.
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