Cover des Buches Golkonda (ISBN: 9783954170500)
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Rezension zu Golkonda von Colin T. Blackstone

Ein gekonnt geschriebener, spannender Krimi mit tollen Schauplätzen und überzeugenden Figuren.

von Wedma vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Tolle Geschichte, toll erzählt! Kopfkino pur! Buch an, die Welt draußen aus.

Rezension

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Wedmavor 7 Jahren

Golkonda hat auf mich insg. einen sehr guten Eindruck gemacht. Der Abenteuerroman erinnerte mich an Indiana Jones und seine Suche nach verborgenen Schätzen vergangener Kulturen, gekonnt und packend erzählt. Der Autor, definitiv kein Neuling auf dem Gebiet, schaffte es immer wieder, mich in den Bann seiner Geschichte zu ziehen: Kopfkino an, die Welt da draußen aus.

Man wird gleich in die Geschichte hineingezogen, ist mitten im Geschehen und immer live dabei. Und es macht viel Spaß sowohl die Abenteuer und Verfolgungsjagden mitzuerleben, als auch einige spannende Dinge über Alltag im heutigen Indien und die Kultur des Landes zu erfahren, z.B. dass das Leben immer noch stark vom alten, offiziell nicht existierenden, aber in der Realität gelebten Kastensystem geprägt wird.

Insb. im letzten Drittel geht es en Detail um eine alte, verfallene Stadt Golkonda, um 345 n. Z. errichtet und später Gegenstand der Eroberungen machtsüchtiger Herrscher. Die Nachteile für die einfachen Menschen und die Kulturgüter der im 1948 erfolgten Umstellung auf Demokratie werden plastisch vor Augen der Leser geführt. „Seit Golkonda dem indischen Volk gehörte, war die staatliche Kulturbehörde zuständig und ließ immer mehr vom Glanz der Vergangenheit verblassen.“ Die tragischen Schicksale der Menschen aus der Kriegerkaste kommen deutlich zur Sprache und reißen mit. Diese Infos sind nicht nur gut für die Füllung der Wissenslücken, es sorgt auch dafür, dass sich kaum etwas in dieser Geschichte auf dem schwarz-weiß-Niveau bewegt. Wenn man die Vorgeschichte des Schützen erfährt, fällt einem nicht schwer, in ihm ein Opfer der Verkettung der unglücklichen Umstände zu seinen, jener Kombination aus den grausamen politischen Entscheidungen der demokratischen Regierung und des alten Kastensystems in seinem Land, die viele Seinesgleichen an Rand der Verzweiflung trieben. Gut möglich, dass dieser Teil der Geschichte nicht zur politisch korrekten offiziellen Version passt, die Umstände scheinen mir jedoch adäquat, passend zu den Realien in Indien, gut beobachtet und prima erzählt.

Die Hauptfiguren überzeugen auf ganzer Linie: jung, eigenartig, kein! 08/15 Format. Jede von ihnen kommt aus einem andern gesellschaftlichen Milieu und hat eigene spannende Vorgeschichte. Dent ist ein Computernerd, wohnt mitten in St. Pauli in Hamburg in Wohnung seiner Mutter, Wäscherin, und ernährt sich von Zigaretten, Kaffee und gelegentlichen Pizzalieferungen. Sein Bruder Don ist ein Halbenglander, hat etliche Jahre in Indien verbracht, ist ein Profi-Dieb, ehem. Söldner, Indienkenner und nun auch auf der Suche nach seinem Erbe, einem ungewöhnlichem rosa Diamanten aus den sagenumwobenen Mienen der alten Stadt. Sophie ist eine junge Anwältin, die nach dem Studium in der Kanzlei ihres Onkels als Erbschaftverwalterin anfangen darf. Golkonda ist ihr erster Fall. Dieses Trio begleitet einen durch die Geschichte und es ist mitunter schwer zu sagen, wer da der „Hauptermittler“ ist. Alle drei tragen nach Kräften ihren Part zur Ermittlung der Erbschaft bei. Auch die Nebenfiguren und ihre Lebensgeschichten sind spannend und es wert, sie kennenzulernen. U.a. gibt es ein Pladoyer über die alleinerziehenden Mütter, die sich für ihre Kinder aufgeopfert haben. Auch Frauenrolle in Indien ist einem der Nebenstränge gut präsent, eine anti-Kriegs-Note schwingt da deutlich mit uvm.

Die Handlung ist logisch aufgebaut und erweist durchwegs eine gute Spannung. Konflikte auf Schritt und Tritt lassen einen immer weiterblättern. Die wichtigen Ereignisse sind prima in Szene gesetzt. So weiß man gleich am Anfang, worum es hier geht, was auf dem Spiel steht, wer den Geheimnissen nachjagen wird und warum. Die Figuren haben keine andere Wahl, als loszugehen und die Sache zu klären, denn es geht ums Leben und Tod. Die Jagd nach dem Diamanten führt bald nach Varanasi, Indien. Dort taucht man in eine andere Welt ein, lernt Figuren kennen, die einen verblüffen, empören, überraschen und immer gut unterhalten.

Die Schauplätze sind vielfältig und atmosphärisch beschrieben: Diwali-Fest in Varanasi, ein Begräbnis auf dem düsteren Friedhof in Soho, London, Feierlichkeiten auf St. Pauli, Hamburg in der Silversternacht, die sagenumwobene Stadt Golkonda näher Hyderabad uvm.

Die Art der Stoffdarbietung hat mir nicht nur gut gefallen, sie hat vielerorts auch Spaß gemacht. Es gab allerdings auch manche Stoffwiederholungen und Zusammenfassungen, die ich da am liebsten nicht angetroffen hätte. Mag sein, dass sie nicht ausschließlich auf Ansinnen des Autors dort platziert wurden. Bloß aufmerksame Leser können sich dafür kaum begeistern.

Eine humorig-ironische Note, die oft in den Dialogen auftaucht, rundet das Lesevergnügen ab.

Fazit: Ein gekonnt geschriebener, spannender Krimi, der nicht nur Spaß macht, sondern auch zum Nachdenken anregt und viele interessante Momente zur Kultur und Geschichte Indiens unterhaltsam zu vermitteln weiß. Es ist die Art von Krimi, die durchaus massentauglich ist. Diese Abenteuer kann ich mir gut auch als Film vorstellen. Bleibt zu hoffen, dass man bald mit weiteren Abenteuern vom ungleichen Trio beglückt wird.

Leider war mir die Zeichensetzung zu oft zu abenteuerlich: mal ein Komma zu viel, mal zu wenig, mal Punkt, Komma und „Gänsefüßchen“ alle auf einen Schlag da. Dazu die alte Rechtschreibung, die mich oft genug aus zusammenzucken ließ.

Inhaltlich und erzähltechnisch ist der Roman aber eine beachtliche Leistung. 4 Sterne und eine klare Leseempfehlung für Krimi-Fans und Liebhaber der Abenteuerromane.

E-book, Seitenzahl der Printausgabe: 432.

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