Cover des Buches Underground Railroad (ISBN: 9783957130990)
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Rezension zu Underground Railroad von Colson Whitehead

Hier wird der Leser/Hörer in die Irre geführt (Hörbuchrezension)

von Starbks vor 6 Jahren

Rezension

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Starbksvor 6 Jahren
Wenn ich einen historischen Roman lese, dann nehme ich fast automatisch an, dass der historische Hintergrund wahr ist (und ich hier vielleicht sogar noch etwas Neues erfahren kann) und die Figuren und der Handlungsverlauf meist fiktiv ist. Bei Colson Whiteheads „Underground Railroad“ sollte man sich darauf besser nicht verlassen, und ich nehme an, dass nun Tausende Leser, vor allem amerikanische, eine falsche Vorstellung von der Underground Railroad haben. Dabei hat Whitehead sogar den Pulitzer Preis für Fiktion in 2017 erhalten – wie kann das sein?

Das Thema der Underground Railroad und Sklaverei interessiert mich sehr. Ich habe in den USA bereits Harriet Tubmans „The Road to Freedom“ gelesen, den Bericht einer wirklich auf der Railroad geflüchteten Sklavin. „Underground Railroad“ habe ich in einer gekürzten Lesung auf 7 CDs im Hörbuch Hamburg Verlag, gelesen von Helene Grass, gehört. Leider beherrscht die Sprecherin die englische Spreche nicht besonders gut, verhaspelt sich beim „th“ und kann die meisten Orte und Namen nicht aussprechen. Hier kann man sich besser vorbereiten.

Zum Inhalt. Der Anfang des Hörbuches klingt wie ein Teil von Yaa Gyasis „Heimkehren“. Die Geschichte der geflüchteten Sklavin in beiden Romanen scheint fast identisch, ebenso der Erzählstil. In „Underground Railroad“ wird vor allem Coras Leben als Sklavin, Flüchtende, Halbfreie, Freie erzählt. Flucht und Verstecken gehören zu ihrem Leben. Dabei flüchtet Cora auch auf der Underground Railroad, hier in unterirdischen Zügen durch Tunnel (sie fragt sich, wer das nur alles gebaut hat), und auch am Ende geht es wieder um diese unterirdische Zugstrecke.

Doch die Underground Railroad war ein Netzwerk an Informanten und Fluchthelfern, das lediglich die Begrifflichkeiten aus der Welt der Züge nutzte. Soweit ich informiert bin, sind diese Tunnel und Sonderzüge die reine Fiktion des Autors ebenso wie so manch andere Begebenheit. Wüsste ich das nicht, so würde ich dem Autor abnehmen, dass die Railroad Züge waren. Als Leser nimmt man eben an, dass der historische Teil soweit stimmt. Weiterhin geht z.B. in der Sklavenzeit schon ein Mischling hier auf ein College – glaube ich weniger, aber habe ich nicht überprüft.

Der Schreibstil des Autors ist einfach und wenig literarisch. Ich kann die Entscheidung für den Pulitzer-Preis überhaupt nicht nachvollziehen. Vor allem fürchte ich aber, dass die Leser des Buches nun eine ganz falsche Vorstellung von der Railraod haben.

Auf dieses Buch habe ich mich sehr gefreut. Auch, wenn ich es zwar zu Ende gehört habe, so hat sich die Vorfreude leider nur in Ärger gewandelt. Die Geschichte um Cora kann man schon gut anhören, aber um diesen Autor werde ich in Zukunft einen großen Bogen machen.
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