Rezension zu "Die Kandidatin" von Constantin Schreiber
In einem Deutschland in circa dreißig Jahren steht die Bundestagswahl an. Sabah Hussein, eine feministische, muslimische, grüne, eingewanderte Frau ist die mit Abstand aussichtsreichste Kandidatin für die Bundeskanzlerschaft. Doch es gibt Menschen, die das nicht und Hussein nichts Gutes wollen.
Constantin Schreibers Roman beruht auf einer interessanten Idee: Wie sähe es aus, wenn eine Frau wie Sabah Hussein Bundeskanzlerkandidatin wäre?
»Die Kandidatin« ist ein dünnes Buch von gerade einmal zweihundertfünf Seiten. Zu großen Teilen wird Husseins Arbeit beschrieben, es werden kurze Rückblicke auf ihre Flucht nach Deutschland und darauf, wie sie in ihre jetzige Position kam, geworfen. Auch die Antagonisten werden gezeigt; in kurzen Kapiteln wird mehr oder weniger zusammenhanglos beschrieben, was diese in den jeweiligen Situationen gerade tun.
Für ein Buch dieser Art, in dem es konkret um Sabah Hussein geht, die Kanzlerin werden möchte, ist es wichtig, dass die Charaktere – allen voran die Protagonistin – gut ausgearbeitet sind und lebendig wirken. Das ist leider überhaupt nicht der Fall. Obwohl man als Leser viel Zeit mit Hussein verbringt, lernt man sie kaum kennen. Sie wirkt, genau wie alle anderen Figuren, zweidimensional, einfach und austauschbar – von stereotyp ganz zu schweigen.
Natürlich arbeitet Schreiber hier mit überspitzten Darstellungen, das gehört zum Konzept. Doch leider schießt er dabei vollkommen über das Ziel hinaus. Völlig irre, unvorstellbare politische Ziele werden hier genannt, zum Teil umgesetzt (Stichwort Hijab-Quote – what?!). Vieles wirkt in diesem Roman wie Panikmache vor den bösen linksgrün Versifften, die Deutschland abschaffen und das Abendland islamisieren wollen.
In dieses Kompott der Ungereimtheiten reihen sich noch Logikfehler ein – allen voran: Von einer Person heißt es, sie sei in der DDR aufgewachsen. Das Problem? Sie wurde 1995 geboren, sechs Jahre nach dem Mauerfall, fünf nach der Wiedervereinigung.
Bei diesem auf einer spannenden Idee beruhenden Buch kam ich bis zum letzten Satz (der ein völlig vorhersehbares Ende beschloss) nicht mehr aus dem Kopfschütteln heraus. Einzig die Grundidee ist einen (halben) Pluspunkt wert. · 1,5/10