Im zweiten Teil von Cora Stephans Reihe stehen die beiden Töchter Margos im Mittelpunkt. Leonore, im Westen aufgewachsen, und Clara, die verlorene Tochter, die eigentlich Emma heißt und im Osten groß wird. Beide Frauen könnten nicht unterschiedlicher sein. Nachdem Leo kurz in die Welt von Flower Power, Drogen und Hausbesetzern eintaucht, führt sie ein relativ normales westdeutsches Leben. Clara entschließt sich schon früh, für die Stasi zu arbeiten. Ich habe mich beim Lesen gefragt, wie realistisch es ist, dass ein 13jähriges Mädchen sich freiwillig beim MfS meldet. Der Großteil des Romans ist aus Leonores Sicht erzählt. Ihr Mutterglück nach der Adoption von Jana, die Schwierigkeiten, sich den Zwängen der Zeit anzupassen und ihrer Angst, verfolgt zu werden. Insbesondere das Thema Angst in der BRD ist sehr interessant erzählt. Angst vor Terror, Angst vor Klimawandel, Atomwaffen und -energie, eigentlich vor so vielen großen, aber auch kleinen Bedrohungen. Leos ganz reale Angst wird als Verfolgungswahn abgetan. Das hat mich sehr berührt. Letztlich wird auch das Geheimnis um ihren Unfall gelöst. Clara wird derweil als Agentin in Westdeutschland eingeschleust und wartet ab. Auf was, weiß sie nicht. Nach der Wende erscheinen ihr lange geglaubte Überzeugungen und Wahrheit fremd und trügerisch. Am Ende gelingt es, die Puzzleteile der Vergangenheit der beiden Frauen und ihrer Mütter zusammenzulegen. Erschreckend wie tief Staat und Stasi hier Strippen gezogen haben. Ein packend erzählter Roman über die Geschichte des geteilten Deutschlands. Schade nur, dass Alard keine Rolle spielt. Aber dafür freue ich mich auf den neusten Roman der Autorin.
Cora Stephan
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Cora Stephan
Ab heute heiße ich Margo
Margos Töchter
Über alle Gräben hinweg
Angela Merkel. Ein Irrtum
Lob des Normalen
Das Handwerk des Krieges
Ab heute heiße ich Margo
Neue Rezensionen zu Cora Stephan
Dieses Buch wartete schon etwas länger im Regal darauf, gelesen zu werden. Es hat sich gelohnt. Auf den Spuren von Margo, eigentlich Margarete, begibt sich der Leser auf eine Reise durch die deutsche Geschichte von 1936 bis zur Jahrtausendwende. Margo ist eine selbstbewusste Frau, für die Eigenständigkeit und Selbstbestimmung sehr wichtig sind. Während der Naziherrschaft ist sie eine Mitläuferin, hat keine politischen Interessen und keine politische Haltung. Sie ist fleißig, tatkräftig und mutig und hält sich nicht mit Emotionalitäten auf. Nach dem Krieg gelingt es ihr mit ihrem Mann Henri, ein neues Leben im Wirtschaftswunder Westdeutschlands aufzubauen. Sie ist pragmatisch, kreativ und zukunftsgerichtet. So wird sie schnell erfolgreich und erarbeitet sich eine eigene Karriere. Henri, der auch als Richter seinen Platz gefunden hat, kocht und kümmert sich hingebungsvoll um den Garten. Ein sehr moderner Mann in der damaligen Zeit. Seine Figur rührt mich sehr. Seine Liebe zu Margo hält auch Betrug und Seitensprünge aus. Neben Margo wird die Handlung auch aus der Perspektive von Helene, einer ehemaligen Kollegin Margos und Alard, eines Adeligen erzählt. Die drei verbindet ein Geheimnis aus den letzten Kriegsjahren. Helene ist eine sehr zwiespältige Figur. Anfangs gefällt sie mir sehr gut mit ihrem Mut und ihrem Aufbegehren. Auch ihre Liebe zu Alard, die sich bis auf wenige Tage im Krieg nicht entfalten kann, ist sehr gut eingefangen. Ihre Wandlung zur Spionin der DDR und ihre emotionalen Intrigen werfen dann aber ein anderes Licht auf sie. Mir bleibt ihre Figur bis zum Ende etwas fremd und unnahbar. Dennoch ist die wechselseitige Perspektive aus Ostdeutschland und Westdeutschland, durch Helene und Margo sehr gut gesetzt. Die Geschichte der beiden Töchter, Leonore und Clara bzw. Emma ist angerissen, wird aber im Nachfolgeroman tiefer erzählt. Am Ende geht es dann etwas schnell und wirkt stellenweise konstruiert. Auch das Geheimnis um die verschwundenen DDR-Millionen hätte es für mich nicht unbedingt gebraucht. Doch der Roman berührt mich, interessiert mich und die Figuren sind sehr facettenreich gezeichnet. Daher absolut empfehlenswert.
*3,5 Sterne
"Über alle Gräben" von Cora Stephan ist ein Roman, der etwa um 1900 beginnt und sich bis 1946 erstreckt und somit eine ziemlich große Zeitspanne umfasst. Wir begleiten die Geschichten von mehreren Personen; zuerst geht es vor allem um Benita von Seydlitz, später dann mehr und mehr um ihren Sohn Alard. In der zweiten Hälfte verlagert sich die Handlung nach Großbritannien und nimmt da einen engen Freund des Sohnes näher ins Visier.
Mir hat vor allem der erste Teil des Buches, der sich mit Benita und ihrer Situation beschäftigt, gefallen. Man erfährt einiges über das Leben in Schlesien zur Zeit der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg. Aber auch die Politik zu dieser Zeit kommt nicht zu kurz.
Überhaupt ist Politik ein sehr, sehr großes Thema in diesem Roman. Vor allem in der zweiten Hälfte, wenn es mehr um Liam, den schottischen Freund des Sohnes geht, wird die politische Situation Europas zum zentralen Thema. Sogar so sehr, dass die Handlung eigentlich eher zweitrangig wird. Seitenweise werden Gespräche über Krieg und politische Schachzüge dargestellt, was mich zunehmend ermüdet hat.
Wenn man sich nicht für Politik oder Geschichte interessiert, dann empfehle ich dieses Buch eher nicht, denn man braucht wirklich Durchhaltevermögen, um einige Durststrecken zu überstehen. Die Autorin hat sicherlich gut recherchiert, verliert mit der Zeit jedoch ein wenig die Handlung aus den Augen. Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn sie sich nur auf eine Person konzentriert (Benita oder Alard) hätte, denn die Handlung um Liam hätte es eigentlich gar nicht gebraucht. Daraus hätte man sogar ein zweites Buch machen können.
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