Rezension zu Lauras Lied von Corbeyran
Rezension zu "Lauras Lied" von Thierry Murat
von Ein LovelyBooks-Nutzer
Rezension
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Ein LovelyBooks-Nutzervor 13 Jahren
Als Laura die Nachricht erhält, dass ihr Vater nach einem Unfall im Koma liegt, ist sie zunächst regelrecht enttäuscht, dass er überlebt hat. Trotzdem fährt sie nach langer Zeit wieder in ihre Heimat St. Malo, um ihn auf der Intensivstation zu besuchen. Die Krankenschwester, die ihr empfiehlt, regelmäßig mit ihm zu sprechen, bringt sie schließlich auf eine Idee: Sie fasst den Entschluss, das Koma ihres Vaters als Chance zu nutzen. Endlich kann sie ihm all das sagen, was ihr auf der Seele brennt, seit er sie das erste Mal missbraucht hat... Die Erzählerin Laura schildert ihre sehr intime Geschichte oft distanziert und zynisch, ohne dadurch ihr Dilemma zu bagatellisieren. Jeden einzelnen Tag und in jeder Beziehung, die sie zu ihren Mitmenschen eingeht, muss sie nicht nur mit den Folgen der pervertierten Liebe ihres Vaters leben, sondern auch mit denen des konsequenten Wegschauens ihrer Mutter. Während ihrer Besuche im Krankenhaus wird sich Laura schließlich dennoch bewusst, dass Hass ein Weg ist, auf dem nicht zuletzt auch sie selbst auf der Strecke bleibt. „Lauras Lied” ist eine Adaption von Amélie Sarns Roman „Elle ne pleure pas, elle chante”, die von Thierry Murat nahezu minimalistisch illustriert wurde. Vor allem die Gesichtszüge der einzelnen Figuren sind so stark stilisiert, dass sie oft nur anhand von Merkmalen wie Frisuren oder Haarfarben auseinanderzuhalten sind und theoretisch alle möglichen Gesichter darstellen könnten. Kein Wunder - schließlich müssen sie doch für unzählige Menschen stehen, die Ähnliches erlebt haben und Opfer, Täter oder auch Zeugen sind. Eine Graphic Novel zu einem sehr sensiblen Thema, die unter die Haut geht.