Cover des Buches Und morgen am Meer (ISBN: 9783746629858)
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Rezension zu Und morgen am Meer von Corina Bomann

Bewegende Ost-West Liebesgeschichte

von Connys_Buecherwelt vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Bewegende Ost-West Liebesgeschichte kurz vor dem Mauerfall, die viele Erinnerungen an die damalige Zeit und Musik heraufbeschwört.

Rezension

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Connys_Buecherweltvor 7 Jahren
"Der Klassenfeind! Direkt vor meiner Nase! Gut aussehend, gut duftend und obendrein offenbar sehr nett." (S. 71)

Als die 17jährige Milena und der 18jährige Claudius sich im Juni '89 zufällig in der Berliner S-Bahn begegnen, ist es Liebe auf den ersten Blick. Doch die beiden trennen Welten, denn Claudius stammt aus dem Westteil der Stadt und Milena aus Ostberlin. In einer Zeit des Umbruchs versuchen die zwei trotz Mauer um ihre Liebe zu kämpfen. Doch die Stasi ist ihnen bereits auf den Fersen und als einziger Ausweg bleibt ihnen bald nur noch die heimliche Flucht aus der DDR. Werden Milena und Claudius ihre Freiheit erlangen und wie erträumt gemeinsam Italien und das Meer erreichen?

"Er gab mir einen Kuss auf die Wange, sah mich noch einen Moment an und sprang in den Zug, der ihn fortbrachte von mir, in eine andere Welt." (S. 123)


"Und morgen am Meer" ist ein toller Jugendroman aus der Feder von Corina Bomann. Eine Geschichte, die nicht nur für die Autorin eine Reise in ihre eigene Kindheit und Jugend bedeutete, sondern auch für mich als Leserin. Denn ich war selbst DDR-Bürgerin und zur Wendezeit 18 Jahre alt. Daher konnte ich mich besonders gut in Milena hineinversetzen. Alte Erinnerungen kamen wieder hoch, positive wie auch negative. Ich denke z.B. gern zurück an die im Roman erwähnte leckere Fruchtmilch in der Schule, an Pinguin-Eisbars, Schlager-Süsstafeln oder den besonderen Zusammenhalt der Menschen. Demgegenüber standen aber auch die vorherrschende Mangelwirtschaft, die vielen Einschränkungen und Repressalien sowie die ständige Lobhudelei auf den Sozialismus. Das konnte nicht mehr lange so weitergehen.

"Wollte ich hierbleiben, in einem Käfig, der nur zu einer Seite hin offen war - und das auch nicht wirklich?" Nein! (S. 226)


An Milena und Claudius mitreißender Geschichte erleben wir hautnah die damalige Zeit des Umbruchs im Sommer und Herbst '89 mit. Milenas Playlist wird dabei zum Soundtrack ihrer grenzenlosen Liebe. Denn in der Berliner S-Bahn, als das Paar sich an einem Montag das erste Mal kurz begegnet, verliert Milena ihre selbst aufgenommene Kassette mit 11 bekannten 80er Jahre-Songs. Claudius findet diese und bringt sie ihr zurück. Genau diese Lieder begleiten dann treffend die nachfolgenden Kapitel. Los geht's mit "Manic Monday" von den Bangles, gefolgt u.a. von Joy Divisions "Love will tear us apart", Alice Coopers "Schools out", Pink Floyds "Another Brick in the Wall" und ganz am Schluss David Bowies "Heroes". "We can be Heroes, just for one day" - so heißt es im Songtext. Aber ob Milena und Claudius auch zu Helden ihrer eigenen Geschichte werden können, steht noch in den Sternen. Denn Milenas Kontakt zum angeblichen Klassenfeind Claudius ruft rasch die Stasi auf den Plan und dann erfährt Milena auch noch ein bislang gut gehütetes Familiengeheimnis, welches ihre Welt erschüttert. Als einziger Ausweg bleibt den beiden bald nur noch die Flucht aus der DDR in Richtung Ungarn, bei der sie noch so manch gefährliche Situation überstehen müssen. Wird es Milena und Claudius gelingen, endlich frei zu sein, alle Grenzen zu überwinden und ihre Träume und Wünsche zu verwirklichen?

"Und morgen am Meer? fragte er mich. Ich nickte. Und morgen am Meer." (S. 235)

Die Geschichte ist flüssig geschrieben und liest sich in einem Rutsch. Milena und Claudius waren mir als Paar auf Anhieb sympathisch. Die Chemie stimmte und ich habe mit den beiden die ganze Zeit mitgefiebert und mitgezittert. Als Nebenfigur hat mich besonders Milenas Ostberliner Freund und Punker Lorenz überzeugt, der für ein paar witzige Momente und Überraschungen sorgt.

Es kommen natürlich viele Eigenbegriffe und Abkürzungen aus der DDR vor, wie FDGB-Heim, ZV-und PA-Unterricht, ABV, EOS, MZ usw. Manche werden erklärt, manche nicht, sodass Leser aus der ehemaligen DDR hier klar im Vorteil sind. Doch auch für Nichtkenner bietet die Geschichte einen interessanten Einblick in den DDR-Alltag.

Die dramatischen Ereignisse in der Prager Botschaft und Genschers denkwürdige Worte am 30. September '89 bilden mehr oder weniger das Ende der Geschichte, danach erfahren wir aber noch im Epilog, wie es mit Milena und Claudius weiterging. Ein schöner Abschluss.

Insgesamt kann ich "Und morgen am Meer" daher sehr empfehlen. Eine bewegende Ost-West-Liebesgeschichte kurz vor dem Mauerfall, für die ich 5 Sterne vergebe.
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