Cover des Buches Die Unsterblichkeit der Signora Vero (ISBN: 9783784433585)
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Rezension zu Die Unsterblichkeit der Signora Vero von Cornelia Becker

Beziehungen und ihre Spielarten

von miro76 vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Ein wunderschönes Debüt, minimalistisch erzählt, regt zum nachdenken an.

Rezension

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miro76vor 9 Jahren
„Das ist nicht einfach mit dem Tod, der will sie nicht haben, aber sie sehnt sich so sehr danach.“ (S. 25)
Beatrice Vero hat ein schnelles Leben gelebt. Ständig auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer, hat sie sie Welt bereist. Nirgends konnte sie lange verweilen, niemand vermochte sie zu halten. Ihr einziger steter Wegbegleiter war ihr Boot – die Verotrice.
Nun ist die fast 70jährig heimgekehrt nach Sardinien, ins Ferienhaus ihrer Familie. Sie ist recht einsam da und die Einheimischen sind distanziert und haben wenig gute Worte für sie. Zu fremd ist ihnen ihre Welt aus Glanz und Glamour.
„Die Vero hat ein verrücktes Leben geführt, rastlos und getrieben. Sie kann sehr viel geben, wenn sie will, aber sie kann auch alles Zerstören, sich selbst eingeschlossen.“ (S.83)
Signora Vero hat das Gefühl, genug gelebt zu haben. Sie sucht eine Assistentin, die mit ihr bis zum Ende geht, die sie die letzten Stunden begleitet. Dafür wird sie diese als Alleinerbin einsetzen.
Für Cordula, eine brotlose Schriftstellerin, kommt dieses Angebot zur rechten Zeit, um nicht sofort verworfen zu werden. Sie sitzt auf einem Berg Schulden, seit dem Tod ihres Mannes und schafft es nicht monatlich über die Runden zu kommen. Sie möchte ihrer Tochter Anna mehr bieten.
Außerdem hat sie den Verlust ihrer Liebe noch nicht verarbeitet. Eigentlich ist sie noch nicht bereit sich schon wieder mit dem Tod auseinanderzusetzen. Deshalb überredet sie die Signora, ihre Tagebuchaufzeichnungen zu sichten und wenn möglich in Buchform zu bringen. Sie packt die Vero bei ihrer Eitelkeit.
Und so beginnt ihre Zusammenarbeit. Die Signora, anfangs noch skeptisch, übt immer mehr Druck auf Cordula aus, damit die Arbeit vorangeht. Zusätzlich treibt sie einen Keil zwischen Cordula und ihre Tochter, indem sie Anna Vieles bietet, was Cordula nicht möglich ist. Sie scheint dabei wieder aufzublühen. Währenddessen entfremden sich Cordula und Anna immer mehr. Sie verliert ihre Tochter völlig aus den Augen und langsam beginnt sie auch sich selbst zu verlieren. Höchst manipulativ hat es die Signora geschafft Cordula an sich zu binden und diese beginnt sich zu wehren – bis zum Ende.
Ein gelungenes Buch über die Komplexität zwischenmenschlicher Beziehungen: die tiefe Liebe zu einem Menschen und die haltlose Trauer über den Verlust, der Halt den Freundschaften geben können, die Schwierigkeiten eines Mutter-Tochter-Verhältnisses, die Unfähigkeit sich zu binden und die ständige Suche danach, Abhängigkeit und daraus resultierend Hass.
Leider verspricht der Klappentext irgendwie eine andere Geschichte. Dieser ist, meiner Meinung nach, sehr unglücklich gewählt. Aber die Leser sollten nicht enttäuscht sein, denn Cornelia Becker hat trotzdem eine spannende Geschichte vorgelegt. Vieles wird nur angedeutet, der Leser ist aufgefordert konzentriert zu sein und sich auf wenig alltägliche Themen einzulassen. Der minimalistische Stil lässt viel Raum für eigene Interpretationen. Mich hat dieses Buch zum nachdenken angeregt.
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