Cover des Buches Reckless - Steinernes Fleisch (ISBN: 9783791504858)
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Rezension zu Reckless - Steinernes Fleisch von Cornelia Funke

Rezension zu "Reckless - Steinernes Fleisch" von Cornelia Funke

von Lucindana vor 14 Jahren

Rezension

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Lucindanavor 14 Jahren
Reckless - Steinernes Fleisch ist kurzweilig, ich mag es fast schon als trivial bezeichnen, obwohl es mir im Leseherz weh tut, denn es ist doch ein Cornelia-Funke-Buch. Es ist ein bunter Märchenmix, dessen einzelne Schnipsel ab und an mit einem Augenzwinkern aufgebügelt wurden und welcher in das viel zu engmaschiges Netz einer Handlung gestopft wurde, deren wahnsinniges Tempo keine Zeit zum verweilen lässt. Kein innehalten, kein genießen. Kein Atem holen, um die Funke-Magie, die Funke-Wort-Magie tief einzusaugen. Keine Zeit, nicht einmal für die eigenen Figuren, die allesamt so hohl und so verloren durch diese Welt irren, wie ich mich außerhalb der Buchdeckel beim Lesen gefühlt habe. Jacob Reckless, der Held der Geschichte, hat die Realität hinter sich gelassen, ebenso die Angst und ein wenig auch die Menschlichkeit. Er läuft vor seinem eigenen Leben davon, stürzt sich in die Spiegelwelt und hört niemals auf zu rennen. Selbst dann nicht, als sein Bruder im folgt. Seine Figur gleicht einer Maschine, die immer weiter macht, niemals aufgibt und dabei scheint sie nur einem einprogrammierten Befehl zu gehorchen. Denn obwohl Funke versucht die Beziehung der Brüder zu beschreiben, bleibt sie unnahbar und auf emphatischer Ebene für mich ein wenig unbegreiflich. Jacob und Will, sein Bruder, leben getrennte Leben; der eine weiß kaum etwas über den anderen. Allein das Blut und eine fadenscheinige Erinnerung an gemeinsame und leidvolle Vergangenheit hält das Band. Setzt man aus solcher Motivation sein Leben füreinander aufs Spiel? Ich mag es glauben, Cornelia Funke vermag es jedoch nicht, dies glaubhaft, fühlbar, nachfühlbar zu schildern. Will ist da, er ist es aber auch nicht. Zu schnell verliert man ihn, verwandelt er sich in einen der Goyle, indem ihm eine steinerne Haut wächst. Kaum ist sein Charakter vorgestellt, wird er durch den Goyl verwässert. Man fühlt Mittleid. Mittleid für einen Fremden. Fuchs, die Gestaltwandlerin, folgt Jacob auf Schritt und Tritt. Ist ein Schatten und bleibt ein Schatten in der Geschichte. Clara ist Krankenschwester, Will's Freundin und mehr gibt es nicht zu sagen. Sie bleibt für ihn in der Spiegelwelt, aus Liebe. Auch das geht nicht ans Herz, sondern wird erzählt, wie in einer Geschichte, die schon durch tausend Münder abgestumpft ist und jegliche Farbe verloren hat. Die Welt, ist alles, was bleibt und alles ertrinkt in ihr. Die Idee der Märchenwelt hinter dem Spiegel, die den Erfolg der Bücher wohl tragen soll. Über die Geschichte geworfen wie ein Mantel, erstickt sie alles darunter wie die Haut aus Stein, die sich auf Wills Körper zu bilden beginnt. Idee folgt auf Idee, auf Idee, auf Wendepunkt, auf Idee und japsend bleibt man auf der Strecke. Handlung um der Handlung willen. Hauptsache Aktion, Hauptsache keine Langeweile aufkommen lassen .... Wo ist sie hin, die Cornelia Funke aus dem Herrn der Diebe mit dem Tintenherz? Wo die leisen, stillen Töne? Die Figuren, mit ihrer Tiefe, ihrem Strahlen und ihren Schatten, die einem bildlich vor Augen schwebten, einen einluden, ihnen zu folgen und auch lange nach dem schließen der Buchdeckel noch verweilten? Wo ist Scipio, mit seinem verzweifelten Wunschspiel, ein Erwachsener zu sein. Oder Staubfinger, der so menschlich war, so liebenswürdig und tragisch, dass man ihn schlagen und trösten wollte und der einem so nah schien, als könne man ihn tatsächlich umarmen. Der feine wispernde Regen, der einen sanft in eine Welt entführt, und einen nicht hineinwirft und herumschleudert wie in den Wassermassen einer Waschmaschine im Schleudergang. Reckless ist ein Fall. Cornelia Funke hat sich für mich in ihrem Buch selbst verlaufen. Die Inhalte sind fremd und man verknüpft sie in Gedanken mit Erinnerungen an die Geschichten und Erzählungen aus denen sie stammen. Die Figuren sind grob gezeichnet, verschwommen und die Handlung rast dahin, galoppiert davon, dass man kaum eine Chance hat sie zu greifen und festzuhalten, wirken zu lassen. So bleibt nichts hängen von dieser Geschichte. Man liest das Buch herunter, wie man sich einen Kinofilm ansieht, vielleicht an einem regnerischen Nachmittag, wenn man nichts besseres zu tun hat und nur kurzweilige Ablenkung braucht. FAZIT: Ein Fantasy - Action - Blockbuster. Gesehen -> unterhalten -> vergessen. Nur ein Gedanke, aber vielleicht lebt Cornelia zu lange in Amerika ... P.S.: Wer ein Buch für ein paar unterhaltsame Lesestunden braucht, auf schillernde und eher üppige Fantasywelten steht und mehr Wert auf Aktion, als auf Charaktere und Hintergründe oder besonders tiefschürfende Inhalte und Entwicklungen legt, der ist mit diesem Buch sicher gut beraten.
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