Rezension zu Wir leben im Nordlicht von Cornelia Travnicek
Existentielles für Sprachliebhaber
von CitizenWeasel
Kurzmeinung: Existentielles, eingewebt in Sprachbilder von betörender Schönheit
Rezension
CitizenWeaselvor 10 Jahren
Mit „Wir leben im Nordlicht“ legt die DVA eine Sammlung älterer Prosatexte der österreichischen Autorin Cornelia Travnicek („Chucks“) vor. Travniceks Geschichten handeln von Liebe und Abhängigkeit, dem Nicht-Loskommen von anderen Menschen. Ob in der Stille Islands oder in der Großstadt: Sprachlosigkeit und die verzweifelte Suche nach Nähe ziehen sich als roter Faden durch die Geschichten, über die das Nordlicht, kalt und majestätisch und unerreichbar, einen perfekten Bogen spannt. Die Themen sind durchwegs existentiell - Drogen, Mord, Missbrauch, Wahnsinn, Inzest – und die beklemmende Stimmung so real, dass sie streckenweise schwer auszuhalten ist. Und doch mag ich die leichteren Storys lieber, allen voran „Mein Schnittlauch ist ein Sumpfgewächs“ die ebenfalls große, wenngleich weniger plakative Themen behandeln, aber ungleich leiser daherkommen und sich behutsam und wunderschön unter die Haut schleichen. Travniceks Geschichten reiben gegen den Strich, wühlen auf, sezieren menschliche Beziehungen mit unbarmherzigen Sprach-Skalpell. Dabei webt die junge niederösterreichische Autorin Bilder von betörender Schönheit, für die allein die Lektüre schon lohnt.