Rezension zu Genosse Wang fragt von Cornelia Vospernik
Rezension zu "Genosse Wang fragt" von Cornelia Vospernik
von awogfli
Rezension
awogflivor 11 Jahren
Der Roman von Cornelia Vospernik ist ein wirklich schräges Buch, das dem Leser aus Innensicht die Gedanken des Genossen Wang offenbart. Wang ist ein mühsamer kleiner chinesischer Parteisoldat auf dem Posten eines Journalisten, gequält von Selbstzweifeln, Zwangsneurosen und offenen Fragen. Er sollte in seiner Funktion als Journalist auf Pressekonferenzen eigentlich Fragen stellen, dies ist aber in der gegenwärtigen totalitären Parteidramaturgie gar nicht vorgesehen. Als er nach einer langwierigen inneren Katharsis wirklich mal eine richtig scharfe Frage an die Politiker formuliert, passiert nicht das typisch Erwartete (Verhaftung, Kündigung....) sondern diametral entgegengesetzt völlig positive Entwicklungen, die sich in einer Art Kettenreaktion fortsetzen und das Leben des unbedeutenden Mannes völlig umkrempeln. Obwohl Herr Wang mit seinen zwänglerischen Gedanken ordentlich nervt, hat mir das Buch ausgezeichnet gefallen. Einerseits liefert es einen guten Einblick in die gegenwärtige chinesische Politik und Kultur, andererseits vermittelt es als subversive und positive "Fabel", dass man nicht immer proaktiv in vorauseilendem Gehorsam völlig systemkonform agieren muss, sondern jeder einzelne durch winzig kleine Taten auch in einer Diktatur etwas verändern kann. Totalitäre Systeme werden nicht durch die Anführer gestützt und einzementiert, sondern durch die Millionen der schweigenden Mitläufer. Revloutionen müssen nicht groß sein im Gegenteil, diese Mikro-Revolution basierend auf einer einzigen Frage hat mir außerordentlich gut gefallen. Fazit: Sehr lesenswert wenn man darüber hinwegkommt, dass Genosse Wang wirklich ein sehr anstrengender "Held" ist ;-)