Rezension zu "Sadie" von Courtney Summers
„Sadie“ war mein erster richtiger Thriller seit langem und hat mich durchaus positiv an die Zeit erinnert, als dieses Genre noch häufiger auf meinem Leseplan stand. Es ist der hohe Anteil an Polizeiarbeit, der mich mittlerweile von Thrillern und Krimis im Besonderen fernhält. Irgendwie verschwindet meine Lesemotivation, sobald ich zu sehr in den imaginären Alltag irgendwelcher Polizist*innen gezogen werde. Das war hier erfreulicherweise nicht der Fall. Ermittlungsarbeit gab es natürlich trotzdem, aber die meiste Zeit begleitet man die neunzehnjährige Sadie auf ihrer Rachemission.
Zwischendurch gab es Interview-Episoden mit Journalisten und Beteiligten, die wie eine Podcast-Folge konzipiert wurden. Auch das hat mir überraschend gut gefallen, obwohl ich dem Interview-Stil eigentlich eher skeptisch gegenüber stehe. Ich kann mir vorstellen, dass die Podcast-Atmosphäre in einem Hörbuch noch besser zur Geltung kommt. So sind einige Zwischentöne zwangsweise verloren gegangen.
Sadie war ein unheimlich faszinierender, vielschichtiger Charakter. Es ist fast schmerzhaft zu lesen, wie ihre Suche nach dem Mörder an ihr zehrt. Sie hat den Blick auf dieses eine Ziel gerichtet, bis jede Brücke hinter ihr in Flammen aufgeht. Trotz Kälte, Hunger und Verletzungen kämpft sie immer weiter. Sie ist der Typ Mensch, der am Ende jeder Apokalypse noch lebt. Dennoch ist ein realistischer Kampf, mit Rückschlägen und unwiderruflichen Konsequenzen. Zwischendurch wird auch ganz unkompliziert ihre bisexuelle Identität eingebunden. Die Autorin ist aber nicht nur bei Sadie, sondern auch bei allen anderen Figuren sehr talentiert darin, sie menschlich und authentisch wirken zu lassen.
Anmerkung zum Ende: In dem Buch geht es auch um Kindesmissbrauch, was aus dem Klappentext nicht ersichtlich ist. Hätte ich durchaus aber auch gerne vorher gewusst. (Content Notes oder Ähnliches gab es nicht…)