Cover des Buches Bird und ich und der Sommer, in dem ich fliegen lernte (ISBN: 9783734847035)
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Rezension zu Bird und ich und der Sommer, in dem ich fliegen lernte von Crystal Chan

Ein kleines Juwel

von milkshakee vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Diese zauberhafte Geschichte hat all meine Erwartungen übertroffen!!

Rezension

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milkshakeevor 10 Jahren
Jewel lernt an ihrem 12. Geburtstag einen Jungen kennen, der den Namen ihres verstorbenen Bruders trägt – John. Und mit diesem Ereignis geraten sämtliche Familienzustände außer Kontrolle. Ihre sonst so verschlossene und pessimistische Mutter lächelt plötzlich wieder und ihr Großvater, der seit jenem schrecklichen Tag nicht mehr spricht, begegnet Jewel’s neuem Freund offen feindselig. Ob die jamaikanischen Urkräfte damit zu tun haben und John in Form eines Geistes wieder auf die Welt gebracht haben? Und falls ja, kann er der kollektiven Einsamkeit der Familie entgegenwirken? „Die meisten Menschen übersehen, was direkt vor ihnen liegt, solange sie nicht wissen, wonach sie suchen sollen. Aber sobald man es weiß, fragt man sich, wie man es so lange nicht sehen konnte.“ (Seite 13) Mit diesem Zitat ist eigentlich die Kernbotschaft dieser Geschichte gesagt. Wir haben auf der einen Seite unsere Hauptprotagonistin Jewel, die ihren Platz in der Familie sucht. Ihr ganzes Leben ist überschattet vom Tod ihres Bruders und sie flüchtet sich in die Einsamkeit. Ihr treuester Zuhörer ist die Klippe, an der ihr Bruder seinen Tod fand. Umgeben von einer Mutter, die keinen Hehl aus ihrem Frust und ihrer Trauer macht und einem Großvater, den sie noch nie hat sprechen hören und der auch anfangs nicht anderweitig an Kommunikation mit seiner Enkelin interessiert ist, sucht Jewel sich ihre Geborgenheit in der Natur. Hier widerspricht ihr keiner und all ihre Wünsche und fantastischen Ideen werden stillschweigend hingenommen. Bis John in ihr Leben tritt. John hört nicht bloß zu, er steuert eigene Ideen hinzu und schenkt ihr die kindliche Liebe, die Jewel in ihrem Leben vermisst. So wie Jewel ihre Liebe zu Natur, insbesondere zur Geologie hat, so gilt John’s Interesse der Astronomie, Himmel und Erde finden hier ihren Einklang. Mich als Leser hat der Begeisterungsstrom und die Faszination von ihren jeweiligen Interessen sehr glücklich gestimmt, hat doch die Autorin mich plötzlich für Astronomie interessiert. Auch haben beide nicht bloß ein großes Wissensspektrum, sondern sind neugierig die Dinge des jeweils Anderen zu erfahren. So lernt auch der Leser Wissenswertes über die Perseiden oder Gesteinsarten und so wie es die Autorin geschrieben hat, könnte die sie in Jedem das Interesse wecken. Was die neu gewonnene Freundschaft außerdem verbindet, ist die Einsamkeit, denn auch John als Adoptivkind fühlt sich nirgendwo richtig zuhause. Seine biologischen Eltern hat er nie kennenlernen können und so bleibt die große Frage nach seiner Familie für immer unbeantwortet. Aber John spielt eine noch zentralere Rolle in der Geschichte. Nicht nur dass er denselben Namen trägt wie der verstorbene Sohn und Bruder, er ähnelt diesem äußerlich auch ansatzweise. Alle Protagonisten gehen jedoch anderes damit um. Jewel’s Mutter entdeckt die Lebensfreude wieder und nimmt den neuen Freund ihrer Tochter offen in ihre Arme auf. Ihr Großvater jedoch, der sich die Schuld an John’s Tod gibt, hält ihn für einen Duppy - einen jamaikanischen Geist, der Unruhe stiften und Jewel ebenfalls zum Tod animieren will. So feindselig er dem neu gewonnenen Freund gegenüber jedoch ist, so mehr nähert er sich seiner Enkeltochter langsam an. Beide erfahren, dass sie durchaus Interessen teilen und sich etwas zu sagen haben, auch ganz ohne Worte. Besonders die Annäherung zum Großvater hat mich wirklich glücklich gestimmt, da wir Jewel von Anfang als ein sehr einsames und verschlossenes Mädchen kennenlernen. Als sie John vor ihrem Großvater verteidigt und das erste Mal in ihrem Leben lautstark rebelliert, platzt der Knoten und alle Beteiligten erkennen endlich, dass Jewel auch etwas zu sagen hat. Das Zusammenspiel, oder besser gesagt das anfängliche nicht Vorhandensein eines Zusammenspiels der einzelnen Charaktere bis hin zu einer Annäherung ist einfach dramatisch und zugleich wunderschön mit anzusehen. Alle Protagonisten, allem Voran Jewel, sind mit viel Liebe ausgearbeitet und bleiben sicher im Gedächtnis. Einzig der Vater, von dem vorerst ein eher neutrales Bild gezeichnet wird, bleibt im Vergleich zu den anderen eher undurchsichtig. Die Geschichte hat mich von der ersten Seite an in ihren Bann gezogen. Zum Einen Jewel, die mir überaus sympathisch war und an deren Schicksal ich Anteil genommen habe und zum Anderen die Charakterentwicklung. Die Geschichte hat sehr viel Tiefe und handelt von Liebe, Freundschaft, Einsamkeit, Naturverbundenheit und der Macht des Glaubens. Für mich ist dieses Buch, allein durch die dichte Atmosphäre, die die Autorin gezaubert hat, erstklassig!
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