Rezension zu "Während wir warten, bis die schönen Zeiten wiederkehren" von Cécile Harel
"Ich habe meinen Mann bei einem Abendessen kennengelernt (...) Gleich auf den ersten Blick war mir klar, dass ich mein Leben mit ihm teilen würde." (aus dem Klappentext)
Was sich anhört, wie der Beginn einer großen Liebesgeschichte, entpuppt sich vielmehr als schwieriges Psychogramm von gleich sieben ineinander verwobenen Charakteren.
Marie, die Ich-Erzählerin, Anfang 40, hat sich dem Leben nie wirklich gestellt und letztendlich auch nicht viel erreicht. Dass sie rechts spät noch geheiratet hat ("ihren Mann", den sie im Buch nie beim Namen nennt), ist zum Teil einem Zufall zu verdanken, zum anderen scheint gerade er in Maries Leben eine klaffende Lücke auszufüllen. Sie war das jüngste von vier Kindern und liebt ihre drei älteren Brüder, die aber keine Gelegenheit auslassen, ihr und den Eltern das Leben schwer zu machen: Der Älteste, Virgil, ist ein Narzisst, André hat immer wieder mit Alkoholproblemen zu kämpfen und Ferdinand leidet unter einer schweren, psychischen Erkrankung. Der Vater, ein gescheiterter Künstler, ist ein Frauenheld, die Mutter liebt ihn abgöttisch und verzeiht ihm scheinbar alles. Und Marie selbst? Sie versucht, so wenig wie möglich in Erscheinung zu treten, so lange, bis es nicht mehr anders geht und sie sich der Realität stellen muss...
Schwerer Tobak - aber leichtgängig geschrieben, sodass ich das Buch recht schnell ausgelesen hatte. Dabei ist es sicher nichts für Zwischendurch: Diese Geschichte einer völlig verrückten Familie ist traurig und hinterlässt einen bitteren Beigeschmack. Gegen Ende stellt man sich fast zwangsläufig die Frage: "Was wäre gewesen, wenn...?"