Dasa Drndic

 4,3 Sterne bei 12 Bewertungen
Autorin von Sonnenschein, Belladonna und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Der Literatur-Star aus Kroatien: Die im Jahr 1946 in Zagreb geborene kroatische Schriftstellerin Daša Drndić zählt in ihrer Heimat zu den bedeutenden Autorinnen der Gegenwart. Nach ihrem Englisch-Studium an der Universität Belgrad erhielt sie mit einem Fulbright-Stipendium die Gelegenheit, diesem ein Aufbaustudium der Theater- und Kommunikationswissenschaft in den USA folgen zu lassen. Anschließend erwarb sie an der Universität Rijeka ihren Doktortitel und arbeitete mehrere Jahre lang für Radio Belgrad. 1982 brachte Daša Drndić in ihrer Heimat ihr Romandebüt „Put do subote“ („Der Weg zum Samstag“) auf den Markt. Nach der Veröffentlichung weiterer Romane gelang Daša Drndić im Jahr 2007 mit ihrem Werk „Sonnenschein“ der große internationale Durchbruch. In diesem Buch erzählt sie die Geschichte der jüdischen Mutter Haya Tedeschi, die 62 Jahre lang auf die Rückkehr ihres im Krieg verschollenen Sohnes wartet. Die fiktive Handlung verbindet sie mit realen Fakten über den Holocaust, die dem in zahlreiche Sprachen übersetzten und für den „Independent Foreign Fiction Prize“ nominierten Roman einen dokumentarischen Charakter verleihen. In Deutschland erschien dieses außergewöhnliche Buch im Jahr 2015. Drei Jahre später folgte ihr 2012 in Kroatien erschienenes Werk „Belladonna“, in dem sie sich mit dem Zustand der Welt beschäftigt.

Alle Bücher von Dasa Drndic

Cover des Buches Sonnenschein (ISBN: 9783455405163)

Sonnenschein

 (8)
Erschienen am 14.02.2015
Cover des Buches Belladonna (ISBN: 9783455002751)

Belladonna

 (4)
Erschienen am 20.02.2018
Cover des Buches Belladonna (ISBN: 9783455002768)

Belladonna

 (0)
Erschienen am 20.02.2018

Neue Rezensionen zu Dasa Drndic

Cover des Buches Sonnenschein (ISBN: 9783455405163)
Josseles avatar

Rezension zu "Sonnenschein" von Dasa Drndic

Eine beindruckende, aber leider auch sehr sperrige Lektüre
Josselevor einem Jahr

Es brauchte 8 Jahre, bis der im Original 2007 unter demselben Titel veröffentlichte Roman 2015 auf Deutsch erschien. Es ist einer von nur zwei Romanen der Autorin, die ins Deutsche übertragen worden sind, was womöglich an ihrer Komplexität liegt, denn das vorliegende Werk ist sicher keines, das man einfach so runterliest. 

Die vielen Geschichten, Namen, Verbrechen und Anekdoten, die von der Autorin angesprochen werden, animieren zur eigenen Recherche, was sehr lehrreich ist, aber die Lektüre zerstückelt. Bei mir hat es zur Erkenntnis geführt, dass ich dieses Buch in den Zeiten ohne Internet nur mit deutlich weniger Wissenszuwachs hätte lesen können.

Die Erzählweise mit ständigen Zeiten- und Perspektivenwechseln gefiel mir jedoch nicht besonders gut und war mir zu durcheinander. Mehr Stringenz und Klarheit hätten dem Roman sehr gutgetan.

Ungewöhnlich ist die Garnierung des Textes mit entsprechenden Bildern, die leider zum Teil so klein geraten sind, dass Wesentliches nicht zu erkennen ist. Das hätte man sich in den meisten Fällen sparen können. Schade finde ich auch, dass einige Lieder und Gedichte nicht übersetzt worden sind.

Einige, wie ich finde, bemerkenswerte Stellen möchte ich gerne zitieren:

„Wie viele Schocks, wie viel Unglück verursacht seit Jahrhunderten diese sinnlose Information (gemeint ist die Religions- bzw. Volkszugehörigkeit, Anmerkung des Verfassers), die Menschen sogar vor sich selbst verbergen oder sich damit brüsten, als würde sie darüber entscheiden, wer sie sind und was sie sind, als wären Glaube und Blut für sich genommen Segen oder Fluch.“ (Verlag Hoffmann und Campe, 1. Aufl. 2015, S.52)

„Die Familie Tedeschi lebt weiter in illusorischer Unwissenheit. Wer weiß, was vor sich geht, redet nicht darüber; wer es nicht weiß, stellt keine Fragen; wer fragt, bekommt keine Antworten.“ (ebd., S.79)

„Die blinden Betrachter sind ‚gewöhnliche‘ Leute, die auf Sicherheit setzen. Sie wollen ungestört leben. Im Krieg und trotz des Krieges wenden diese blinden Betrachter den Blick ab und verweigern jedes Mitleid, ihr Selbstschutz ist eine Rüstung, ein Schneckenhaus, in dem sie sich wie Maden fröhlich fläzen. Sie sind überall. In den neutralen Regierungen neutraler Staaten, unter den Verbündeten, in den besetzten Ländern, unter der Mehrheit unter der Minderheit, unter uns. Die bystander, das sind wir.“ (ebd., S. 89)

„Bevor das Lager geschlossen wird, schlägt Kurt Franz die Zeit tot, indem er Menschen totschlägt.“ (ebd., S. 277)

Insgesamt ist das Buch irritierend und sperrig. Das beginnt schon mit der Haptik und den fransigen Seitenrändern, die – zumindest mich – an einen Stacheldraht erinnern. Die Sperrigkeit ist sicherlich Absicht, die Autorin will es dem Leser nicht leicht machen. Es kommen Täter und Opfer zu Wort, oftmals aus der Perspektive nicht eines anderen, sondern eines Dritten, der berichtet, was der Erste dem Zweiten erzählt hat.

 Mit voller Wucht und so „hautnah“ wie literarisch nur möglich möchte die Autorin den Leser mit den schrecklichen Geschehnissen konfrontieren. Sie belässt es nicht dabei, die Zahl der Opfer und die Zahl der Täter zu veröffentlichen. Sie veranschaulicht, wie viele Buchseiten die Namen von 9000 Opfern füllen, und wie viele die Kurzbiografien der Täter. Das ist beeindruckend und erzielt Wirkung, zumindest bei mir.

Wiederholt erwähnt sie, was eigentlich eine Binse ist, aber in der Ungeheuerlichkeit der riesigen Opfer- und Täterzahlen trotzdem unterzugehen droht: „Hinter jedem Namen verbirgt sich eine Geschichte.“

Auf der einen Seite ist dadurch ein tolles, lehrreiches, erschütterndes Buch entstanden für all diejenigen, die sich für Literatur, ihre Spielarten und im optimalen Fall auch für die Geschichte des 3. Reiches interessieren. Auf der anderen Seite und das empfinde ich als das große Manko dieses Buches sperrt die Autorin ungeübte Leser praktisch aus, spricht niemanden an, der sich nicht von selbst angesprochen fühlt, weckt kein Interesse für die Geschichte des 3. Reiches, sondern erschwert den von ihr so genannten „bystandern“, die sie im Text zu Recht kritisiert, den Zugang geradezu. Ich fürchte, das ist kontraproduktiv. Drei Sterne.

Cover des Buches Belladonna (ISBN: 9783455002751)
leseleas avatar

Rezension zu "Belladonna" von Dasa Drndic

„ein Nebenfluss der Geschichte“ (S. 42)
leseleavor 6 Jahren

Eigentlich ist es nicht fair, dass ich Belladonna von Daša Drndic mit nur zwei Sternen bewerte. Eine aussagekräftige und ehrliche Rezension sollte nämlich auf dem Umstand fußen, dass man das besprochene Buch zumindest in Grundzügen verstanden hat. Doch schon an dieser Minimalhürde scheitere ich: Ich weiß nicht, was ich hier gelesen habe. Ich kann den Klappentext lesen und zitieren und weiß es immer noch nicht. Ich kann ein paar Themenkomplexe ausmachen, verstehe aber immer noch nicht, warum sie eben so und nicht anders erzählt wurden. Kurzum: Ich stehe vor diesem Buch wie der Ochs vorm Berg. Und da ich mit Logik nicht weiterkomme, kann ich mich nur auf meine Emotionen stützen und die sagen: Diese Lektüre war eine Qual!

Aber von Anfang an: Ich habe 2015 bereits Sonnenschein der Autorin gelesen, ebenfalls ein sperriges, andersartiges Wert, bei dem man als Leser häufig im Dunkeln tappte. Trotzdem packte mich gerade dieser spezielle und radikal unkonventionelle Erzählweg, sodass ich mich auf Belladonna nicht nur freute, sondern auch gewappnet war auf das, was kommen würde, und schon vorab mit einer ähnlichen verstörenden Leseerfahrung rechnete. Tatsächlich sind sich beide Werke in der Machart sehr ähnlich: Daša Drndic arbeitet mit Kollagen, verwebt verschiedene reale Geschichten und fiktive Erzählschnipsel  miteinander, folgt den Fußnoten der Geschichte und arbeitet sich schonungslos am 20. Jahrhundert und seinen Grausamkeiten – namentlich Holocaust, Nationalsozialismus und Faschismus – ab. Doch während es in Sonnenschein einen groben roten Faden gab, von dem sich die einzelnen Stränge abzweigten (oder eher aufdröselten), kann ich einen solchen im neuen Roman nicht ausfindig gemacht: Es geht um Andreas Ban, einen Psychologen und Universitätsdozenten. Es geht um Erinnerungen. Es geht um die Rente in Kroatien. Generell geht es viel um Kroatien – und um Faschismus.

So sucht und löscht Andreas Ban die eigene Vergangenheit, in deren Winkeln er sich verliert, schält die Schichten der Zeit ab, die ihn mit Vergessen umschlingt, sättigt sich mit fremden Leben auf dem Weg zum Tod, dem mächtigsten Gott des endgültigen Nichterinnerns. (S. 46)

Ich streite nicht ab, dass es bisweilen sehr interessante und auch erhellende Passagen gibt. Ich bewundere Daša Drndic sogar für ihren leidenschaftlichen Kampf gegen das Vergessen und ihre schonungslose Abrechnung mit ihren Landsleuten und dem wieder aufkeimenden bzw. nie abgeklungenen Nationalismus. Aber leider hilft das alles nicht, wenn die Gesamtkonzeption wirr und abschreckend ist und schließlich dazu führt, dass man über die 400 Seiten immer gleichgültiger und abgestumpfter – gerade gegenüber dem geschilderten menschlichen Leid – wird. Hier fordert die Form einfach zu viel und führt zu einer Leserreaktion, die der (vermutlichen) eigentlichen Botschaft zuwiderläuft.

Insgesamt gehe ich einfach unheimlich frustriert aus dieser Lektüre hervor. Ich beiße mich generell gerne durch schwierige Bücher, verlange nicht, dass eine Geschichte es mir leicht macht, kann auch hinnehmen, wenn ich mich über Passagen hinweg verliere, solange ich das Gefühl habe, das alles war nicht umsonst, irgendetwas – sei es etwas inhaltlich Interessantes und Aufwühlendes, etwas erzählerisch Mutiges oder etwas sprachlich exzellent Verpacktes – kann ich draus mitnehmen. Leider stellte sich dieses Gefühl bei Belladonna nicht im ausschlaggebenden Maße ein. Daher nur enttäuschte 2 Sterne!

Cover des Buches Belladonna (ISBN: 9783455002751)
M

Rezension zu "Belladonna" von Dasa Drndic

Düster und anstrengend
M.Lehmann-Papevor 6 Jahren

Düster und anstrengend

Kein gutes Haar lässt Drndic seinen Protagonisten an seinem (ehemals) beruflichem Umfeld, an seinem welkenden Körper, am Zustand der Welt (konkret in Jugoslawien, zur Zeit des Krieges und in der Gegenwart) und, vor alle, an sich selbst und dem eigenen Leben lassen.

Was nicht einer Art depressiven Veranlagung geschuldet wäre, sondern sich, Seite für Seite, ernüchternd aus der Ich-Erzählung des Romans aus Sicht des Andreas Ban als fast „nackte Fakten des Lebens“ den Raum des Buches betreten.

Die Wirbelsäule. Dieses Ergebnis eines Ultraschalls danach. Die Erinnerungen aus den Kriegsjahren. Die ehemalige „Weitung der Welt“ des gelehrten, echten Intellektuellen, des Professors Andreas Ban, der zum Ende seiner Tage hin doch wieder am Ausgangspunkt landet, provinziell wieder lebt und düster bemerkt, wie ineffektiv, ja fast sinnlos so vieles an Worten , Sitzungen, Denken am Ende war.

Ein Roman aber auch, der die Härten des Lebens, den tödlichen Verlust von Lieben, den Verfall des eigenen Körpers (und vor allem des eigenen Willens) auf den Punkt bringt. In einer treffenden, aber in der assoziativen Form des „hin- und her Springens“ der Gedanken des Andreas Ban auch teils überaus anstrengenden Lektüre. Die vielfach aus Reflexionen besteht, denen eine fortlaufende Geschichte, Handlungen, Erlebnisse, denen der Leser sich mit anschließen könnte, nur phasenweise zur Seite stehen.

Und zudem, einfach ist es ebenfalls atmosphärisch nicht, diesen stetigen „inneren und äußeren Abgrund“ durchgehend zu lesen, Pausen braucht es teils fast zwingend, da sonst die eigene Welt beginnen könnte, sich „einzutrüben“.

Den keines der Themen, die Andreas Ban freiwillig oder notgedrungen bewegen, setzt ein Hoffnungszeichen an den Horizont.

Weder der Schwager, der in einer Nervenheilanstalt sitzt und sich „multiplen Persönlichkeiten“ ergeben hat, noch der Blick in die Vergangenheit jener Kriegsjahre, in denen soviel des alten Jugoslawiens zerstört wurde.

Sein Beruf? „Diese Fakultät, die wie jede Philosophische Fakultät eine intellektuelle Elite ausbilden sollte, produziert vor allem Duckmäuser, die sich in ihren Mauselöchern vermehren, viel reden und wenig sagen. Nicht ein Laut ihres leisen Gemurmels dringt aus den Hörsälen nach draußen“. Wobei, auch das seine Meinung, das „da draußen“ eh keinen interessieren würde im Hamsterrad der „Konsum-Welt“.

„…bildet sich viel auf ihre originären Beiträge zur Literaturwissenschaft ein, fabriziert aber nur belanglose Aufsätze zu literarischen Werken….und mit ihrer Interpretation liegt sie immer daneben“.

Und er selbst? Seine Meinung interessiert nicht mehr. „Sie sind Geschichte. Einfach, weil sie bald weg sind und ich bleibe“, so ruft es ihm in drögen Besprechungen entgegen.

Und doch, gerade weil ihn die Gesundheit einholt, gerade weil ihm finanzielle Mittel fehlen (schon für neue Schuhe reicht es kaum, für Zerstreuung noch weniger), ist sein Inneres der einzige Ort, der ihm bleibt, in den er mit Grauem versinkt. In all diese blutigen Momente des Jahrhunderts. In die verstorbenen, geliebten Menschen. In dieses „Ausgeschieden werden“ von der Welt, dass Tausende von Ideen inzwischen gesehen, gelesen, verworfen und am Ende doch nur nach niederen Motiven hin ausgerichtet diese Welt geformt, getreten und bewegt hat.

Die „Kraft des Geistes“? Aber nein, immer klarer wird ihm die unwichtige Rolle all dessen, was da an Universitäten eifrig, aber immer auch angepasst, gedacht und beredet wurde.

„Andreas Ban hat sich ausführlich mit dem Ende der Intellektuellen beschäftigt und darüber publiziert“. Wie immer ohne Folgen, natürlich.

„Ein Vermeidungstheater, das auf Klischees beruht“.

Harte Urteile, breite Hoffnungslosigkeit, ein fast vernichtender Blick auf die gerade erst kurz zurückliegende Geschichte, dunkel und düster. Aber, das muss gesagt werden, eine Sicht auf die Welt, die ihr Recht hat. Die nicht verbrämt, die nicht Optimismus um jeden Preis predigt, sondern sich mit Versagen, Diktatur und Vergänglichkeit offen und offensiv auseinandersetzt.

In Form und Stil und Inhalt ein sich zu erarbeitender Roman, der nicht sonderlich gut unterhält, sondern den Leser mit den düsteren Seiten des Mensch-Seins, dem brachialen Mord an Millionen Juden im zweiten Weltkrieg und mit einer tiefen Sinnlosigkeit des intellektuellen Schaffens konfrontiert. Das aber in dieser Form hervorragend, emotional schwer erträglich, in Szene setzt.

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