Cover des Buches Wir träumten jeden Sommer (ISBN: 9783458175940)
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Rezension zu Wir träumten jeden Sommer von Dagmara Dominczyk

Als wir Teenies waren...

von Himmelfarb vor 10 Jahren

Rezension

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Himmelfarbvor 10 Jahren
"Wir träumten jeden Sommer", so der poetische Titel von Dagmara Dominczyks Debütroman, passt so überhaupt nicht zum Inhalt, ebensowenig, wie das Coverfoto. Beides gaukelt etwas vor, was der Roman nicht beinhaltet. Die Geschichte der drei polnischen Mädchen Anna, Kamila und Justyna erzählt von falschen Erwartungen ans Leben, aber eine Seele zum Träumen besitzen alle Protagonistinnen nicht. Zu simpel gestrickt ist diese Geschichte, ja, fast banal. Kamila und Justyna wachsen in den 1980er und 90er Jahren in einer polnischen Kleinstadt auf. Die gleichaltrige Anna emigriert schon früh mit ihren Eltern in die USA und kommt ab 1989 (leider beinhaltet der Roman nicht den Hauch eines politischen Hintergrundes...) über den Sommer zu Besuch in ihre alte Heimat. Eine Art Freundschaft zwischen den Dreien entsteht, bei der die Rollen klar verteilt sind. Anna- die Naive, Kamila - das hässliche Entlein und Justyna - die Frühreife, Dominante. Das ist leider nicht sehr originell, denn entsprechend ihrer Typisierung entwickeln sich die drei jungen Frauen auch: Justyna, als Erwachsene eine Art kettenrauchende Schlampe, die ihr Kind vernachlässigt, nötigt einem so gut wie kein Mitleid ab, als ihr Ehemann vom Mann ihrer Schwester ermordet wird. Diese Tat führt zum Wiedersehen der Freundinnen, von denen nun zwei in den USA leben, in Polen. Diese Rahmenhandlung spielt im Jahr 2002, während die "Rückblenden" in den Jahren davor, von der Entwicklung der drei Mädchen erzählen. Leider stellt sich das Polen Dagmara Dominczyks dar, wie man sich ein Ostblockland nach dem Ende des kalten Krieges vorstellt, nämlich als ein einziges Klischee: Die Jugendlichen sind frühreif und auf schnellen Sex scharf, es wird geraucht, wie die Hacke, und ständig wird deftige, polnische Wurst verspeist. Die Eltern sind allesamt streng und ein bisschen dumm, und Krankheit, Tod und Verderben lauert überall. Diese "polnische Kohlsuppenathmosphäre" überlagert den gesamten Roman und läßt keinen Platz für Poesie, wahre Gefühle oder Zärtlichkeit. Daß Domińczyk, selbst gebürtige Polin, dermaßen klischeebeladen über ihre Heimat schreibt, ist nicht zu fassen! Zudem ist jede Person in diesem Buch eindimensional und die Handlung mäandert vor sich hin. Wer, wie ich, einen starken Roman, wie Silvia Avallones Debüt "Sommer aus Stahl" erwartet hat, wird bitter enttäuscht!
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