Rezension zu "Dead Aid" von Dambisa Moyo
Afrika, der vergessene, der verlorene Kontinent, ein Kontinent, dem geholfen werden muss, am besten durch immer mehr Entwicklungshilfe. Politiker und NGOs in den USA und Europa, Popstars wie Bono und Geldorf bestimmen das Meinungsbild darüber, was für Afrika am besten ist und wie seine Probleme (angeblich) gelöst werden können. Ihre Rezepte sind immer die gleichen – mehr Entwicklungshilfe. Nun aber erhebt eine Afrikanerin ihre laute Stimme und klagt mit großer Leidenschaft an: Der Westen mit seiner Entwicklungshilfe trägt eine große Mitschuld daran, dass Afrika weltweit immer weiter hinter allen anderen Nationen zurückfällt. Die Entwicklungshilfe führt dazu, dass skrupellose Machthaber sich unermesslich bereichern, führt zu Korruption und Bürgerkriegen mit Millionen Opfern, aber bringt nichts für die Millionen Menschen des schwarzen Kontinents. Das alles wollen wir im Westen nicht hören, denn wir haben uns moralisch-behaglich mit dem Narrativ eingerichtet: Wir helfen, aber die Afrikaner kommen irgendwie nicht voran.
Die in Senegal geborene und international tätige Ökonomin Dambisa Moyo zeigt in ihrem Buch mit fühlbarer Leidenschaft, wie die vielen Milliarden Dollar und Euro an westlicher Entwicklungshilfe Strukturen erzeugen, die die freie wirtschaftliche Entwicklung in den afrikanischen Ländern abwürgen und Millionen Menschen in Bettler und Zuwendungsempfänger verwandelt. Die Belege, die Frau Moyo vorlegt, sind überzeugend und es muss die Frage gestellt werden, warum sich nichts ändert.
Im Buch analysiert Dambisa Moyo die unheilvolle Allianz der Geber- und Nehmerländer. Für die Geberländer geht es nicht nur um das gute moralische Gewissen, sondern auch z. B. um Agrarsubventionen für die einheimische Bauernschaft und um hunderttausende Arbeitsplätze in der staatlichen und außerstaatlichen Wohltätigkeitsindustrie. Deshalb werden gern beide Augen zugedrückt, wenn sich korrupte Machthaber mit dem Geld der westlichen Länder die eigenen Taschen füllen und nur ein geringer Bruchteil bei den wirklich Bedürftigen ankommt. Dambisa Moyo nennt diese Art von Hilfe Dead Aid (Tote Hilfe), denn sie hat in den letzten 60 Jahren Millionen Menschen in Afrika an einer selbstbestimmten Entwicklung behindert.
Die erfahrene Ökonomin, die auf Stationen bei der Weltbank und Goldman Sachs zurückblicken kann, zeigt in ihrem Buch an Hand vieler praktischer Beispiele alternative Wege auf, wie sich ihr Heimatkontinent aus Armut und Rückständigkeit nachhaltig befreien kann. Dabei hat sie vor allem die Lehren aus den asiatischen Ländern vor Augen. Dort haben große Länder wie China und Indien, die vor Jahren noch weit hinter vielen afrikanischen Ländern zurücklagen, den Lebensstandard von Milliarden Menschen in kurzer Zeit massiv gesteigert. Nicht überraschend setzt Frau Moyo an die Stelle der mehltauartigen Entwicklungshilfe alternative Instrumente wie z. B. internationale Anleihen, Microkredite, Direktinvestitionen, Entwicklung einheimischer Kapitalmärkte, faire Handelsbeziehungen, Verbilligung von Geldsendungen der im Ausland arbeitenden Afrikaner.
Besonders hebt Dambisa Moyo dabei das Engagement von China und Indien in Afrika hervor. Drüber mag man aus deutscher Sicht die Nase rümpfen, aber die Autorin zeigt an einer Füller von Beispielen, dass mit den chinesischen Auslandsinvestitionen den Menschen und der Infrastruktur in Afrika mehr geholfen wird, als mit den Almosen, die die westlichen Entwicklungsländer mit großem moralischem Pathos verteilen.
Ein lesenswertes Buch, das zum Nachdenken anregt und das es verdinet hat, mit fünf Sterne bewertet zu werden.