Das Buch "Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen" von Dana Grigorcea handelt von der Schriftstellerin Dora, welche einen Roman über Constantin Avis schreibt, eine Analogie zu dem echten Künstler Constantin Brancusi.
Wir folgen im Buch zwei Handlungen: der Doras sowie der ihres schöpferischen Geistes Constantin, also quasi ein Roman im Roman. Ich brauchte einen kleinen Moment um dahinter zu kommen. Constantin Avis ist ein Künstler, dessen Werk nicht durch den Zoll kommt, da es nicht als Kunst, bzw. als Vogel erkannt wird. Das Pendant dazu findet sich im Leben des echten Künstlers Constantin Brancusi, mit dessen Werk "bird in space".
Der Fall landet schlussendlich vor Gericht, in dem die Frage geklärt werden soll was Kunst ist.
"Der Mechaniker kann nicht wie ein Künstler denken. Wenn er sich etwas vorstellen kann, hört er auf, ein Mechaniker zu sein und wird zum Künstler."
Der Schreibstil war anfangs recht ungewohnt und teilweise abstrakt. Ich habe recht lange gebraucht um in einen Lesefluss zu kommen.
"Jedes Menschengesicht ist eine Hieroglyphe, deren Alphabet wir fertig in uns tragen. Es sagt mehr als der Mund und ist ein Kompendium all dessen, was dieser je sagen wird."
Die Geschichte an sich hat mich leider nicht richtig überzeugt. Die Figur Dora war sehr ungreifbar für mich über das gesamte Buch. Auch kam ich mit ihrer Person nicht klar: sie macht mit ihrem Sohn Loris und dem Kindermädchen Urlaub in Italien um dort schreiben zu können, kommt aber nicht gut voran und kümmert sich kaum um ihren Sohn. Dieser ist sehr zauberhaft und sehr klug und sprüht vor Lebenslust, wohingegen seine Mutter das komplette Gegenteil darstellt: sie ist stets in einer nebulösen Traumwelt, aus welcher sie nicht herauskommt, auch nicht wenn sie sich bewusst ablenkt. So sind auch ihre Abschnitte im Buch leider alle recht nebulös, als wäre man unter Wasser.
Interessant fand ich dabei, dass "sie" dafür einen literarischen Charakter formt, der so ganz anders ist als sie: Die Geschichte um Constantin spielt im New York der 20er Jahre. Er ist eher der stille Typ, aber charismatisch, selbstbewusst und höflich. Diesen Abschnitten bin ich sehr gerne gefolgt. Wir lernen sein Leben in New York kennen und wie er in der dortigen Künstlerszene ankommt.
"Ohne seine Kunst, sagte er sich, wäre er ein Tölpel, ein Untertan, ein libidinöser Direktor."
Die Verbindung zum echten Künstler Constantin Brancusi fand ich sehr interessant. Ich habe viel über den Künstler im Internet nachgelesen - vielleicht ist dies auch eine Intention der Autorin, das Licht auf Künstler zu lenken, die mehr Aufmerksamkeit erhalten sollten.
Der Roman endete mit dem oben genannten Prozess.
Obwohl sich im Roman viel um Kunst dreht, blieb mir die Kernfrage was Kunst eigentlich ist recht unbeantwortet und zu unkonkret. Das fand ich sehr schade. Die Autorin lässt viel Spielraum für Interpretationen, meiner Meinung nach leider etwas zu viel. Hinzu kommt, dass mich die Protagonistin Dora leider gar nicht einfangen konnte und mir auch damit eine weitere Verbindung zum Buch fehlte.