Cover des Buches Inside WikiLeaks (ISBN: 9783430201216)
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Rezension zu Inside WikiLeaks von Daniel Domscheit-Berg

Rezension zu "Inside WikiLeaks" von Daniel Domscheit-Berg

von lovely_ann vor 13 Jahren

Rezension

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lovely_annvor 13 Jahren
Ich habe dem Buch 3 Sterne gegeben, denn so recht, weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Auf der positiven Seiten: es ist leicht unterhaltend geschrieben, langweilt den Leser nicht mit zu viel technischen Details, sondern Domscheit-Berg erzählt was nötig ist, geht aber vielmehr auf die Beziehung zu Assange ein, als z.b. auf die Veröffentlichungen. Auf der negativen Seite: Er geht eben zu wenig auf die Veröffentlichungen ein und beschränkt sich zu sehr auf die Beziehung zu Assange - und das oft in einer Art, wie es ein bißchen an postpubertäre Abrechnung erinnert. Als Leser ist man am Anfang noch fasziniert von den Anekdoten und Insidergeschichtchen - aber irgendwann merkt man, worauf es hinausläuft und es wird langweilig. Ein Streit über ein offenes Fenster oder eine verstörte Katze... ist ja nett - aber ist es wirklich das, was man in einem Buch über die gefährlichste Website der Welt lesen möchte. Ist es wirklich so banal? Ja, vielleicht ist es das - so banal. Irgendwie ist es aber - selbst für mich als Nicht-Fan und Skeptiker in Bezug auf Wikileaks - entzaubernd. Es werden die Vorurteile, die man so über Hacker hat, aufs schönste bestätigt: alls weltfremde Gestalten ohne soziale Kompetenz. So schneidet Assange ab. Und irgendwie glaube ich das sogar, denn es passt zu dem Bild, was ich beim lesen und sehen von Interviews bekommen habe: es geht ihm vielmehr um sein Ego, als um die Sache... In diesem Punkt ist Domscheit - Berg sympathischer - denn man glaubt ihm schnell, dass es ihm um die Sache geht - und nicht ums Ego. Allerdings: ob es so ist oder die geschönte Selbstdarstellung - das bleibt offen. Man liest noch die anfängliche Bewunderung für Assange heraus - aber man liest auch die Enttäuschung und Verletzung heraus - und fragt sich dann schon, ob das nicht alles nur eine Abrechnung ist? Denn es bleibt die Frage: hat die "Sache" durch dieses Werk gewonnen oder nicht doch das Ego? Eine Sache fand ich auch ernüchternd und entzaubernd - aber bin froh, es mal so in Klarheit gelesen zu haben: die Annahme, dass bei Wikileaks alles öffentlich gemacht wird und es immer um Transparenz geht, im Gegensatz zum gemeinen Journalismus, muss man dann doch revidieren, wenn zu lesen ist, dass Material in der Inbox liegenbleibt, erst gesichtet und bearbeitet wird, sogar journalistisch zum Teil. Gut, sie haben sich was getraut, aber so ganz transparent wie es dargestellt ist, ist es nun leider nicht. Das Gefühl, was bei mir nach dem Lesen zurückbleibt: WL ist ein lustiges Experimentierfeld von Spät-Jugendlichen, die mit dem, was sie losgetreten waren, letztlich total überfordert waren und die eigentlich gute Ideen und Chancen fahrlässig verspielen. Aber auch die Erkenntnis ist nicht neu - und den Gedanken hatte ich vor dem Lesen auch schon. Also wirklich verändert hat das Buch meine Weltsicht und meine Sicht auf Wikileaks nicht, einige Vorurteile bestätigt ... und lässt mich ratlos zurück. Ich denke, ich werde mir auch noch die im April erscheinende Autobiographie von Assange zu Gemüte führen. Vielleicht verstehe ich dann noch ein bißchen mehr.
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