Cover des Buches Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten (ISBN: 9783351035686)
Babschas avatar
Rezension zu Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten von Daniel Friedman

Alt, verschroben, grandios

von Babscha vor 10 Jahren

Rezension

Babschas avatar
Babschavor 10 Jahren

Er war mal der härteste Bulle von Memphis. Das ist allerdings schon ein wenig her, genauer gesagt gut drei Jahrzehnte. Heute ist Baruce „Buck“ Schatz 87 und kriegt sein tägliches Leben im eigenen Heim zusammen mit seiner Frau Rose gerade noch so auf die Reihe. Er qualmt wie ein Schlot, terrorisiert seine Mitmenschen mit seiner Besserwisserei und seinem Zynismus und schläft nur mit seiner .357 Magnum unter dem Kopfkissen. Ein unleidlicher alter Sack eben. Eines Tages wird er ans Sterbebett seines alten Kriegskameraden Jack gerufen, der ihm in seinen letzten Minuten beichtet, er wisse, dass der SS-Mann Heinrich Ziegler, ein Aufseher in ihrem polnischen Kriegsgefangenenlager, der Schatz wiederholt fast totgeschlagen hatte, nach Kriegsende mit vielen Barren Nazigold untergetaucht sei. Er bittet Buck, diesen aufzuspüren, bevor es zu spät ist und für sie beide späte Rache zu nehmen. Gemeinsam mit seinem Enkel William „Tequila“, der in NY Jura studiert, startet Schatz dann tatsächlich einen Feldzug im Namen der Gerechtigkeit (und des erhofften Goldschatzes).


Das Buch überzeugt auf der ganzen Linie. Das betrifft sowohl die außergewöhnliche, wendungsreiche und bis zum gut gemachten show-down sehr spannende story wie auch den klasse Schreibstil des Autors, in erster Linie aber natürlich die brillant und liebevoll mit all ihren Eigenheiten gezeichnete Figur des alten Juden Schatz, der aus seiner täglichen Lethargie nochmal aufbricht zu einer letzten großen Heldentat und dabei auf jede denkbare Weise von den körperlichen und geistigen Schwierigkeiten seines Alters zusätzlich behindert wird. Meisterhaft, wie der Autor hier Feuerwerke an Wortwitz nur so abbrennt, ganz besonders in der privaten Kommunikation zwischen den beiden alten Leutchen, wo ein einziges Wort seiner Frau das Machogehabe des selbsternannten Haudegens ins Nichts befördert. Und der seiner icherzählenden Hauptfigur durch deren offen ausgebreitete Gedanken- und Gefühlswelt gleichzeitig eine Ernsthaftigkeit, Tiefe und Tragik einhaucht, die glaubhaft und lebensnah ist und den Leser sofort für den alten Knacker einnimmt. Und der zeigt uns wirklich, dass er´s immer noch drauf hat. Immer schön voller Selbstkontrolle im Sinne seines Neurologen, denn: „Paranoia ist der erste Schritt zur Altersdemenz“.
Ein großartiges Buch. Die Filmrechte hat man sich wohl schon gesichert. Kein Wunder.

Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks