Cover des Buches Thinking, Fast and Slow (ISBN: 9780141033570)
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Rezension zu Thinking, Fast and Slow von Daniel Kahneman

Rezension zu "Thinking, Fast and Slow" von Daniel Kahnemann

von Darcy vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Sehr interessantes und absolut empfehlenswertes Buch über das menschliche Denken und dessen Unzulänglichkeiten.

Rezension

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Darcyvor 6 Jahren

Menschliches Denken, Urteilen und Entscheiden, vor allem aber die Fehler, die uns dabei regelmäßig unterlaufen, sind die großen Themen in Kahnemanns „Thinking, Fast and Slow“, erstmals erschienen im Jahr 2011.

Daniel Kahnemann wurde 1934 in Tel Aviv geboren. Er studierte Psychologie und Mathematik in Jerusalem. Nach seinem Wehrdienst in der israelischen Armee wurde er von dieser als Psychologe eingestellt. Anschließend promovierte er an der University of California und lehrte und forschte im Laufe seines Lebens in Jerusalem sowie an verschiedenen US-amerikanischen Hochschulen. 2002 wurde er mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet, obwohl er in seinem Leben noch keinen einzigen Wirtschaftskurs besucht habe.

Einige Inhalte des Buchs waren mir schon aus dem Studium bekannt, somit war es nicht zu schwer zu verstehen. Hin und wieder musste ich aber trotzdem Sätze mehrmals lesen; eine geeignete Lektüre zum Abschalten für zwischendurch ist dies also auch wiederum nicht.

Der Autor veranschaulicht die im Text gemachten Aussagen vielfach durch Beispiele aus seiner eigenen Forschung bzw. der von Kollegen. Ziemlich bekannt geworden ist mittlerweile das sogenannte „Linda-Problem“:

Linda is 31 thirty-one years old, single, outspoken, and very bright. She majored in philophy. As a student, she was deeply concerned with issues of social discrimination and social justice, and also participated in antinuclear demonstrations.

Which alternative is more probable?

1. Linda is a bank teller.

2. Linda is a bank teller and is active in the feminist movement.

Bis zu 90% der Probanden, die an dieser Untersuchung teilnahmen, entschieden sich aufgrund der Beschreibung von Lindas Person für die zweite Alternative. Sie ignorierten dabei völlig, dass diese statistisch betrachtet unmöglich die wahrscheinlichere sein kann, da es natürlich mehr Bankangestellte gibt als Bankangestellte, die in der feministischen Bewegung aktiv sind. Das Beispiel zeigt, wie schwer es Menschen im Allgemeinen fällt, Wahrscheinlichkeiten auf mathematisch korrekte Weise in ihr Denken zu integrieren. Dies trifft in großen Teilen sogar für ausgebildete Experten für Statistik zu.

Überhaupt gelangt man beim Lesen des Buches zu dem Schluss, dass wir leider weit weniger rationale Wesen sind als wir mitunter annehmen. In dem Buch geht es, besonders im ersten Teil, vor allem um zwei voneinander abgegrenzte kognitive Systeme, die jeweils für das schnelle und das langsame Denken verantwortlich sind. Das langsame Denken tritt nur unter bestimmten Bedingungen (z.B. wenn uns eine Entscheidung sehr wichtig ist) auf den Plan; das dazu gehörende System 2 wird als faul beschrieben und überlässt vieles gänzlich System 1, das auf Basis von Intuition und einfachen Faustregeln operiert. Dies hat sich in der Mehrzahl der Fälle bewährt und stellt in der Regel kein allzu großes Problem dar, kann in manchen Situationen aber auch zu systematischen Fehlern mit unterschiedlich großen Auswirkungen führen.

Auch die Prospect Theory, für die Kahnemann den Nobelpreis gewann, wird hier behandelt. Es geht darin, grob gesagt, darum, wie unterschiedlich sich Menschen verhalten, wenn für sie die Chance bzw. das Risiko eines Verlusts oder Gewinns besteht.

Die Aufmachung von „Thinking, Fast and Slow“ fand ich sehr gelungen. Im Anhang finden sich noch zwei von Kahnemann und seinem langjährigen Forschungspartner Amos Tversky verfasste wissenschaftliche Artikel zu den behandelten Themen sowie Angaben zu der im Text erwähnten Forschungsliteratur. Die Kapitel über Wirtschaft und den Finanzmarkt haben mir persönlich nicht ganz so gut gefallen, was aber daran liegt, dass ich mich im Allgemeinen nicht so sehr für diese Themen interessiere.

Ein weiteres besprochenes Phänomen ist die peak-end rule, in der es darum geht, dass unsere Erinnerungen an Ereignisse häufig übermäßig stark von deren Momenten stärkster Intensität und dem Ende bestimmt werden. Meiner Meinung nach lässt sich diese Regel auch sehr gut auf das Lesen von Büchern anwenden, wobei das Ende auch häufig einen relativ großen Einfluss auf die Gesamtmeinung hat.

Insgesamt hat mir „Thinking Fast and Slow“ sehr gut gefallen. Es war zwar keine ganz einfache Lektüre, durchaus aber gut verständlich geschrieben. Ich würde das Buch an alle weiterempfehlen, die sich für die darin behandelten Themen interessieren und gerne mehr über die Funktionsweise des menschlichen Denkens erfahren möchten.

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