Cover des Buches Tyll (ISBN: 9783498035679)
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Rezension zu Tyll von Daniel Kehlmann

Ausufernd und üppig

von ulrikerabe vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Ausufernd und üppig. Außergewöhnlcihe Erzählbegabung!

Rezension

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ulrikerabevor 6 Jahren
Im Deutschland des 17. Jahrhunderts erlebt der Junge Tyll Ulenspiegel, wie sein Vater, der Müller, wegen Hexerei zum Tode verurteilt wird. Gemeinsam mit der Bäckerstochter Nele verlässt er das Dorf, schließt sich Pirmin, einem unangenehmen fahrenden Gesellen an und wird zu dem Narren und Gaukler, wie wir ihn vermeinen zu kennen.
Daniel Kehlmann schreibt anachronistisch. Das Wüten des 30-jährigen Krieges kann Till Eulenspiegel nicht miterlebt haben, ist er doch der Übermittlung nach gut 200 Jahre früher auf der Welt gewesen. Doch diese historische Ungenauigkeit verhilft dem Autor zu erzählerischer Freiheit. Kehlmann springt zwischen den Zeiten, lässt historische Persönlichkeiten auftreten. Seine Erzählung ist üppig, überbordend, ausufernd, stellenweise beginnt er zu faseln. Doch braucht man diese Sequenzen mitunter, um sich von den Kothaufen und Leichenbergen erholen zu können, die einem bis zum nächsten Umblättern die Luft anhalten lassen.
Tyll erlebt in der Geschichte nicht nur die Gräuel der Inquisition und des Krieges, die ihn zu einem Überlebenskünstler und Zyniker machen, er manövriert sich mit Geschick und Tücke durch die Historie. Als Hofnarr kann er unbeschadet den König beleidigen, dem Volk hält er den Spiegel vor und ist längst weg, sollte irgendjemand doch nach einem Schuldigen suchen.
Ich empfinde Tyll bewusst nicht als historischen Roman, dazu wären viel zu viel geschichtliche Mängel vorhanden. Sprachlich ist das Buch allerdings ein Hochgenuss, Kehlmann schafft es hervorragend dem Volk der damaligen Zeit aufs Maul zu schauen. Amüsante Dialoge, bildhafte Sprache zeugen wieder einmal von Daniel Kehlmanns außerordentlicher Erzählbegabung.
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