Rezension zu "Greisenkind" von Daniel Mylow
Eine seltene Krankheit lässt die Hauptprotagonistin Emelie im Zeitraffer altern - und der Autor schickt uns
mit ihr und dem Außenseiter Fynn auf eine packende Reise durch die deutsche Provinz über das Nordmeer bis nach Island. Die ruhig erzählte Geschichte entfaltet rasch einen mitreißenden Sog.
Man möchte unbedingt wissen, wie die Reise weitergeht und wo sie endet - wenn sie denn endet. Und auf jeder Reiseetappe enthüllt der Autor neue, oft tragische Facetten des Lebens von Emelie und Fynn. Scheinbar beiläufig stellen die beiden unterwegs Fragen, die im wahrsten Sinne des Wortes von Leben und Tod handeln.
Und unvermittelt fragt man sich selbst: Was ist das Leben? Was mache ich mit meiner Lebenszeit?
Ob das Ziel der Reise der Tod ist oder eine Verwandlung und damit ein Anfang - das wird nicht verraten. Unbedingt selber lesen !
Beim Lesen habe ich oft gedacht, das ich die Geschichte von Emelie und Fynn gerne auf der Leinwand sehen würde. Weil die Geschichte gut ist und berührt. Weil es gerade zwei - scheinbare - "Freaks" sind, die uns den Spiegel vorhalten, indem sie ihre Reise zu einer Sinnsuche machen, um dabei Fragen zu stellen und Antworten zu finden,welche die - scheinbar - "Normalen" aufschieben und verdrängen.
Bemerkenswert ist auch der sprachliche Reichtum des Buches: poetische Landschaftsbeschreibungen, kurze, die Handlung vorantreibende Sätze, witzige Dialoge, hintergründig eingestreute philosophische Gedankenspiele.
Wegen der spannenden Geschichte legt man das Buch nur ungern aus der Hand. Wegen der anregenden Gedanken nimmt man das Buch danach immer wieder gerne in die Hand.
Ein nachdenkliches, philosophisches Buch - verpackt in eine spannende Geschichte. Prädikat lesenswert!