„[…] ich wollte nur im Hier und Jetzt leben und frei sein.“
„Mit Stethoskop, Milchkanne und Kuhglocke“ ist der zweite Band der „Mit Stethoskop-Tierarzt-Reihe“ von Daniela M. Beyer. Die Romane der Reihe sind in sich abgeschlossen und können getrennt voneinander gelesen werden. „Mit Kuhglocke“ erschien am 07.01.2021 im Selfpublishing der Autorin.
Marie braucht eine Auszeit. In der Liebe und im Job hat sie eine herbe Enttäuschung erlebt und flieht nun zurück in ihre Heimat Bayern, um auf einer Alm als Kuhhirtin zur Ruhe zu kommen und über ihre Zukunft sowie Vergangenheit nachzudenken. Als Sennerin ist ihr Leben dann jedoch turbulenter als gedacht, denn zum einen verschleiert Marie ihre wahre Geschichte und zum anderen weckt der Sohn der Neumüllers tiefere Gefühle in Marie, sodass das nächste Chaos vorprogrammiert ist…
Als Marie sich zu einer Auszeit auf einer bayrischen Alm entschließt, möchte sie für eine gewisse Zeit der Realität entfliehen. Sie hat vor Kurzem eine riesige menschliche Enttäuschung erleben müssen und bangt nun sogar um ihre Approbation als Tierärztin. Neben ihrer beruflichen Perspektive hat sie aber auch einen Teil von sich selbst verloren und ihre Selbständigkeit an der Seite eines verheirateten Mannes mehr und mehr aufgegeben.
Dies beginnt sie als Sennerin nun langsam zu verstehen und beginnt sich selbst wiederaufzubauen. In einer Umgebung, in der sie sich wohl fühlt und mit viel Zeit alleine gelingt es ihr langsam, ihr Selbstbewusstsein wiederzuerlangen. Trotzdem bleiben aber alte Ängste und Zweifel erhalten, vor allem deshalb, weil sie sich vor der Familie, die ihr den Job als Sennerin gegeben hat, lügt und ihre Vergangenheit verschweigt… Zudem verliebt sie sich in den Sohn der Familie, doch dies scheint ebenfalls verboten, denn Markus ist verheiratet und ist zudem sehr verschlossen und häufig abweisend…
Marie selbst ist mir grundsätzlich sympathisch gewesen, ihre Liebe zu Tieren kann ich unglaublich gut nachvollziehen, weshalb ich mich durchaus mit ihr identifizieren konnte. Insgesamt blieb sie für mich jedoch trotzdem nur wenig greifbar, da über weiter Strecken nur wenig Gefühle von ihr beschrieben werden oder diese für mich nicht richtig nachvollziehbar waren. Sie entscheidet sich bewusst, eine Auszeit zu nehmen und von Null zu starten und hadert dennoch permanent mit ihrer getroffenen Entscheidung. Dies fand ich ein wenig anstrengend und kaum nachvollziehbar. Kompliziert wird es im Grunde nur, weil sie die Zusammenhänge innerhalb der Familie Neumüller nicht direkt hinterfragt, sondern sich ihren Teil denkt und Vermutungen anstellt, die sich am Ende nicht als wahr herausstellen. „Kommunikation hilft“ ist in dieser Situation aber auch ein Rat ihrer Freundin Anne, die aus dem ersten Band der Reihe bereits bekannt ist.
Die Beziehung, die sich zwischen Marie und Markus anbahnt ging mir persönlich ein wenig zu schnell. Von jetzt auf gleich ist es „die eine und unglaublich große Liebe, es wird assoziiert, dass die beiden sich schon ewig kennen und schwere Zeiten miteinander verlebt haben. Sätze wie „du warst immer für mich da“ sind nach einem doch recht kurzen Almsommer für mich eher unglaubwürdig. Dabei finde ich die Idee, dass die beiden sich ineinander verlieben und sich gegenseitig aufbauen eigentlich sehr gut und romantisch.
Der Schreibstil ist insgesamt flüssig, geradlinig und unkompliziert. Lediglich mit dem bayrischen Dialekt und der darauffolgenden Übersetzung ins Hochdeutsch tue ich mich sehr schwer. Glücklicherweise wird auf diesen im Hauptteil des Romans verzichtet, sodass ich nur kurze Zeit im Lesefluss unterbrochen wurde.
Insgesamt liest der Roman sich aber leicht und zügig, die Botschaft hinter der Geschichte ist eindeutig und gut gelungen, wenn ich mir auch noch ein wenig mehr Tiefgründigkeit und Gedanken zu dieser gewünscht hätte. Klar wird aber, dass man immer an sich selbst glauben und für seine Ziele kämpfen sollte. Auszeiten sollte man sich nehmen, wenn man nicht mehr weiß, wo die eigene Zukunft liegt und sich selbst irgendwie verloren hat. Vielleicht liegt das persönliche Glück dann auch gar nicht mehr weit entfernt…
In der „Mit Stethoskop“-Buchreihe geht es um Tierärztinnen, die ihren Weg im Leben und sich selbst wiederfinden müssen. Jeder Band ist dabei in sich abgeschlossen und vollständig, dennoch sind die einzelnen Teile gut miteinander verknüpft. Bereits bekannte Figuren tauchen erneut auf und auf die nächsten Bände wird bereits ein kleiner Ausblick gegeben. Diese Überschneidungen haben mir sehr gut gefallen.
Erneut steckt Daniela M. Beyer viel Herzblut in ihren Roman und beschreibt auch wieder einen kleinen Teil von sich selbst in der ansonsten fiktiven Handlung. Im Vergleich zu ihren ersten Romanen merkt man zudem, dass sie an Schreiberfahrung dazugewonnen hat und die Geschichte flüssiger und runder auf mich wirkte, als die ersten Romane.
Mein Fazit: „Mit Kuhglocke“ hat mich insgesamt gut unterhalten und war unkompliziert lesbar. Ich habe einiges über die Alm und das Leben als Sennerin gelernt und würde gerne mal einen Almabtrieb miterleben. Ich vergebe 4 von 5 Sternen für einen soliden Roman, der den Leser für ein paar Stunden in die bayrische Almwelt entführt.