Rezension zu "Exzess" von Dario Pizzano
Das Cover der Linzenzausgabe des Brunnen Verlag (2013) zeigt einen jungen Mann mit Dreitagebart und rot getönter Brille, ohne dass man dessen Augen sieht. Irgendwie unheimlich und geheimnisvoll.
Der Titel des Buches und dieses Cover passen ideal zu der Lebensbeschreibung des Autors Dario Pizzano. Mit neun hat er eine enorme Angst vor dem Tod. Ein Tod, der immer wieder wie eine Gewitterwolke über den Jungen kommt. Die Psychologin glaubt ihm nicht. In diesem Alter hat sie so etwas noch nie erlebt.
Mit 13 hat Dario den Koffer gepackt in dem das ganze Leben Platz hat. Die Mutter, die wieder geheiratet hat, ist glücklich. Sie hat aber keine Zeit für ihn. Da geht er und packt sich die Freiheit. Drei Zimmer über der Arbeitsstätte seines Vaters, ein Restaurant mit gut gefülltem Keller, „voll farbigen Flaschen aller Art“, sind nun sein Königreich. Alkohol, Sex, wilde Punk-Musik füllen die Leere. Wenn einmal keine Freundinnen und Freund da sind, dann hat es sicher welche auf einer der Partys.
Mit 15 der nächste Lebenseinschnitt. Dario mit der Maske es ungezähmten coolen Typen, ständig überall vorne dabei und bestimmend. Doch innerlich ist er sehr schüchtern. Die grosse Klappe und das Taschenplayboy-Image helfen ihm bei der Lehrerkonferenz nichts. Die Hypothek mit 320 Stunden Fehlzeiten im Unterricht wiegen zu schwer. Bei den anderen Wackelkandidaten für einen Zeugnisabschluss sind wenigstens die Eltern als Unterstützer dabei. Nur Dario, der muss einmal mehr allein und verlassen da durch.
Zitate dem Buch zeigen das weitere Leben von Dario.
„Irgendwie scheine ich für die Community der Mütter halbwüchsiger Töchter die Seuche zu haben. Schlechter Umgang, No-Go-Area für Mädchen aus besserem Hause.“
„Ich bin 25 Jahre alt, aber so fertig wie ein sabbernder, in die Hose machender Altenheimbewohner. Ein Junkie. Ein Wrack. Ein billiger Abklatsch vom Bahnhof Zoo.“
„Geld, nicht menschliche Grösse, scheint heute jedoch der einzige Gott zu sein, dem es sich zu unterwerfen lohnt.“
Dann die Wende.
„Ich war früher ganz genauso. Ja. Ich war auch gefangen. Gefesselt von meinen Leidenschaften und Süchten. Ich wollte endlich raus, wollte keine Zäune, wollte Freiheit.“
„Gott liebt uns nicht, weil wir so wertvoll sind, nein, wir alle sind so wertvoll, wer ER uns liebt, Das ist wahr. Das wird mir immer klarer.“
Fazit
So viele Leserinnen und Leser werden sich in der Beschreibung von Dario wiederfinden oder solche Typen kennen. Partyhengste, mit vorlauter Klappe, für jede Dummheit zu haben, aber innerlich leer und ständig auf der Suche nach dem nächsten Kick. Wie der Autor schreibt: James Dean als Vorbild.
Es braucht nicht viel, damit ein Mensch völlig abstürzt, aber der Weg zurück ist schwer und steinig. Dario hat es dank seinem Glauben geschafft.
Der häufige Wechsel von der fernen Kinder- und Jugendvergangenheit zum Heute ist durch Kapitelanfang und –ende gut abgetrennt, aber für mich, der so etwas nicht gewohnt ist, verwirrt es. Die Bildsprache des Autors ist stark und gefällt mir. Die Not des Kindes und die Exesse der Jugend kann ich gut nachvollziehen.