Cover des Buches Zum Glück Pauline (ISBN: 9783406654206)
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Rezension zu Zum Glück Pauline von David Foenkinos

Zum Glück Pauline

von Clari vor 11 Jahren

Rezension

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Clarivor 11 Jahren

Leben ist Glückssache!

Der Icherzähler dieses hinreißenden Romans befindet sich in keiner guten Lage. Er lebt mit seiner Frau in Paris zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Unerträgliche Rückenschmerzen plagen ihn und führen zu den wildesten Fantasien über die möglichen Ursachen. Seine Frau Élise und er sind zwanzig Jahre verheiratet und um die vierzig Jahre alt. Die Tochter ist kürzlich mit einem Freund zusammengezogen, und der Sohn, noch nicht einmal 18 Jahre alt, zieht ein Studium in den USA dem weiteren Verbleib im Elternhaus vor. Die Eltern sind geschockt über den Zustand des unwiederbringlichen Alleinseins. Darüber helfen die Freunde Édouard und Sylvie auch nicht hinweg.

Der Icherzähler reflektiert unermüdlich seine Lage, die darauf schließen lässt, dass er hochgradig hypochondrisch und depressiv ist. Zu allem Übel hat er seinen Job als Architekt gerade verloren. Die Einsicht, wie es mit der Liebe zwischen ihm und Élise steht, macht ihn auch nicht gerade froh. “Manchmal, wenn ich mit ihr zwischen den Blumen umherspazierte, überkam uns die Vergangenheit. Dann gingen wir hinauf ins Schlafzimmer und waren für zwanzig Minuten noch mal zwanzig. Diese Momente waren unendlich kostbar.“ Wie sie ihm aus dem Fenster nachwinkt, oder wie sie beide, ihrer Jugend gedenkend, noch einmal kurz die Liebe erleben, das ist meisterhaft in der Beobachtung und Darstellung.

Hier kehrt einer sein Inneres nach außen, und dem Leser werden Zustände vor Augen geführt, die man gut nachempfinden kann. Verlustängste, Zukunftssorgen, Einsamkeit und Verlorenheit kennzeichnen einen Mann, der mit einem sensiblen Gespür für das, was kommen mag, ausgestattet ist. Es kommt schließlich so viel zusammen, dass er wirklich am Leben verzweifeln könnte! Doch dann begegnet ihm Pauline......

Mit ausnehmender Feinsinnigkeit erweckt David Foenkinos seine Helden zum Leben. Man denkt unwillkürlich an Italo Svevo oder Marcel Proust, die zu dem vorliegenden Werk Pate gestanden haben könnten. Sie beschreiben ebenfalls neurotische Menschen mit ihren Selbstzweifeln, Grübeleien, nostalgischen Erinnerungen an die Kindheit und mit der immer gleichen Unsicherheit beim Leiden am Leben. David Foenkinos, Jahrgang 1974, ist jedoch ein Autor ganz eigener Prägung. Er findet genau die passenden Worte für die wechselnden Gefühle und Stimmungslagen, denen sich der Icherzähler ausgeliefert sieht. Die beschriebenen Rückenschmerzen ziehen sich in ihrer Befindlichkeit durch den ganzen Roman und sind Synonym für das allgemeine Elend, in dem der Held steckt. Die Ängste vor den zahlreichen Untersuchungen und der anstehenden Diagnose für seine Beschwerden wachsen sich zur allgemeinen Panik über seinen Gesundheitszustand aus. Bald erweist es sich, dass die Rückenschmerzen psychosomatischen Ursprungs sind.

Wir erleben nun mit, wie gleichsam in einer Art Metamorphose aus dem ängstlichen, zaghaften und zwanghaften Mann ein befreiter Mensch wird, der seine neuen Freiheiten zu nutzen weiß.

Foenkinos Erzählung pendelt zwischen Ernst, Nostalgie, Melancholie und Ironie. Er übertreibt gelegentlich, so dass die Traurigkeit, mit der unser Held seinen von Angst besetzten Netzen der Einbildung und Vergangenheit zu entkommen trachtet, herabgemildert wird. Damit bietet er die nötige Distanz, um die ganze Geschichte mit einem Hauch menschlich absurden Verhaltens zu würzen. Man trifft dieses ja in der Realität tatsächlich häufig an!

Wieder einmal ein gelungener Roman von dem hoch geehrten Autor David Foenkinos!

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