David Horspool

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Cover des Buches Oliver Cromwell (Penguin Monarchs): England's Protector (ISBN: 9780141988696)
A

Rezension zu "Oliver Cromwell (Penguin Monarchs): England's Protector" von David Horspool

Im Dienst der göttlichen Vorsehung. Oliver Cromwell, Lordprotektor von England
Andreas_Oberendervor 3 Jahren

Seit 2014 bringt der Penguin-Verlag eine Buchreihe heraus, die "Penguin Monarchs". Es handelt sich um Kurzbiographien aller englischen und britischen Könige und Königinnen seit dem 11. Jahrhundert. Die Reihe beginnt mit den letzten angelsächsischen Herrschern vor der normannischen Eroberung. Mittlerweile sind zwei Drittel der 45 geplanten Bände erschienen. Die Bücher sind kleinformatig (13x18,5 cm) und umfassen maximal 150 Seiten. Sie enthalten farbige Abbildungen, Stammtafeln und kommentierte Literaturhinweise. Auch wenn eine entsprechende Angabe fehlt, ist davon auszugehen, dass sich die Bände an historisch interessierte Laien richten, die sich rasch über das Leben der englischen Monarchen informieren wollen. Als Konkurrenz zur renommierten Biographienreihe "Yale English Monarchs", deren Bände eher für den wissenschaftlichen Gebrauch in Frage kommen, sind die "Penguin Monarchs" nicht gedacht. Interessant ist die Reihe dennoch, denn der Verlag hat zahlreiche bekannte Historikerinnen und Historiker als Autoren gewonnen. Damit ist sichergestellt, dass sich die einzelnen Kurzbiographien auf der Höhe des heutigen Forschungsstandes bewegen.

Auf den ersten Blick mag es seltsam erscheinen, dass auch Oliver Cromwell (1599-1658) in die Reihe aufgenommen wurde. Doch wie David Horspool in der Einleitung seines Buches klarstellt, ist das vollauf gerechtfertigt, denn Cromwell hatte als Lordprotektor (1653-58) eine Stellung inne, die der eines Monarchen gleichkam. Cromwell stammte aus einfachen Verhältnissen. Während des Englischen Bürgerkrieges gelangte er als Heerführer im Dienst des Parlaments zu landesweiter Bekanntheit. Er gehörte bald zu den führenden Köpfen der Opposition, die mit König Karl I. im Streit lag. Nach der Hinrichtung des Königs Anfang 1649 begann in England ein Jahrzehnt der politischen Experimente. Der sogenannte Commonwealth wurde 1653 durch das Protektorat abgelöst. Cromwell übernahm den Posten des Lordprotektors. Er war klug genug, die ihm mehrfach angebotene Königswürde abzulehnen. Mit der Annahme des Königstitels hätte er sich für alle Zeiten lächerlich gemacht. Als Protektor besaß Cromwell zwar nicht den Titel, wohl aber die Machtfülle eines Königs. Er residierte in den Palästen der gestürzten Stuart-Könige, und als er 1658 starb, erhielt er ein Begräbnis wie ein herkömmlicher Monarch.

Cromwells historische Bedeutung ist unstrittig. Eine populäre Figur ist der Protektor jedoch nicht. Die letzten umfassenden Cromwell-Biographien aus der Feder britischer Autoren sind in den 1970er Jahren erschienen (Antonia Fraser, Christopher Hill). Die meisten Arbeiten über Cromwell aus jüngerer Zeit sind wissenschaftlicher Natur und für ein breiteres Publikum ungeeignet. Deutschen Lesern stand noch nie eine größere Cromwell-Biographie zur Verfügung. Horspools Kurzbiographie ist für alle deutschen Leser von Interesse, die sich einen ersten Überblick über Cromwells Leben und Laufbahn verschaffen wollen. Über Cromwells Leben vor dem Beginn des Englischen Bürgerkrieges ist nur sehr wenig bekannt. Cromwell gehörte zu den sogenannten Puritanern, einer religiösen Strömung, der die englische Reformation nicht weit genug gegangen war. Seinen spektakulären Aufstieg während des Bürgerkrieges verdankte Cromwell seinen Siegen auf dem Schlachtfeld. Obwohl er keinerlei militärische Ausbildung und Erfahrung besaß, bewährte er sich als Heerführer im Kampf gegen Royalisten, Schotten und aufständische Iren. Beim Ende des Bürgerkrieges war klar, dass Cromwell in der neuen politischen Ordnung eine herausragende Rolle spielen würde.

Wie fast alle seine Zeitgenossen trennte Cromwell Politik und Religion nicht voneinander. Im Ringen zwischen König und Parlament ging es nicht allein um die "richtige" politische Ordnung, sondern auch um die "richtige" Religion. Der fromme Puritaner Cromwell betrachtete sich als Werkzeug der Vorsehung und seine Siege als Beweis göttlicher Gnade. Horspool betont jedoch, dass man Cromwell nicht vorschnell als religiösen Fanatiker abtun sollte. Nach dem Bürgerkrieg ging Cromwell rasch auf Distanz zu Gruppierungen wie den Levellers, deren politische und religiöse Vorstellungen ihm zu radikal waren. In den 1650er Jahren steuerte Cromwell einen Mittelkurs. Er entwickelte ein beachtliches staatsmännisches Geschick. Da eine republikanische Staatsform nur wenige Anhänger hatte, errichtete Cromwell das Protektorat als eine Art "Ersatzmonarchie". Der Protektor ließ zwar die Katholiken streng überwachen, nötigte jedoch den verschiedenen protestantischen Strömungen keine neue Staatskirche auf. Zu Cromwells wenigen Verdiensten, die bis heute positiv in Erinnerung geblieben sind, gehört der Entschluss, den im Mittelalter vertriebenen Juden die Rückkehr nach England zu gestatten (1656). Unter der Restauration (ab 1660) wurde Cromwells politisches Erbe fast vollständig abgewickelt. Da der Protektor nichts Bleibendes geschaffen hat, fasziniert uns heute nur noch sein steiler Aufstieg aus provinzieller Obskurität an die Spitze des Staates.

Horspools Buch ist recht anspruchsvoll, vor allem für Leser mit begrenzten Vorkenntnissen. Man sollte es in Verbindung mit einer Überblicksdarstellung zur Geschichte Englands im 17. Jahrhundert lesen. 

(Hinweis: Diese Rezension habe ich zuerst im November 2017 bei Amazon gepostet)

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