David Ranan

 4,5 Sterne bei 4 Bewertungen

Lebenslauf

David Ranan, geb. 1946, PhD, Kultur- und Politikwissenschaftler, wuchs in Israel und in den Niederlanden auf. Er lebt und arbeitet in London und Berlin. Seine Bücher über junge Israelis in der Armee und das Leben junger Juden in Deutschland sowie zu muslimischem Antisemitismus in Deutschland fanden große Beachtung.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von David Ranan

Cover des Buches Sprachgewalt (ISBN: 9783801205874)

Sprachgewalt

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Erschienen am 04.06.2021

Neue Rezensionen zu David Ranan

Gewissensentscheidung

Israel verfügt über eine der bestausgerüsteten Armeen der Welt. Na klar doch bei der arabischen Übermacht rings herum, könnte man denken. Doch die Lage hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten gewandelt. Die akute Bedrohung von außen hat an Intensität verloren, die Übergriffe im Gazastreifen sowie im Westjordanland zugenommen. Somit hat sich auch der Aufgabenschwerpunkt der Armee verlagert. Zunehmend fungiert sie als Befehlsausführer der Besatzungsmacht und auch als Art innere Polizei.


Das Buch beinhaltet 27 Interviews mit jungen Israelis beiderlei Geschlechts zum Team Wehrdienst, der in der Regel 3 Jahre für Männer, 2 Jahre für Frauen dauert. Für religiöse Frauen generell und ultraorthodoxe Männer, die eine Toraschule besuchen, gibt es Ausnahmeregelungen. Die Möglichkeit der Verweigerung des Militärdienstes und entsprechende Verrichtung eines Ersatzdienstes gibt es offiziell nicht.


In der Einleitung des Buches wird ein Abriss der Geschichte des Staates Israel einschließlich seiner Vorgeschichte mit Schwerpunkt auf die kriegerischen Auseinandersetzungen und den Wehrdienst aufgezeigt. Zum Schluss steht eine Zusammenfassung und ein kurzes Fazit. Fotos gibt es leider nicht.


Die Interviews werden in Form von Monologen wiedergegeben. Es wurde darauf geachtet, verschiedenartige Auffassungen von jungen Menschen mit unterschiedlicher politischer oder weltanschaulicher Ausrichtung (rechts, links, liberal, religiös, orthodox, hedonistisch) einzufangen.


So kommen überzeugte Befürworter ebenso wie absolute Verweigerer zu Wort und auch sogenannte „Drückeberger“. Interessant, dass keiner die Wichtigkeit einer Armee für das Land leugnet. Über die Einsatzmöglichkeiten hingegen besteht ein großer Disput. Vor allem der Umgang mit den sogenannten besetzten Gebieten wir mitunter kritisch betrachtet, aber umgekehrt auch der Räumungsauftrag jüdischer Siedlungen in ebendiesen Gebieten.


Ich hatte den Eindruck, dass sich ab einem gewissen Punkt die Aussagen mehr oder weniger wiederholen. Es wäre vielleicht hilfreich gewesen, weniger Monologe auszuwählen oder auch einige langatmige etwas zu kürzen. Ansonsten dürfte das Buch für eine breite Masse weniger spannend sein. Wenn man sich jedoch intensiver mit Israel beschäftigt, könnte es einen interessanten Einblick hinsichtlich der aktuellen Lage der „Volksseele“ geben.


Fazit: Das Buch gibt keine direkte Antwort auf die Frage im Titel, regt aber stark zur Diskussion an und bietet für diese eine gute Grundlage.





Cover des Buches Die Schatten der Vergangenheit sind noch lang (ISBN: 9783894797973)
W

Rezension zu "Die Schatten der Vergangenheit sind noch lang" von David Ranan

WinfriedStanzick
Über das Leben junger Juden ind Deutschland


 

 

In seinem 2011 ebenfalls bei Nicolai in Berlin erschienenen Buch „Ist es noch gut, für unser Land zu sterben hatte der aus einer deutsch-jüdischen Familie stammende und in Israel aufgewachsene, heuet in London lebende Autor David Ranan nicht nur Inneneinsichten einer Armee vermittelt, sondern auch einen aktuellen Blick auf die israelische Gesellschaft geworfen.

 

In vielen Interviews, die er führte, gab er einen Eindruck davon, wie die junge Generation, linke, rechte, liberale und orthodoxe Israelis denken über ihre Armee und über ihr Land.
Ranan fasste am Ende seines ersten Buches zusammen: "Der Nahe Osten geht durch einer Phase zunehmender Volatilität. Es ist fast trivial festzustellen, dass Israels militärische Situation in hohem Maße von den Entwicklungen in den benachbarten Ländern abhängt. In solchen Zeiten fühlen sich Israelis weniger sicher, und das Bedürfnis nach einer starken Armee ist besonders ausgeprägt. Israelische Regierungen haben sich seit vielen Jahren erfolgreich darum bemüht, einen Konsens über die unbestreitbare Notwendigkeit, in der Armee zu dienen, aufrechtzuerhalten. Dieser Konsens gründete auf der Vorstellung eines jüdischen Staates, der umgeben ist von Arabern, die ihn vernichten wollen."

Dass dieser Konsens nicht mehr selbstverständlich vor allem bei der jüngeren Generation so gesehen wird, das machten die Interviews in diesem Buch deutlich.

 

In seinem gerade erschienenen neuen Buch hat David Ranan auch junge Juden interviewt, Juden der dritten Generation in Deutschland. Immer wieder spürt man, wenn man das erste Buch kennt, innere Bezüge, wenn etwa viele der 21 Monologe, die er aufgezeichnet hat, deutsche Juden zwischen 18 und 41 nicht nur ihr Leben in Deutschland reflektieren, sondern dabei auch immer wieder Bezug nehmen auf Israel und die politische Lage dort.

 

Doch es sind nicht nur die Enkel von Überlebenden, die hier zu Wort kommen, sondern Ranan nimmt insbesondere in seinem Schlusskapitel auch Juden in den Blick, die als Kinder von Kontingentflüchtlingen nach 1990 nach Deutschland kamen und Israelis, die für sich beschlossen haben, in Deutschland zu leben. Man schätzt ihre Zahl gegenwärtig auf über 20 000.

 

Gerade im Blick auf diese Veränderung schreibt er am Ende:

„Vielleicht werden die Neuangekommenen und ihre Kinder, seien es die Kontingentflüchtlinge oder die Israelis,  in Deutschland ein Leben  aufbauen, das nicht im Schatten von Auschwitz steht. So wie es Juden auch in anderen Ländern der Welt tun. Wann und ob das eine Gemeinde von deutschen Juden sein wird, ist eine andere Frage.

 

Cover des Buches 'Ist es noch gut, für unser Land zu sterben?' (ISBN: 9783894796891)
W

Rezension zu "'Ist es noch gut, für unser Land zu sterben?'" von David Ranan

WinfriedStanzick
Rezension zu "»Ist es noch gut, für unser Land zu sterben?«" von David Ranan

Seit seiner Gründung im Jahr 1948 ist Israel alle paar Jahre in einen Krieg gezwungen worden oder musste ihn führen, um sich vor der drohenden Vernichtung zu schützen. Mindestens genauso alt wie der Staat Israel ist der Konflikt um ihn und um das Land. Unter dem Begriff „Nahost-Konflikt“ hat er sich in das politische Bewusstsein aller Generationen eingeprägt, die etwa ab den frühen fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts geboren wurden. Und dennoch zeigen viele Reaktionen von Freunden, aber leider auch viele Kommentare in den Medien, dass ein wirkliches und tiefes Verständnis dieses Konfliktes und vor allen Dingen seiner Ursache und seiner Genese nicht vorhanden ist. Die Öffentlichkeit scheint gespalten zwischen einer kritiklosen Solidarität mit den als Opfer dargestellten Palästinensern und einer fast ebenso kritiklosen und deshalb zutiefst unsolidarischen Haltung zur israelischen Politik. Zwar hat Angela Merkel immer wieder betont, dass die Sicherheit des Staates Israel zur Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland gehöre, hinter den diplomatischen Kulissen gibt es sicher auch immer wieder Bewegung, aber die Bevölkerung unseres Landes steht in seiner Mehrheit den Problemen in Israel und dem Alltag der Menschen dort indifferent gegenüber.

Während sich die ganze Aufmerksamkeit der Deutschen und auch der Europäer seit Monaten auf die Schuldenkrise richtet, bahnt sich im Nahen Osten neuer dramatischer Konfliktstoff an. Israel hat dem Iran gedroht, dessen auf die Vernichtung Israels zielende Atomwaffenproduktion zu vernichten. Zudem weiß zur Stunde niemand, wie die aus dem arabischen Frühling hervorgehenden neuen Regierungen, vor allen Dingen die in Ägypten, in Zukunft mit der Existenz Israels umgehen werden.

Diese Unsicherheit trifft auf eine israelische Gesellschaft, in der die selbstverständliche Akzeptanz der bisherigen harten Linie der unterschiedlichen Regierungen gegenüber den Palästinensern brüchig geworden und auch der über Jahrzehnte für alle Frauen und Männer verbindliche Militärdienst in die Diskussion gekommen ist. Der große und international sehr beachtete Roman von David Grossmann „Eine Frau flieht vor einer Nachricht“, der von der großen Angst einer Mutter um ihren in der israelischen Arme dienenden Sohn handelt, hat als Bestseller in Israel einiges dazu beigetragen.

Nun legt der einer deutsch-jüdischen Familie entstammende David Ranan, der in Israel aufgewachsen ist , dort 1965 auch zum Dienst in der israelischen Armee eingezogen wurde und nun als freier Autor in London lebt, ein Buch vor, das in ganz hervorragender Weise dem deutschen Leser in seiner Einleitung einen informativen und leicht verständlichen Abriss der Geschichte Israels liefert, der verschiedenen Kriege, die die Armee geführt hat und der hierzulande kaum wahrgenommenen gesellschaftlichen Veränderungenh in den letzten Jahrzehnten.
Dem Leser wird verständlich, warum und wie die in den anschließenden 27 Interviews mit „jungen Israelis über ihren Dienst in der Armee“ immer wieder deutlich werdenden Veränderungen und Wandlungen in der Armee stattgefunden haben, einer Armee, die über lange Jahrzehnte als das Rückgrat des israelischen Gesellschaft galt, das nun brüchig zu werden scheint. Mehr noch als die vielen Kriege, hinter der immer eine große Mehrheit der Bevölkerung und der Soldaten stand, waren es die Zuwanderungswellen neuer Bürger, die meist rechts stehen und der immer größer werdende politische Einfluss der Religiösen, die über ihre Militärrabbiner enormen Druck auf die Soldaten ausüben, die die Armee verändert haben.

Als David Ranan bei einem Besuch von Freunden in Israel erfuhr, dass es zwei der drei Söhne dieser Familie geschafft hatten, sich dem Wehrdienst zu entziehen, entschloss er sich, diesem Phänomen nachzuspüren. Er interviewte 27 wehrpflichtige junge Israelis. Zwischen achtzehn und dreißig Jahre sind sie alt und sie erläutern, durch die Offenheit des Fragers sichtlich ermutigt, ihre unterschiedlichen Einstellungen zur Armee, sie erzählen von ihren Hoffnungen und Erwartungen, aber auch von ihren moralischen Nöten mit dem Militärdienst und dem Staat Israel. Sehr persönliche Zeugnisse sind das, mit Geständnissen von Verfehlungen und der Schilderung innerer Zerrissenheit angesichts der Bedingungen, unter denen man selbst Gewalt ausübt. Das Spektrum reicht von scharfer Kritik an den Werten des israelischen Militärs und am Verhalten der Soldaten in den besetzten palästinensischen Gebieten, über sehr differenzierte und klare Analysen der Situation bis zu Statements, die dem Schicksal der Palästinenser gegenüber völlig gleichgültig sind.

Weil sich das ganze Spektrum der gegenwärtigen israelische Gesellschaft in diesen 27 befragten Menschen spiegelt, bietet das Buch nicht nur Inneneinsichten einer Armee, sondern auch einen aktuellen Blick auf die israelische Gesellschaft, die mitten in einer Bedrohung, die vielleicht noch nie so groß war wie heute, den Eindruck macht, als sei die Akzeptanz ihrer Gründungswerte brüchig geworden, eine Gesellschaft, die sich in schwierigen außen- und innenpolitischen Zeiten neu erfinden und definieren muss, will sie überleben.

Die Interviews geben einen Eindruck davon, wie die junge Generation, linke, rechte, liberale und orthodoxe Israelis denken über ihre Armee und über ihr Land.
Ranan fasst am Ende seines Buches zusammen: „Der Nahe Osten geht durch einer Phase zunehmender Volatilität. Es ist fast trivial festzustellen, dass Israels militärische Situation in hohem Maße von den Entwicklungen in den benachbarten Ländern abhängt. In solchen Zeiten fühlen sich Israelis weniger sicher, und das Bedürfnis nach einer starken Armee ist besonders ausgeprägt. Israelische Regierungen haben sich seit vielen Jahren erfolgreich darum bemüht, einen Konsens über die unbestreitbare Notwendigkeit, in der Armee zu dienen, aufrechtzuerhalten. Dieser Konsens gründete auf der Vorstellung eines jüdischen Staates, der umgeben ist von Arabern, die ihn vernichten wollen.“

Dass dieser Konsens nicht mehr selbstverständlich vor allem bei der jüngeren Generation so gesehen wird, das machen die Interviews in diesem Buch deutlich.

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