Cover des Buches Die Ballade von Max und Amelie (ISBN: 9783839816714)
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Rezension zu Die Ballade von Max und Amelie von David Safier

Ein tierisches Roadmovie mit verschenktem Potenzial

von chuma vor 5 Jahren

Kurzmeinung: Ein tierisches Roadmovie mit verschenktem Potenzial.

Rezension

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chumavor 5 Jahren
Die wilde Hündin "Narbe" lebt mit ihren Geschwistern auf einer Müllkippe. Der Umgang ist rau (ihr eigener Bruder biss ihr ein Auge aus) und jeder Tag ist auch ein Kampf ums Überleben. Als sie eines Tages auf den Rüden Max trifft, ändert sich alles. Gemeinsam machen sich die beiden ungleichen Hunde auf den Weg Max´ Familie zu finden und geraten dabei in allerhand aufregende Abenteuer. Doch sie finden nicht nur Gefahren auf ihrer Reise, sondern auch Liebe, Treue und Freundschaft.

"In der Nacht des Goldenen Lichts begann unser ewiges Leben. Unser ewiges Sterben. Unsere ewige Liebe."

Höreindruck
David Safiers bis auf eine Ausnahme ("28 Tage lang") humorigen Romane mit Witz und Charme kennt wohl fast jeder. "Mieses Karma", "Jesus liebt mich", "Plötzlich Shakespeare" oder "Muh!" sind nur einige Beispiele. Besonders als Hörbuch sind sie ein leichter Genuss, der aber auch meist mit einer oder mehreren wichtigen Botschaften daherkommt. Auf jeden Fall sind seine Bücher immer ein Garant für gute Unterhaltung. Auch sein neuestes Werk bildet da keine Ausnahme, hat aber leider doch so einige signifikante Schwächen.

Tierische Protagonisten sind immer eine Herausforderung, allerdings eine, die Safier bereits öfter sehr gut gemeistert hat. Da er selbst Hundebesitzer ist, ging ich davon aus, dass er unsere beiden Hauptfiguren treffend skizziert. Das ist ihm leider nur teilweise gelungen, viel zu oft gab es für mich als Hundebesitzerin regelrechte Schockmomente, bei denen ich dachte: Wie kann man das so schreiben!? Das wohl heftigste Beispiel sei hier kurz erwähnt, um hoffentlich darauf aufmerksam zu machen, wie gefährlich diese womöglich falsch verstandene/ausgelegte Aussage im Buch ist:
Es gibt eine Szene, in der Max und Narbe sich mit Weintrauben(!) den Magen vollschlagen – ja, richtig viele Trauben wurden da vertilgt. Zuvor hat Max die Fressorgie glückselig und freudig mit den Worten "Oh Weintrauben!" eingeleitet. Nach dem Fressen kam dann das böse Erwachen (zuvor durch eine Vogel vorhergesagt): Durchfall und Unwohlsein, nach einer Nacht war alles wieder in bester Ordnung. Das war´s. Bitte liebe Leser/Hörer gebt euren Hunden keine Weintrauben und wo wir schon dabei sind auch keine Rosinen, Sultaninen oder Schokolade! Je nach Gewicht des Hundes und Menge des Gefressenen kann das euren Hund töten! Da bleibt es nicht nur beim Durchfall. Diese Szene hat mich schockiert, weil sie so lapidar dargestellt wurde und unnötig war. Wenn der Autor hier eine Warnung geben wollte, dann kam das nicht rüber, im Gegenteil hier muss man Angst haben, dass davon ausgegangen wird, dass Trauben nicht optimal für Hunde sind aber eben nur etwas vorübergehenden Durchfall und Unwohlsein auslösen. Hier sogar ein wenig mit Schmunzeln versetzt, weil der Vogel das beobachtet, anscheinend weiß, dass Hunde die Trauben nicht vertragen und erst dann sagt: "Ich warte. (...) Auf den Durchfall." Lange Rede, kurzer Sinn: Ich hätte hier einfach mehr Verantwortung und Aufklärung gegenüber dem Leser/Hörer vom Autor, der ja selbst Hundehalter ist, erwartet. Oder eben im Zweifelsfall keinerlei solcher Szenen, die falsch verstanden werden können.

Doch das ist leider nicht mein einziger Kritikpunkt. Safier wollte hier eine ernste Geschichte erzählen mit einem schönen zugrundeliegenden Motiv – der Liebe. Liebe ist wahrhaftig, bedingungslos, sie ist nicht wählerisch und sie überdauert Gefahren und Zeitalter. Außerdem greift er Themen wie Treue, Freundschaft und Verzeihen auf. Das alles lässt sich wunderbar mit einem Hund transportieren, denn welches Tier ist so treu und liebt so bedingungslos wie ein Hund? Zusätzlich gibt er auch wieder einmal dem Thema Reinkarnation Raum. Wie genau, darauf möchte ich nicht näher eingehen, sonst würde ich zuviel von der Handlung vorwegnehmen. Zu guter Letzt will Safier auch auf Gewalt gegen Tiere aufmerksam machen. Viele ernste Themen, die wichtig und schwierig sind. Und hier kommt die Krux: Die Idee, diese ganzen gehaltvollen Themen in einen leichten Rahmen einer Abenteuer-Tiergeschichte mit Herz zu packen, finde ich gut. Das hätte die Schwere der Aussagen abmildern können. Doch diesen Spagat meistert er leider nicht. Der Tiefgang fehlt, die angeschnittenen Themen wurden nicht konsequent zu Ende geführt und das für mich Schlimmste war das absolut vorhersehbare und tatsächlich kitschige Ende. Zudem ist die Zusammenführung der beiden Handlungsstränge, die es hier gibt, nicht überzeugend.
Dies alles führt dazu, dass die Geschichte unrund wirkt. Mich berührte das Ganze leider nur an den falschen Stellen – nämlich denen, die mich aufgeregt haben, weil sie gefährliches Halbwissen vermitteln oder unnötig gewalttätig waren.

Fazit
"Die Ballade von Max und Amelie" ist eine kurzweilige, flüssig erzählte Geschichte, die viel Potenzial verschenkt und zum Ende hin sogar ins Kitschig-Banale abdriftet. Hundehalter werden sich sicher oft die Haare raufen. Da das Hörbuch gekürzt ist, sollte man selbst entscheiden, ob man hier lieber zum Buch greift. Die Sprecherinnen machen allerdings einen guten Job, hier gibt es nichts zu beanstanden. Für mich bedauerlicherweise Safiers schlechtester Roman, der sicher schnell vergessen sein wird, da er mich nicht berühren konnte.
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