Cover des Buches Das Duplikat (ISBN: 9783849701796)
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Rezension zu Das Duplikat von Davide Calì

Zentrales für das Leben in außergewöhnlicher Form

von M.Lehmann-Pape vor 7 Jahren

Rezension

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M.Lehmann-Papevor 7 Jahren
Zentrales für das Leben in außergewöhnlicher Form

„Ich kann nicht genau sagen, was wir herstellten. Aber wir waren alle sehr beschäftigt“.

Und der Ich-Erzähler dieser außergewöhnlichen, bis in die Farbgebung der Geschichte hinein stimmigen, Graphic-Novell war zudem noch „jung und strotzte vor Energie“.

Energie, die er, ohne große zu Fragen, ohne kritisch zu betrachten, wie so viele im „industriell entwickelten Westen“ es als einzige Lebenshaltung kennen, aus der alles an Freude, Wert und Möglichkeiten fast exklusiv gezogen wird, sich „ganz hineingab“ in die Arbeit.

Und wer kennt das nicht, die Ausgangslage des Buches? Geld verdienen ist nicht nur ein Muß, das auch, sondern auch Erfüllung, Aufgabe, Herausforderung, im Protestantismus gar eine „Gabe“, eine „Berufung“ (daher stammt das deutsche Wort „Beruf“.

Und so stellt sich auch die Erwartungshaltung vom ersten Gespräch an unterschwellig dar. Die berühmte Frage in Bewerbungen „Und warum sollen wir genau sie einstellen“ zielt auf diese Unverwechselbarkeit, diesen „Mehrgewinn“, den der Mitarbeiter für das Unternehmen darstellt.

Je mehr dieses Gefühl vermittelt wird, „ohne Sie schaffen wir das nicht“, desto stärker entfalten sich Bindungen. Bis hin zu fast Perversionen in bestimmten Bereichen der japanischen Wirtschaft, wo Selbstmorde am Arbeitsplatz aus Druck, durchaus aber auch als Scham für irgendein Versagen signifikante Größen erreichen.

Was natürlich, und das greift das Buch in bester Weise auf, eine Mähr ist. Denn jeder Manager wäre sein Geld nicht wert, wenn er sich rückhaltlos auf einzelne Individuen verlassen würde. Nicht die Person ist „unersetzbar“, sondern die „Funktion“, die von vielen ausgefüllt werden könnte.

„Es war keine schlechte Arbeit. Nur ein bisschen ermüdend. Nach und nach wurde es immer mühsamer“.

Verdichtung von Arbeit, Erhöhung der Schlagzahl, Erhöhung auch der Netto Stunden, die um die Arbeit kreisen in immerwährender Erreichbarkeit in der modernen Welt.

Für manche ist es tatsächlich erst die Überforderung, die Ermattung, die dazu führt, einmal genauer zu fragen, was denn die wichtigen Werte, Personen und Orte im Leben sind und ob es wirklich nur die Arbeit ist, oder, wer da schon ein wenig Distanz gewonnen hat, welcher Zeitraum und welche Energie wirklich für die Arbeit sinnvoll und nicht sinnentleerend im Raum stehen sollte.

Das Bild der toten Fische im Aquarium, verhungert, weil sich niemand kümmern konnte, steht am Ende einer solchen Entwicklung, wenn man nicht zu Zeiten Sinn, Zweck und Bedeutung der Arbeit für sich reflektiert und auf ein gesundes Maß bringt.

Dass dies in der Novelle durch ein Duplikat gelöst ist, ist natürlich nicht das Ziel für den Leser. Sondern vertieft im Betrachten der Bilder und der Geschichte diesen Zwiespalt der modernen Welt, der, nach einigen Jahrzehnten der Reduzierung von Arbeitszeiten, wieder stärker und stärker wird.

Wobei im Übrigen das Nachdenken für den Leser spätestens dann ein ernsthaftes wird, wenn klar wird, wofür das Original demnächst seine Zeit aufwenden wird in der Novelle und wofür das Duplikat eingesetzt werden wird.

Es ist am Ende eine einfache Botschaft, ein Ausweg im Buch mit Hintersinn, der nicht wohl nicht wörtlich übernommen werden kann, aber mit dem der Leser kreativ Gedankenspiele initiiert, um zu klären, wie eine Balance auch ohne Duplikat hergestellt werden kann, respektive nicht nur als Hülle an den wirklich wichtigen Stellend es Lebens vorhanden zu sein.
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