Cover des Buches Das Auge von Licentia (ISBN: 9783401603506)
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Rezension zu Das Auge von Licentia von Deana Zinßmeister

Trotz wirklich vielversprechender Idee leider sehr enttäuschend

von thebookishniffler vor 6 Jahren

Rezension

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thebookishnifflervor 6 Jahren
Meine Meinung:

Auf dieses Buch bin ich durch den Arena-Verlag aufmerksam geworden, der auf Instagram Werbung für den neuen Jugendbuchtitel gemacht hat. Nachdem ich den Klappentext gelesen habe, wusste ich gleich, dass ich „Das Auge von Licentia“ unbedingt lesen wollte. Es klang, als wäre der Titel ganz nach meinem Geschmack - leider konnte er meine Erwartungen dann aber nicht erfüllen.

Das finde ich sehr schade, denn die Grundidee hat mich auf ganzer Linie überzeugt. Ich persönlich musste mir jedenfalls sofort die Frage stellen: Was wäre, wenn es tatsächlich die Möglichkeit gäbe, abgeschottet von der restlichen Menschheit in einer Mittelaltersiedlung zu leben - und das, ohne zu wissen, dass die Welt außerhalb dieser Siedlung überhaupt existiert, obwohl diese alles mitverfolgt? Und würde ich selbst mir eine solche Fernsehshow anschauen?



Ebenfalls positiv aufgefallen ist mir die Tatsache, dass die Autorin alles detailliert recherchiert hat und deshalb offensichtlich eine gute Grundlage zum Schreiben hatte. Besonders die Aspekte einer mittelalterlichen Gesellschaft wurden gekonnt in die Handlung eingeflochten.

Dadurch, dass in diesem Buch aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, fiel es mir leicht, mit ein Bild von der gesamten Situation zu machen und alles sowohl aus der Sicht der Produzenten der Fernsehsendung als auch aus der Perspektive der völlig ahnungslosen Jonata zu betrachten.

Außerdem war ich stets sehr gespannt, wie es wohl weitergeht, da die von Deana Zinsmeister erschaffene Welt voller Potenzial steckt.

Dieses Potenzial wurde meiner Meinung nach jedoch nicht genug ausgeschöpft. Mir fiel es zum Beispiel schwer, mich mit der Protagonistin Jonata oder auch mit Tristan, aus dessen Blickwinkel ebenfalls erzählt wird, zu identifizieren. Die meisten Charaktere machten einen eher blassen und nicht sonderlich gut ausgearbeiteten Eindruck auf mich. Während des Lesens konnte ich mich nie ganz in dem Buch verlieren und hatte stets das Gefühl, es herrsche eine gewisse Distanz zwischen Leser und Handlung, was zum Teil sicherlich auch daran liegt. Ich bin der Ansicht, eine gute Geschichte lebt von ihren Charakteren, und das war hier leider nicht immer der Fall.

Desweiteren erschienen mir einige der Wendungen in diesem Buch ziemlich vorhersehbar - dabei hätte es an einigen Stellen durchaus die Möglichkeit gegeben, mehr Überraschungseffekte einzubauen.



Mein größter Kritikpunkt ist jedoch die Tatsache, dass die Liebesgeschichte zwischen Jonata und Tristan die für mich viel interessantere Handlung komplett in den Hintergrund rückt. Heutzutage gibt es dieses Phänomen leider viel zu häufig, nur selten lese ich Jugendbücher, in denen es nicht um eine Liebesbeziehung geht. Natürlich richten sich Verlage, was das angeht, oft nach den Lesevorlieben der Zielgruppe - mir persönlich wurde es bei diesem Buch aber einfach viel zu viel. Direkt nach ihrer ersten Begegnung kann Jonata anscheinend an nichts anderes als an Tristan denken und umgekehrt. Immer und immer wieder lesen zu müssen, was für schöne waldhonigfarbene Augen letzterer doch habe, ging mir nach einiger Zeit einfach nur noch auf die Nerven.

Trotz alldem habe ich auf das Ende hingefiebert, in der Erwartung einer großen Konfrontation von Licentia mit der realen Welt - leider Fehlanzeige. Statt einem fesselnden Showdown wird Jonata einfach nach Strich und Faden belogen, was ihre Identität angeht, sie nimmt schweigend alles hin und spielt weiterhin das ahnungslose Lämmchen. Ich muss gestehen, ich hätte sie gerne das eine oder andere Mal durchgeschüttelt und sie energisch dazu aufgefordert, ihr Gehirn einzuschalten und Dinge zu hinterfragen. Stattdessen steht man am Ende wieder am Anfang, wenn man mal von dem neuen Liebespärchen absieht, zudem bleiben viele Fragen offen. Auch wenn eine Fortsetzung geplant wäre (ich konnte im Internet leider keine Informationen diesbezüglich finden), konnte mich das Buch im Hinblick auf das Ende ebenfalls nicht überzeugen.

Abschließend lässt sich sagen, dass hinter dem Buch eine geniale Idee steckt, deren Umsetzung meiner Meinung nach aber mehr als dürftig ist. Bedauerlicherweise kann ich es deshalb nicht uneingeschränkt weiterempfehlen.




Fazit:

Obwohl in „Das Auge von Licentia“ eine große Menge Potenzial steckt, konnte mich der Titel nicht für sich einnehmen. Nicht nur die meiner Meinung nach viel zu kitschige und eigentlich unnötige Liebesgeschichte, sondern auch die vielen unbeantworteten Fragen dämpften das Lesevergnügen bei mir extrem. Wirklich schade, es hätte so viel mehr aus der Idee, die dahinter steckt, gemacht werden können.
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