Rezension zu "Palast der Erinnerungen" von Debra Dean
Die Schönheit der Kunst erhellt jede Finsternis
Im Winter 1941, die Deutschen stehen kurz vor Leningrad, packt die junge Museumsführerin Marina in der Eremitage die Kunstschätze für den Abtransport zusammen. Die Menschen bleiben zurück in der belagerten Stadt und mit ihnen der Hunger und der Tod.
Sie lebt mit ihrem Onkel und dessen Familie in den Kellern unter dem Museumsschloss, hält nachts auf dem Dach Wache, um Brandbomben möglichst schnell zu entdecken und zu entfernen. Um Kraft zu schöpfen, geht Marina durch die leeren Säle und ruft sich jedes Bild ins Gedächtnis - sie baut sich "Gedächtnispaläste". Es ist ihre Obsession. Die Erinnerung an die Gemälde helfen ihr gegen Kälte und Trauer.
Als sie über sechzig Jahre später an Alzheimer erkrankt und die Gegenwart um sie herum ins Dunkel gleitet, stellt Debra Dean dies jedoch nicht als "Katastrophe" dar. Marinas Aufmerksamkeitsspanne wird zwar geringer, aber dadurch kann sie sich - wie durch eine Lupe - besser auf die kleineren Freuden und Genüsse des Lebens konzentrieren und... Es sind die Bilder der Eremitage, die in ihrem Gedächtnis weiterleuchten.
Marina verwebt die Erinnerung der Bilder mit der Wirklichkeit.
Die Romanhandlung verläuft in zwei parallelen Szenarien: einerseits das von den Deutschen belagerte Leningrad, in dem die hungernden Menschen versuchen, ihre Menschlichkeit zu bewahren. Andererseits die USA heute, wo die an Alzheimer erkrankte Marina in ihrer eigenen Erinnerungswelt lebt, teilweise ihre Kinder nicht mehr erkennt.
Es ist ein erstaunlich reifes Buch. Liebevoll, romantisch, anrührend und realistisch in der Schilderung des Krieges wie der Schönheit der Bilder, die ihre Heldin Marina sich zu bewahren versucht. Es ist eine erstaunliche Collage aus Liebes-Kiegs-Überlebensroman.
Debra Dean sendet einen tröstlichen Gedanken in ihrem Romandebüt:
Es ist die Schönheit der Kunst, die jede Finsternis erhellt.