In Daraya, Vorort von Damaskus in Syrien, wütet der Krieg in verheerender, brutaler und zerstörerischer Wut. Daraya ist für Baschar al-Assad ein riesiger Dorn in seiner Politik. Unentwegt erklärt er der Welt, dass die Stadt voll mit Terroristen sei. Ohne jegliche Skrupel lässt er Daraya bombardieren, hält Lebensmittellieferungen zurück, tritt den Freiheitskämpfern mit Festnahme und Folter entgegen. Doch die Menschen in Daraya, wiedersetzen sich Assad, weil sie sich eine Demokratie für Syrien wünschen, weil sie ihre Meinung frei äußern wollen. Sie wollen keine Folter, kein menschenverachtendes Leben, keinen Diktator an der Macht. Mitten in dieser Zerstörung gibt es einen geheimen, magischen Ort, von dem das Regime nichts wissen soll. Eine unterirdische Bibliothek, voll mit Büchern, die die Männer zumeist unter Einsatz ihres Lebens aus den Trümmern geborgen haben. Eine Bibliothek voll mit Literatur, mit Romanen genauso wie mit Sachbüchern. Die Männer und Frauen von Daraya flüchten in die Welt der Worte.
Als Delphine Minoui durch Zufall ein Bild auf Facebook entdeckt, bei dem Männer inmitten von kriegerischer Zerstörung vor einem Büchregal posieren, ahnt sie nicht, in welche brutale Realität sie reisen wird. Wie nah ihr das Leben und das Kämpfen der Bürger von Daraya gehen wird. Langsam entwickelt sich die Idee, ein Buch zu schreiben. So entsteht nach und nach eine Art Zeitzeugenbericht, den Delphine Seite für Seit festhält. Dieses Buch ist das Sprachrohr für die Männer von Daraya, die der Welt zeigen wollen, dass sie keine Terroristen sind, dass das Regime sie zu Sündenböcken machen will, dass Daraya für Assad ein einziger Schandfleck ist, weil die Bürger von Daraya sich nichts sehnlicher wünschen, als in einer Demokratie zu leben. "Die geheime Bibliothek von Daraya" hat es wirklich gegeben und jeder einzelne Satz im Buch von Delphine Minoui ist eine Hommage an das Lesen und an die Bücher dieser Welt. Die Kraft und die Liebe zur Literatur vereint die Menschen von Daraya. Sie gibt ihnen den Halt, den sie in der vollkommen abgeschnittenen Stadt brauchen. In dieser Liebe empfinden sie die Hoffnung auf ein besseres Leben.
Delphine Minoui erzählt in einzelnen Kapiteln von den unterschiedlichen Träumen der Menschen von Daraya, von ihren täglichen Erlebnissen inmitten eines Krieges. Dabei ist der Wechsel von glücklichen Momenten zu grausigen Szenerien beinah fließend. Mich hat dieses Buch sehr berührt, schockiert und zum Nachdenken angeregt. Warum ließ die Welt die Menschen von Daraya allein? Gibt es ein höheres Gut, als das Leben unschuldiger Menschen? Ich bin verärgert, dass so wenig von Daraya in den Medien berichtet wurde, dass den Lügen von Assad Glauben geschenkt wurde und dabei Menschen gefoltert wurden, sei es körperlich oder seelisch. Dieses Buch zeigt mir aber auch, dass man nur das beurteilen sollte, was man selbst gesehen hat. Was einem von jemandem erzählt wird, der es miterlebt hat. Kein Generalverdacht für Menschen, die flüchteten, weil sie sich nur Frieden wünschen. Diese Welt sollte gegen Terrorismus vorgehen, keine Frage, aber sie sollte vorher genau schauen, wem sie diese Radikalisierung unterstellt.
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