Delphine Papin

 4,6 Sterne bei 39 Bewertungen
Autor*in von Atlas der Unordnung.

Lebenslauf

Delphine Papin, die am Institut français de géopolitique promoviert hat, leitet die Abteilung Infografik und Kartografie der Zeitung Le Monde. Sie hat zwei Jahre lang an dem Programm "Le Dessous des cartes" und an zahlreichen Atlanten mitgearbeitet, darunter "L'Atlas global" (Les Arènes, 2014).

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Delphine Papin

Cover des Buches Atlas der Unordnung (ISBN: 9783806244274)

Atlas der Unordnung

(39)
Erschienen am 30.03.2022

Neue Rezensionen zu Delphine Papin

Cover des Buches Atlas der Unordnung (ISBN: 9783806244274)
Hundertmorgenwalds avatar

Rezension zu "Atlas der Unordnung" von Delphine Papin

Hundertmorgenwald
Spannend und komplex

Was sind Grenzen und wie wurden sie festgelegt?
Die Antwort erscheint erstmal einfach, doch es ist ein komplexes Thema, welches Delphine Papin und Bruno Tertrais in diesem Buch angehen.

Der Westfälische Friede 1648 schrieb die ersten Landesgrenzen fest und zwischen Russland und der Türkei wurde schließlich die moderne Staatsgrenze erfunden. So konnte man Epidemien eingrenzen, aber auch verhindern, dass sich jemand seinen Steuern oder der Wehrpflicht entzog.

Die meisten Grenzen entstanden erst nach 1800.
„Von Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1914 wurde im Zuge der Staatenbildung die ganze Welt eingegrenzt. Mehr als die Hälfte aller Landgrenzen stammt aus den Jahren 1875 bis 1924. Fast zeitgleich schlossen die USA (1890) und Russland (1860) die „Eroberung“ ihrer riesigen Landflächen ab.“

Es gibt „natürliche“ Grenzen (Flüsse und Gebirge) und „künstliche“ Grenzen.
„Natürliche“ Grenzen können dabei genauso komplex, unfair und umstritten sein, wie „künstliche“ Grenzen gerecht und friedliche sein können.

Die französische Originalausgabe erschien 2021. 2020 gab es 311 internationale Landesgrenzen, die zwei Staaten trennen.

In 60 Schaubildern und 5. Kapiteln erläutern Delphine Papin und Bruno Tertrais verschiedene Grenzthematiken.

Kapitel 1: Grenzen als Vermächtnisse
Hier wird z.B. die wachsende Zahl der Grenzen von vor 1800 bis heute aufgezeigt und die verschiedenen Ansichten von Kulturgrenzen.

Kapitel 2: Meere und Grenzen
Wie wird eine Grenze im Meer und im Fluss gezogen? Wo fängt das Hoheitsgebiet an?
Hier geht es vor allem auch um Bodenschätze, Erdölvorkommen und Fischerei. Jede Menge Stoff für Konflikte, in ganz unterschiedlichen Regionen der Erde. Da kriselt es sogar zwischen den USA und Kanada.

Kapitel 3: Mauern und Migration
Welche Mauermodelle gibt es?
Es gibt immer mehr Mauern. 2015 hatte Europa schon fast mehr physische Barrieren an seinen Grenzen als zur Zeit des Kalten Krieges. Grenzen werden zum Friedhof und Pässe und Visum zum Schlüssel. Die Berliner Mauer war da mit 3,6 m im Vergleich zu anderen Mauern noch klein.

Kapitel 4: Spezielle Grenzen
Exterritoriale Liegenschaften, in denen das Gastgeberland keine Hoheitsrechte hat, Enklaven, Mikroländer und absurde Grenzverläufe. In diesem Kapitel finden sich jede Menge Kuriositäten. Z.B. ein Bauernhof in Australien, der zu Groß-Britannien gehört. Oder Belgien hat 22 kleine Enklaven in den Niederlanden. Und in dieser Enklave befinden sich wiederum Enklaven der Niederländer.

Kapitel 5: Umstrittene Grenzen
Fast alle Länder der Erde liegen im Streit um ihre Grenzen. D.h. nicht zwangsläufig, dass es auch Krieg gibt. Auch in Europa gibt es 15 Unstimmigkeiten, darunter auch die Frage, wo am Bodensee die Grenze zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz verläuft. Neben den bekannten „heißen“ Grenzkonflikten versuchen auch Großmächte ihre Grenzen wieder auszuweiten und das ist nicht Putin alleine.



Meine Meinung:

Ich finde das Buch sehr interessant. Ich hätte nicht gedacht, dass es so viel über Grenzen zu sagen gibt. All die Fragen und unterschiedlichen Themen waren sehr spannend. Ganz besonders mochte ich die geschichtlichen Hintergründe und die Erklärungen, wie Grenzen festgelegt werden. Bisher habe ich Grenzen als eher etwas Trennendes erlebt und empfinde das nun anders. Da wo Grenzen klar sind und man sich einig ist, herrscht Ordnung, um den Titel aufzugreifen.
„Eine Grenze bedeutet unter anderem, dass Frieden geschlossen wurde.“ Michel Foucher

Allerdings ist „Der Atlas der Unordnung“ nicht ganz so leicht zu lesen. Obwohl ich denke, dass ich mich in Geografie ganz gut auskenne, musste ich so einige Mal googeln, um etwas zuordnen zu können. Hier hätte ich mir auf jeden Fall mehr Erklärungen gewünscht und auch mehr Hintergrundinformationen zu einzelnen Konflikten.

Die Karten sind komplex und man muss sich Zeit nehmen, um sie in ihrer Vielschichtigkeit zu verstehen.

Cover des Buches Atlas der Unordnung (ISBN: 9783806244274)
bstbsalats avatar

Rezension zu "Atlas der Unordnung" von Delphine Papin

bstbsalat
Umfangreiches Wissen über geopolitische Grenzen, für meinen Geschmack etwas trocken

Hallo, mein Name ist Henrike und ich stehe auf Landkarten!


Das spannendste am Erdkunde-Unterricht in der Schule war für mich das Herumblättern und Entdecken im dunkelblauen Diercke Atlas. An der Uni habe ich freiwillig Vorlesungen zum Thema Kartografie besucht, obwohl das rein gar nichts mit meinem Studium zu tun hatte. (Ich habe es trotzdem geschafft, eine Seminararbeit über Karten in Fantasyromanen zu schreiben!) Ich habe einen alten Miniglobus, auf dem die DDR noch existiert, einen antiquierten Atlas, der buchstäblich auseinanderfällt, und an meiner Wand hängt eine Weltkarte, deren dekorativer Text in Latein geschrieben ist. Kurz gesagt: Karten faszinieren mich fast so sehr wie Lexika! Besonders spannend finde ich sehr alte Karten.


Deshalb habe ich Atlas der Unordnung unbedingt lesen wollen, als ich von dem Buch erfahren habe: sonderbare Grenzen, ein Buch voller Karten mit ganz besonderen Schwerpunkten? Count me in!


Aussehen und Haptik

Als erstes fällt natürlich das Cover und das annähernd quadratische Format vom Atlas der Unordnung auf. Optisch finde ich das Buch sehr ansprechend und das Cover-Design mit den leichten Verschiebungen in den senkrechten Streifen hat mich direkt neugierig gemacht. Allerdings ist das Buch durch das Format nicht besonders handlich – es ist definitiv zum Hinsetzen und in Ruhe Durchblättern gemacht.


Die fünf Kapitel “I – Grenzen als Vermächtnisse”, “II – Meere und Grenzen”, “III – Mauern und Migration”, “IV – Spezielle Grenzen” und “V – Umstrittene Grenzen” beginnen jeweils mit ein paar Seiten Fließtext, die grundlegendes Wissen über verschiedene Arten von Grenzen oder historische Verhältnisse liefern. Ganz am Anfang steht ein einleitendes Kapitel, das die Motivation dieses Buches und die aktuelle geopolitische Situation umreißt.


Die Karten selbst finde ich super gestaltet: anhand von umfangreichen Legenden werden verschiedenste Elemente hervorgehoben – je nachdem, was die jeweilige Karte abbilden und ausdrücken soll. Der Stil ist sehr einfach gehalten, sodass teilweise nur Flächen und Linien enthalten sind. Es geht eben um Grenzen, meistens zwischen Ländern, und nicht um beispielsweise Höhenunterschiede. Durch dieses Abstrahieren und auch durch unterschiedliche Perspektiven und Formen der Karten ergibt sich ein abwechslungsreiches Gesamtbild, das auf jeder farbigen Doppelseite etwas Neues entdecken lässt. Allerdings hat das auch den Nebeneffekt, dass der Atlas der Unordnung nicht immer einheitlich wirkt und seinem Namen alle Ehre macht.


Weil Atlas der Unordnung aus dem Französischen übersetzt wurde, ändert sich natürlich die Textlänge. Weil das Buch ein festgelegtes Layout hat – die Karten und ihre Begleittexte sind immer auf einer Doppelseite – entstehen dadurch große Leerräume in den reinen Text-Kapiteln. Das sieht merkwürdig aus und fühlt sich irgendwie unfertig an. Als Verlag hätte ich mich vermutlich darum bemüht, die Erlaubnis dafür zu erhalten, die Zitate berühmter Leute innerhalb des Buches frei zu verteilen, die jetzt noch vor der Einleitung auf einer Doppelseite zusammengequetscht werden. Das wäre meiner Meinung nach jedenfalls besser als komplett leere Seiten, die aufgrund des Layouts nicht befüllt werden können.


Inhalt

Ich habe das Gefühl, als könnte ich aus dem Atlas der Unordnung sehr viel lernen. So viel, dass ich es gar nicht auf einmal aufnehmen kann. Den Autor*innen unterstelle ich definitiv Fachwissen und Kompetenz auf diesem Themengebiet! Da ich mich schon lange nicht mehr mit geografischen Dingen beschäftigt habe, fehlte mir anfangs die Grundlage, um wirklich alles direkt zu verstehen – manche Fachbegriffe musste ich trotz der Erklärung im Buch googeln – aber je länger und häufiger ich gelesen habe, desto verständlicher wurde mir das Ganze.


Ich fand es spannend, aus historischer oder auch aktueller Perspektive auf unterschiedlichste Grenzen zu schauen und ihre Entwicklung zu sehen. Tatsächlich habe ich zum Beispiel endlich verstanden, was es mit den verschiedenen Zonen der Küstenregionen auf sich hat. Dafür gibt es im Buch eine Art Querschnitt, der aufzeigt, in welcher Entfernung welche Hoheit gilt und wem Bodenschätze oder Güter im Wasser gehören. An anderer Stelle zeigen kleine Schaubilder, welche unterschiedlichen Grenzverläufe es in Flüssen gibt oder welche Mauern in der Vergangenheit aus welchen Gründen gebaut wurden. Dabei sind die Daten sehr aktuell: Sogar die Schutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie (zum Beispiel Grenzschließungen) fließen schon in den Atlas der Unordnung ein.


Minuspunkte

Die Karten und kurzen Erklärungstexte fand ich super, aber die restlichen Textblöcke waren, so informativ sie auch sein mögen, mir einfach zu trocken. Natürlich soll der Atlas der Unordnung Wissen vermitteln und erreicht dieses Ziel auch wunderbar. Es ist nur so: Ich habe einen anderen Stil und eine andere Sprache erwartet, lockerer und unterhaltsamer, als es letztendlich der Fall war. Dabei kann ich nicht beurteilen, ob diese Eigenschaft vom Original stammt oder in der Übersetzung aus dem Französischen ins Deutsche entstanden ist.


Ich musste das Buch jedenfalls immer wieder beiseite legen, weil es mich nicht über längere Zeit fesseln konnte. Und meine Motivation, es wieder aufzunehmen und am Stück weiterzulesen, hielt sich auch in Grenzen. Da habe ich lieber durch die Karten geblättert und mal hier, mal da angelesen oder die Symbolik und Legenden zu durchschauen versucht. Für mich wird dieses Buch eine Art Coffee Table Book: ein Buch, das ich viele Monate lang nicht anschaue, aber in der richtigen Laune dann stundenlang darin stöbere.


Der Atlas der Unordnung ist nicht mein erstes Buch aus dem Verlag wbg Theiss, aber er bestätigt leider meinen Eindruck von damals, als ich Winter is Coming. Die mittelalterliche Welt von Game of Thrones gelesen habe: Die Bücher aus diesem Verlag mögen sich an ein breites Publikum mit speziellem Wissensinteresse richten, aber dieses Wissen ist leider auf eine Weise verpackt, die mir persönlich nicht so sehr zusagt. Wenn ich auf so trockene Weise lernen möchte, dann kann ich auch normale Schulbücher in die Hand nehmen. Ich werte dies als zweiten gescheiterten Versuch, mit dem Verlag und seinen Büchern warm zu werden, und gehe in Zukunft etwas distanzierter an ihn heran.


Fazit

Der Atlas der Unordnung bietet viel abwechslungsreiches historisches wie aktuelles geopolitisches Wissen über verschiedenste Arten von Grenzen, wobei der Fokus auf solchen Grenzen liegt, die irgendeine Form der Besonderheit aufweisen: Das sind zum Beispiel Konflikte über Grenzverläufe (ganz aktuell: Russland-Ukraine), Schmugglertunnel unter mehreren Reihen Stacheldraht und Mauern hindurch oder der Schengen-Raum. Für meinen Geschmack sind die Text-Kapitel aber zu trocken und das Buch dadurch zu unangenehm zu lesen. Ich bin wohl einfach nicht das Zielpublikum des Verlags, obwohl ich Karten unglaublich faszinierend finde. Meine Erkenntnis: Das gilt wohl überwiegend für historische Karten.

Cover des Buches Atlas der Unordnung (ISBN: 9783806244274)
L

Rezension zu "Atlas der Unordnung" von Delphine Papin

Lesensundspielenddurchsleben
Lesenswert und fesselnd, gut gemacht

Das Buch hat mich mit seinem Cover sehr angesprochen. Das Cover trifft genau die Absicht des Buches und eröffnet schon, um was es gehen soll. Auch der Untertitel gibt Aufschluss: 60 Karten über sichtbare, unsichtbare und sonderbare Grenzen.

Allein die Zitate zum Thema Grenzen haben mich in den Bann gezogen, haben mich teils verstört und verärgert. Jedenfalls wirklich eine gelungene Zusammenstellung.

Im Inhaltsverzeichnis sieht man schon, wie das Buch aufgebaut ist. Grenzen und Vermächtnisse, Meere und Grenzen, Mauern und Migration und Spezielle Grenzen sind die Überschriften, die das Inhaltsverzeichnis strukturieren und dem Buch sein Skelett geben. So kam es bei mir auch, dass die ersten Übersichtskarten bekannter waren vom Inhalt, es dann aber immer wieder ganz neue und unbekannte Gebiete gab, wo ich mich noch so gar nicht ausgekannt habe. Auch sehr aktuelle Konflikte werden einbezogen und auch Faktenchecks gemacht, etwa bei Trumps Ankündigung der Mauer und dem tatsächlichen Mauerbau. Das Buch war sehr informativ und hat mich zum Schmöckern eingeladen. Vieles war bekannt, aber auch sehr vieles neu. Kuriositäten haben mich besonders in den Bann gezogen. Mit dem Buch wurde mir wieder so bewusst, wie sehr Grenzen willentlich gezogen werden, Fakten zu schaffen versuchen und sich ändern. Ich fand das Buch dementsprechend spannend und mit den Karten auch gut aufgearbeitet.

Gespräche aus der Community

Bisher gibt es noch keine Gespräche aus der Community zum Buch. Starte mit "Neu" die erste Leserunde, Buchverlosung oder das erste Thema.

Community-Statistik

in 43 Bibliotheken

auf 2 Merkzettel

von 1 Leser*innen aktuell gelesen

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks