Cover des Buches Flankengott (ISBN: 9783764504069)
Rezension zu Flankengott von Dennis Bartz

Rezension zu "Flankengott" von Dennis Bartz

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 12 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 12 Jahren
Paul und Tina sind nun seit sieben Jahren zusammen und als "Paulina" auch richtig glücklich miteinander. Sie führen eine mehr oder weniger erfüllende Beziehung und haben sich in ihrer eigenen Wohnung gut mit den Wünschen und Bedürfnissen des jeweils anderen arrangiert. Mit der Zeit ist bei beiden die Normalität und der Alltag in ihr Leben aber auch in ihre Beziehung eingekehrt. Als jedoch immer mehr Pärchen aus ihrem Freundeskreis ein Kind erwarten, oder zumindest den Kinderwunsch in Angriff nehmen, wie Tina zunehmend nervös. Auch sie will nun nach immerhin sieben Jahren Beziehung, endlich den nächsten Schritt wagen. Schließlich sind beide mehr als glücklich miteinander. Was steht dem Babyglück also noch im Weg? Paul: Denn der fühlt sich damit total überrumpelt. Er wollte damit noch ein wenig warten, sein Leben ohne die mit dem Vatersein verbundene Verantworten genießen und seine Karriere in Angriff nehmen. Als Tina ihn also während des Sex auffordert, ihm ein Kind zu machen, zieht Paul die Notbremse. Doch als sich Tina daraufhin von ihm zurückzieht, wird Paul klar: Die Entscheidung für oder gegen ein Kind ist gleichzeitig auch eine Entscheidung für oder gegen Tina! * Anfangs war ich "Flankengott" gegenüber mehr als skeptisch, denn diese Art von Literatur ist normalerweise so gar nicht mein bevorzugtes Genre. Ich erwartete also einen mehr oder minder seichten, oberflächlichen, durch Schubladendenken geprägten, "Männer-Roman". Da die Kundenrezensionen den Roman allerdings über die Maße lobten, freute ich mich, den Roman bald zu lesen. * Der Aufbau des Romans ist wirklich gut gelungen. Er ist gegliedert wie ein Fußballspiel, d.h. die einzelnen Kapitel (logischerweise 90) sind gleichzeitig die 90 Minuten Spielzeit. Da Paul ein großer Werder-Fan ist, fand ich diesen Aufbau ziemlich gelungen und erwartete nun einen witzigen Roman, der sich von der üblichen Unterhaltungsliteratur abhebt! * Anfangs schien es auch so, als sollten meine Erwartungen erfüllt werden. Zwischenzeitlich hat der Roman einige Passagen die eine wahre sprachliche Spitzenleistung sind. Der Autor lässt Paul unglaublich wortgewandt erscheinen, in dem er ihm gekonnt Wortwitze bzw. Wortspiele in den Mund legt, die dieser dann auch noch unglaublich locker und witzig über die Lippen bringt. Paul scheint richtig ironisch und zynisch zu sein, was mir anfangs unglaublich gut gefallen hat. Also stellte ich mich auf einen sympathischen Protagonisten ein, der sich selbst nicht allzu ernst nimmt. Leider wurde ich hier enttäuscht! * Paul erscheint schon in den ersten paar Kapiteln als unglaublich flach und oberflächlich. Ständig finden sich Vorurteile, Verallgemeinerungen und eine gänzlich oberflächliche Weltanschauung in seinen Gedanken wieder. Schnell habe ich gemerkt, dass der Paul, der mir zu Beginn so sympathsich und witzig erschien, leider nicht der wahre Paul zu sein scheint. Denn der Paul, wie der Leser ihn in den darauffolgenden Kapiteln kennenlernt, ist zudem teilweise auch noch ziemlich frauenfeindlich und extrem sexbesessen! In dem Roman wird der Mann an sich, für den Paul ja stellvertretend steht, als total triebgesteuert, oberflächlich und emotionslos dargestellt. Diese Darstellung mag zwar auf manche Männer im Kern durchaus zutreffen, aber bei Paul finden sich einfach alle negativen Eigenschaften in extrem überspitzer Form vor. So wird der anfangs so liebeswerte Sympathieträger schnell zum seichten, charakterlosen Durchschnittskerl. * Total angewidert wurde ich auch durch Pauls Verhalten seiner Freundin gegenüber! Er denkt oft recht schlecht über sie, schaut jeder Frau hinterher die auch nur ansatzweise attraktiv ist, hilft seiner Freundin so gut wie nie im Haushalt sondern denkt sich lieber Möglichkeiten aus, wie er sich vor der Arbeit drücken, oder sich so dumm anstellen kann, dass am Ende wieder alles an ihr hängen bleibt und verfällt mehr als einmal in das typische Schubladendenken: "Hausarbeit ist eben Frauensache". Teilweise fragt man sich, ob Paul Tina wirklich liebt, so wie er sich ihr gegenüber verhält. Oft kam es mir so vor, als nutze er sie nur aus. Aber sobald sich Tina wieder in der Nähe befindet, ist er ihr gegenüber total unterwürfig und tut alles, um sie zufrieden zu stellen und Streit zu vermeiden. Ein richtig scheinheiliger Kerl, dieser Paul! * Blöd ist allerdings, dass man nun auch mit Tina sich nicht wirklich identifizieren oder mit ihr sympathisieren kann. Bis zum Ende der Geschichte wurde ich mit ihr nicht richtig warm. Sie kam mir immer vor wie das typische Frauenklischee! Stundenlange einkaufen, ohne überhaupt etwas zu kaufen, den Freund zum gesünder Essen überreden, daheim in Schlabberpullis rumlaufen und sofort einschlafen, sobald der Freund auch nur ansatzweise Lust bekommt... Das waren mir dann mit der Zeit einfach zu viele Klischees und ich fand mich damit ab, zu Tina keine Bindung aufbauen zu können. * Doch dann: Halbzeit! Und mit der Halbzeit kam die Wende! Paul änderte sein Verhalten einmal um 180° und mutiert zu einem wirklich liebeswerten Kerl, so wie sich Mutti ihn als Schwiegersohn wünscht. Nebenbei entwickelte er einige liebeswerte Charaktereigenschaften und Fehler, die ihn nicht oberflächlich und dämlich, sondern nett und charmant erscheinen lassen. Zwar schaut er immernoch jedem weibliche Wesen hinterher, aber endlich darf man einen Blick hinter seine Fassade werfen und sieht, dass Paul in Wirklichkeit nur Augen für Tina hat und sie wirklich liebt! Endlich erkennt man, dass er kein emotionsloser Kerl, sondern zu tiefen Gefühlen durchaus in der Lage ist. Diese Wende hat mir unglaublich gut gefallen. Von da an macht das Lesen des Romans dann wirklich Spaß und ich konnte mich ganz auf die Handlung einlassen, die von nun an auch einiges an Niveau zulegte. * Die letzte Hälfte des Romans hatte endlich den Sinn und das Niveau, dass ich in der ersten "Halbzeit" so sehr vermisst habe. Sie konnte einige Mängel wieder wett machen und lies mich nach Beendigung des Romans einigermaßen zufrieden auf das soeben Gelesene zurückblicken. * Ich möchte "Flankengott an dieser Stelle gute 3 Sterne geben. Der Schreibstil ist wirklich gelungen und macht durch gekonnt eingesetzte Wortspiele einiges an Oberflächlichkeit und Niveaulosigkeit wett. Auch die zweite Halbzeit überzeugte mich davon, dass der Roman kein Reinfall war. Dennoch kann ich über die erste Hälfte nicht hinwegsehen, da mich einige Passagen zu sehr verärgert oder wütend gemacht haben. Ich empfehle den Roman jedem, der mit geringen Erwartungen an ihn herangeht und sich von anfänglicher Oberflächlichkeit nicht abschrecken lässt. Denn wenn man die erste Hälfte erstmal hinter sich hat, wird man die zweite als umso gelungener empfinden!
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