Dennis Etchison

 3 Sterne bei 13 Bewertungen
Autor*in von Blut und Küsse, Schockzone. und weiteren Büchern.

Alle Bücher von Dennis Etchison

Cover des Buches Blut und Küsse (ISBN: 9783404132928)

Blut und Küsse

 (4)
Erschienen am 01.09.1993
Cover des Buches Metahorror (ISBN: 9783453092990)

Metahorror

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Erschienen am 01.09.1997
Cover des Buches Die Gruselgeschichten des Jahres (ISBN: 9783453022089)

Die Gruselgeschichten des Jahres

 (2)
Erschienen am 01.09.1990
Cover des Buches Dennis Etchison: Metahorror (ISBN: B00709VYBI)

Dennis Etchison: Metahorror

 (1)
Erschienen am 01.01.1996
Cover des Buches DARK COUNTRY                7D (ISBN: 9781538488607)

DARK COUNTRY 7D

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Erschienen am 24.10.2017

Neue Rezensionen zu Dennis Etchison

Cover des Buches Blut und Küsse (ISBN: 9783404132928)
Nymphenbads avatar

Rezension zu "Blut und Küsse" von Dennis Etchison

Dunkle Kunststücke
Nymphenbadvor 6 Jahren

Dennis William Etchison gilt als einer der originellsten lebenden
Horror-Autoren in Amerika, gewann dreimal den British Fantasy Award als Autor und einmal den World Fantasy Award als Herausgeber.

The Blood Kiss (dt. Blut und Küsse) war Etchisons dritte Sammlung von Stories, die doch tatsächlich (und man wundert sich) von Bastei/Lübbe 1990 als bisher einzige Veröffentlichung des Meisters psychologischen Horrors auf deutsch erschien. Vermutlich ein Zufall, denn mit der Klasse, mit der Etchison aufwartet, lässt sich kein goldener Bart finanzieren. Das erklärt auch, warum er in Deutschland nahezu unbekannt ist und es kaum einer unserer Verlage angehen wird, diesen großartigen Autor für das hiesige Lesepublikum zu erschließen.

Der Reiz von Etchisons Geschichten, die er selbst so beschreibt: "...
ziemlich dunkel, bedrückend, fast pathologisch nach innen gerichtete
Fiktionen über den Einzelnen in seinen Bezug zur Welt." - wird von ihrer Skizzenhaftigkeit erzeugt. Geschehnisse werden anders beleuchtet als gemeinhin üblich. Hinter den Zeilen entsteht eine Menge dunkler Raum,der angereichert ist mit Unbenennbarkeiten. Er lädt ein, sich in ihm zu verlieren, es gibt keinen Weg zurück. In diese Texte dringt man ein oder man bleibt außerhalb stehen. Einen Mittelweg gibt es nicht. Die Sätze nehmen den Leser nicht bei der Hand noch lullen sie ihn ein. Am Ende bleibt das trockene Gefühl auf der Zunge, das Gefühl, etwas Verbotenes beobachtet zu haben, das man nicht ganz versteht, obwohl man es doch gesehen hat; wie ein Alptraum, an den man sich am Morgen nicht mehrerinnern kann. Roh liegen diese Texte vor uns, scheinen keinen Körper zu besitzen,
keinerlei Oberfläche, bestechen durch ihre raffinierte Tiefe und einen
einzigartigen Stil.

Cover des Buches Dennis Etchison: Metahorror (ISBN: B00709VYBI)

Rezension zu "Dennis Etchison: Metahorror" von Dennis Etchison

Wahrscheinlich der Teufel
Ein LovelyBooks-Nutzervor 10 Jahren

Dennis Etchison tut gut daran, in seinem erfrischenden Vorwort die herausragende Rolle der kurzen Erzählung für den phantastischen Literaturbereich herauszuheben und merkt an, daß die Tendenz der Leser zum Roman eher plakativ und Verlags-, das heißt Marktgewollt ist. Tatsächlich sind Romane meist breitgewalzte, vormals gute, Ideen - oder es sind mehrere Kurzgeschichten, die aneinandergekettet und hingepuzzelt werden. Etchison läßt Tennessee Williams zu Wort kommen: Es kommt auf die Konzentration an. Das Furchtbare muß komprimiert dargestellt werden. Das hatte ähnlich bereits Edgar Poe gefordert und erläutert das in seinem hervorragenden Essays "The Poetic Principle" und "The Philosophy of Composition" mit der Einheitlichkeit des Effekts:
"Und es liegt auf der Hand, daß solche Einheitlichkeit nimmermehr durchgehalten werden kann in Werken, welche nicht in einem Zuge zu Ende gelesen werden können."  Wie man auch immer heutzutage dazu stehen mag, steht es für mich außer Frage, daß eine Kurzgeschichte das wahre Talent nicht verbergen kann, daß sie die Paradedisziplin der ganzen Literatur darstellt, was nicht automatisch bedeutet, daß es keine Romane gibt, die es lohnt, zu lesen.

The Blues and the Abstract Truth ist ein Jazz-Album von Oliver Nelson aus dem Jahre 1961. Desweiteren ist es der Titel einer Story von Barry N. Malzberg, die er zusammen mit Jack Dann geschrieben hat. Beide Autoren sind mehr im Science-Fiction-Bereich tätig als in der phantastischen Literatur, dort aber sehr erfolgreich.
Von wem nun die Jazz-Verweise in dieser kurzen Geschichte (dt. "Melancholie und die abstrakte Wahrheit") ausgehen, ist leicht zu entdecken. In einem Interview von 2002 sagte Malzberg:
"Wenn Sie mich fragen, was ich liebe, werde ich antworten: Science Fiction. Ich denke, Science Fiction ist, gemeinsam mit Jazz, Amerikas großer Beitrag zur Weltkultur, genauso groß wie Jazz, genauso verschwenderisch und genauso wunderbar." Diese Erzählung würde ich als Midlife-Crisis-Horror bezeichnen. Sie ist nicht besonders weltbewegend, bedient sich allerdings der eigenwilligen Erzählhaltung des "Du" (Zweite Person).

Dreimal nominiert für den Bram Stoker Award in der Kategorie "Short Story" als Autor, und viermal für den Hugo Award als Herausgeber, hat Scott Edelmann mehr als 75 Kurzgeschichten verfasst, die in Magazinen wie "Twilight Zone" erschienen sind und deren Auflistung hier zu nichts führen würde, weil sie bei uns völlig unbekannt sind.
Bekannter hingegen sind seine Arbeiten für Marvel Comics wie Captain America oder X-Men.
Die Geschichte, um die es hier geht, heißt "Are you now?" (dt. "Sind Sie oder waren Sie?"), ein starkes, literarisches Stück, das in der McCarthy-Ära positioniert ist und in jedem Satz Anspielungen enthält, die man nicht ohne weiteres versteht, wenn man nicht genau weiß, um was es da ging. Hierzulande dürfte die Kenntnis über diese dunkle amerikanische Zeit, in der sich Freund gegen Freund wendete und viele Künstler zum Schweigen gebracht wurden - alles unter dem Banner der Hetzjagt gegen Kommunisten in den USA - noch viel weniger im Gedächtnis präsent sein als in den Staaten selbst. Scott Edelman vergrub sich in Bücher über jene Zeit und beschäftigtse sich mit den Anhörungen, in denen sehr oft die ominöse Frage "Are Yo Now?" auftauchte (was in der deutschen Übersetzung ohne Fußnote kaum einen Sinn ergibt.)

Lawrence Watt-Evans ist kein Autor phantastischer Literatur, sondern bekannt für seine Fantasy-Sagas wie die "Die Herren von Dus". Da ich derartige Literatur nicht lese, kann ich dazu nichts sagen. Für die phantastische Literatur ist möglicherweise "The Nightmare People" interessant, das aber nicht in Übersetzung erhältlich ist.
In der von James Turner herausgegebenen Sammlung "Spur der Schatten. Neue Geschichten aus dem Cthulu-Mythos" (Bastei/Lübbe) taucht Watt-Evans mit der Verwurstelung von Lovecrafts "Pickman's Modell" unter dem Titel "Pickman's Modem" auf. In "Metahorror" bleibt "Stab" (dt. "Ein Stich") eine der schwächeren Geschichten um einen Mörder, der mit seinem in jungen Jahren ausgeführten Todestich davongekommen ist und ihn nicht vergessen kann.

Auch Richard Matheson hat eine sehr knappe Erzählung beigesteuert, "Mutilator" (dt."Verstümmler") genannt. Seine Arbeiten seit "I am Legend" sind mehr oder weniger durchwachsen. Er legte stets mehr Wert darauf, mit dem Strom zu schwimmen, was ihn auf den Science Fiction-Boom der 50er Jahre aufspringen ließ und schließlich auch zum Film brachte (unter anderem schrieb er die Star Trek Folge "The Enemy Within (1966)).
Anne Rice konstatierte Mathesons Novelle "A Dress of White Silk" als frühen Einfluß, durch den sie auf phantastische Literatur überhaupt aufmerksam wurde. Und Steven Spielberg steckt ihn in einen Topf mit Bradbury und Asamov."
Wie dem auch sei, "Verstümmler" hätte sich Etchison für diese Anthologie sparen können.

Die hochdotierte Autorin Joyce Carol Oates, die aus irgendeinem Grund den Literaturnobelpreis noch nicht gewonnen hat, hat mit "Martyrdom" eine harte Geschichte geschrieben, die auch von Jack Ketchum stammen könnte, wäre er ein besserer Autor. Sie trifft hervorragend die Definition von Oates Auffassung einer Horror-Geschichte:
"Sie besitzt immer eine stumpfe Körperlichkeit, die keine erkenntnistheoretische Exegese auzutreiben vermag."  Und:
"Wir sind gezwungen, sie schnell zu lesen, mit einem steigenden Gefühl des Schreckens." Dieser "Schrecken" kommt in Form zweier paralell verlaufender Erzählstränge, die am Ende aufeinandertreffen.
Im ersten wird mit dem simulierten, dumpfen Bewußtsein einer Ratte die Jagt auf diese Spezies, die Folter im Labor usw. dargestellt. Im zweiten geht es um eine junge Frau, die von Geburt an nur als Lustmädchen betrachtet wird. Die Begegnung dieser beiden ist nicht nur ein symbolischer Klimax.

Kim Antieau hat mit "Briar Rose" (dt. "Heckenrose") ein poetisches Stück geschaffen. Einer Parabel gleich wird einer jungen Frau, die ihre Erinnerung verloren hat, diese von einem mysteriösen Tätowierer auf die Haut gestochen. Gleichermaßen zeigt diese Geschichte eine Katharsis auf, als die über und über tätowierte Frau ihre schmerzhaften Erinnerungen an ihr Leben in Form ihrer Haut wieder verliert. Auch sie hat einige Beiträge zu "Twilight Zone" geliefert, ist darüber hinaus mehr für ihre Jugendbücher (Das Leuchten der Sternschnuppen) bekannt.

Höchstwahrscheinlich machte Lisa Tuttle's Kolaboration mit George R.R. Martin ihren Namen auch hierzulande bekannt (Sturm über Windhaven), wobei auch noch die Sammlung "A Nest of Nightmares" (dt. "Ein Netz aus Angst" - die Übersetzung zeigt sehr gut, wie unglücklich Verlage diesbezüglich agieren), zu erwähnen ist. Die Geschichte "Replacements" (dt. "Ersatz") ist in dieser Sammlung allerdings nicht enthalten.
Tuttle, die eine bekannte Feministin und Herausgeberin des Sachbuchs "Encyclopedia of Feminism" ist, arbeitet in ihrem ganzen Werk vornehmlich mit starken Frauenfiguren.
In "Ersatz" geht es vornehmlich um die Unsicherheit eines Ehemanns, als seine Frau ihre Unabhängigkeit durch ein blutsaugendes Haustier stärkt. Tuttle sagte in einem Interview (Fantastic Metropolis): "Das war meine erste Post-Natal-Story. Meine Tochter war gerade sieben Monate alt und ich mußte mich in irgendeiner Weise mit meiner Mutterschaft beschäftigen. Denken Sie jetzt, was Sie wollen."

Ich selbst bin stets angetan von merkwürdigen Bildern. Ob es sich nun um "Das ovale Portrait" von Edgar Poe handelt, "Das Bild im Haus" von Lovecraft oder selbstverständlich um "Das Bildnis des Dorian Gray" von Oscar Wilde, bei dem man nur bedauern kann, daß er nur diesen einen Roman geschrieben hat.
Donald R. Burleson hat mit "Ziggles" ebenfalls dieses Thema aufgegriffen, zumindest am Rande und nicht besonders originell. Ziggles ist der Name einer Bleistiftzeichnung, die zunächst zusätzlich auf Bilderrätseln auftaucht, um dann irgendwann - Überraschung! - lebendig zu werden.
Burleson ist Autor einer Lovecraft-Studie, in denen er 13 Geschichten mit Hilfe dekonstruktiver Methoden untersucht, taucht in die faszinierenden ethymologischen Labyrinthe ein, benennt die reichlichen Unklarheiten und die unterschiedlichen Bedeutungsebenen. Aber das wäre dann ein anderes Kapitel.

Ramsey Campbell fehlt fast in keiner Anthologie. Und deshalb natürlich auch nicht in dieser. Obwohl er als Lovecraft-Epigone anfing, gelang es ihm im Laufe der Zeit, eine eigene Handschrift zu entwickeln.
"End of the Line" (dt."Am anderen Ende") soll wohl etwas Humor transportieren, was aber bleibt, ist das recht chaotisches Surrogat einer möglichen Erzählung.

Auch Karl Edward Wagner ließ sich von einem großen der "Weird Tales"-Fraktion inspirieren, nämlich von Robert E. Howard, und das gleich derart präzise, daß er sich Howards Figur Kane einfach aneignete und auch die Finger von Conan nicht lassen konnte. In den 70er und 80er Jahren galt Wagner als eines der herausragenden Talente der Phantastik, bevor er in den Alkoholismus abrutsche und schließlich dieser Sucht zum Opfer fiel. Did They Get You To Trade? (dt. "Tote sind das einzig Wahre") ist duch diesen Hintergrund nahezu kryptobiographisch zu lesen. Es ist das Portrait eines alternden Punkrockers, der weiß, daß er seine Zeit überlebt hat.
"Jeder Künstler hat etwas in sich - etwas Einmaliges, Erstklassiges -, das er geben kann. Manche haben mehr, manche weniger; aber es ist immer nur eine begrenzte Menge." Diese Geschichte bekommt in Anbetracht Wagners späterer Umstände eine gespenstische Note, die dem Geschriebenen erst einmal nicht zu Grunde liegt.

Der als stilistischer Perfektionist bekannte Science-Fiction-Autor M. John Harrison ist mit einer sehr rätselhaften und schier unergründlichen Erzählung vertreten, die "Gifco" überschrieben ist. Was Gifco ist, bleibt genauso im Schatten der Buchstaben hängen wie die ganze Geschichte. Paradox und komplex nennt das die Zeitschrift "Cemetary Dance". Es gibt wohl wenige Autoren, denen man gerne über dreißig Seiten hinweg folgt ohne hinter den Sinn der ganzen Sache zu kommen. Gifco ist besser aufgehoben in der Sammlung "Things that never happen", aus der sie entnommen wurde. Die Sammlung hat dabei den Vorteil, daß sie chronologisch aufgebaut ist und man die Herangehensweise und den Stil Harrisons, der aus Fixierungen und Kuriositäten besteht, so besser kennenlernen kann.

Als Whitley Striebers "The Wolfen" 1978 erschien, lieferte er einen Bestseller, an dem auch Hollywood nicht vorbei kam, als er in den 80er Jahren behauptete, von Aliens entführt worden zu sein und zwei Bücher darüber schrieb, erntete er selbstverständlich Spott. Man kann vieles sein und behaupten: nichts davon hindert daran, ein guter Schriftsteller zu werden, ganz im Gegenteil ist Normalität eher hinderlich.
"The Properties of the Beast" (dt. "Eins mit dem Tier") stammt von 1992 und spielt im Reich von Ken und Barbie. Nichts hindert daran, eine gute Geschichte zu erzählen, insofern man es kann. Bei Strieber bin ich mir nicht sicher.

Thomas Tessiers "In Praise Of Folly" (dt. "Zum Lob der Narretei") aus "Ghost Music and Other Tales" ist ein kleines makaberes Stück, das mit einem archaischen Ritus im alten Italien spielt, nur daß sich das Ganze auf amerikanischem Boden befinden, in einem verfallenen Miniaturpark nämlich. Die Geschichte ist außer in Metahorror ebenfalls in "Poe's Children: The New  Horror" enthalten. Der Herausgeber ist kein geringerer als Peter Straub.

William F. Nolan ist ähnlich wie Ramsey Campbell ein gern gesehener Gast in Anthologien (er soll in rund 200 davon vertreten sein). Er ist ein enger Freund Bradburys und wie dieser häufig mit Science Fiction beschäftigt. Bekannt wurde er durch "Logan's Run", der auch als Film adaptiert wurde (Flucht ins 23. Jahrhundert).
"The Visit" (dt. "Der Besuch") dreht sich um die Befragung eines Serienkillers. Die Geschichte lebt von der Pointe des letzten Satzes.

George Clayton Johnson ist der bekannte Drehbuchautor (unter anderem Co-Autor von "Flucht ins 23. Jahrhundert") der die erste Star-Trek-Folge überhaupt geschrieben hat. Auch "Ocean's Eleven" gehört zu seinen Werken. Interessanter sind seine Beiträge zu "Twilight Zone" und die Sammlung "All Of Us Are Dying"
Phantastik, sagt er, muß von etwas handeln, sonst ist sie einfach nur dumm. Es muß darin um die Menschen gehen, über die menschliche Art und Weise, muß einen anderen Blick auf die Unendlichkeit zulassen. Phantastik muß ein anderer Weg sein, das Paradoxe an unserer Existenz zu erkennen."
Johnsons Leben indes ist legendär: er wurde in einem Stall im Jahre 1929 geboren. Vom Schicksal nicht gerade begünstigt, gab er seinem Leben selbst eine Form. Im Alter von 15 begann er als Schuhputzer. Später, in der Armee, war er Zeichner und daran beteiligt, die komplizierten unterirdischen Leitungssysteme des Panamalkanal zu kartographieren. Ab den 50ern konzentrierte er sich auf die Arbeit als Schriftsteller und das führte zu der ungeheuerlichen Geschichte eines Casino-Bankraubs in Las Vegas.
Die Erzählung "The Ring Of Truth" (dt. "Der Klang der Wahrheit") ist in dieser typischen Twilight-Zone-Manier geschrieben und lebt daher natürlich ebenfalls von der Pointe.

David Morell ist natürlich der Vater von Rambo, von dem wirklich jeder halten darf, was er will.
"Nothing Will Hurt You" (dt. "Keiner wird dir etwas tun") ist solide Massenkost, vor allem etwas zu dick vorgetragen und hat atmosphärisch nichts zu bieten. Der 'Twist' ist schnell durchschaut und wird so penetrant angekündigt, daß man der Meinung sein könnte, Morell dachte wohl, der Leser würde sonst nicht begreifen, was vor sich geht. Im Grunde ein typischer Vielschreiber-Text, mit dem ich nicht viel anzufangen weiß.

Die mehrfach ausgezeichneten Geschichten von Steve Rasnic Tem sind auf deutsch nie erschienen. Auch er ist ein Opfer unserer kruden Verlagslandschaft, obwohl es ihn selbst wahrscheinlich kaum stören wird. Oft wird seine Arbeit mit Ray Bradbury und Shirley Jackson verglichen, ohne jedoch epigonal zu wirken. Ganz im Gegenteil fährt Tem ein Sammelsurium auf, das gerade richtig gelegen kommt für den Kenner der 'weird fiction'. Empfehlenswert wäre der Roman 'Deadfall Hotel', und wer sowieso seine Bücher in Englisch liest (was anderes bleibt ja kaum übrig), wird hier richtig bedient.
"Underground" (dt. "Unter der Erde") ist die Geschichte, in der sich die Erde, dem Meer gleich, eine Stadt zurückholt. Der Geschichte fehlt entschieden etwas an Kraft, um wirklich erstaunlich zu sein, dürfte kaum mehr als eine Gelegenheitsarbeit sein.

Robert Devereaux arbeitet in "Bucky Goes To Church" (dt. "Bucky geht zur Kirche") mit einem gedemütigten Teenager, der die halbe Stadt ausmerzt. Das ist aber nicht der Clou der Geschichte, der vielmehr darin besteht, was geschieht, nachdem er selbst von der Polizei niedergestreckt wurde. Das ist durchaus eine philosophische Überlegung wert.
Devereaux versichert, daß die Phantasie die Pflicht habe, all die bösartigen Orte so gut wie möglich zu beschreiben. Ebenso die Charaktere mit ihren Marotten, Macken und Extremen.

Malzbergs zweite Geschichte in dieser Anthologie ist eine kurze Parabel, Dumbarton Oaks überschrieben, in der sich Luzifer und Gott ein schallendes Gelächter über das Elend der Welt liefern. Am Interessantesten an diesem kurzen Text ist der Titel. Dumbarton Oaks beherbergt die Reaearch Library and Collection, deren Buchbestand die Hundertausend übersteigt. Das Landhaus ist legendär für seinen Byzantinischen Forschungsbereich. Ein überwältigender Garten und ein Museum, in dem auch Präkolumbianische und Europäische Kunst ausgestellt wird, runden das Bild weiter ab. Was das alles mit der Erzähung zu tun hat, kann ich nur dahingehend vermuten, daß es in der Bibliothek ein Buch gibt, das den Fall Luzifers in poetischen Bildern beschreibt: Eupolemius, entstanden im späten elften Jahrhundert. Ob das aber tatsächlich intendiert ist, kann hier nicht abschließend geklärt werden.


Chelsea Quinn Yarbo , die mit ihren Saint-Germain-Romanen für Aufmerksamkeit sorgte, stellt hier ihre Geschichte Novena vor, die mich vom Setting zusammen mit der von Whitley Strieber am wenigsten zu begeistern vermochte.


Die Erzählung "The Ghost Village" ohne die Kenntnisse des Blaue-Rose-Zyklus zu kennen, nimmt ihr zwar nicht die hervorragende Erzählkomposition, läßt aber die eigentliche Tiefe nicht zu. Dabei geht es gar nicht so sehr um eine chronologische Abfolge der Ereignisse, denn Straub verknüpft diese in einer ganz anderen Art und Weise, als es der Begriff des Zyklus für gewöhnlich impliziert.

Den eigentlichen Kern der "Blauen Rose" bilden die drei Romane Koko, Mystery und Der Schlund. Sie stellen gleichzeitig einen Meilenstein modernen Erzählens dar und gehören zum Höhepunkt des haufenweise mit Preisen ausgezeichneten Peter Straub. "Das Geisterdorf" ist ein modifizierter Auszug aus "Koko", mit dem Straub den World Fantasy Award gewann und führt uns in einr traumartige Landschaft Vietnams, wo sich die Grenze zwischen Lebenden und Toten mit einem hypnotisierenden Effekt aufzulösen beginnen. Diese Version der Geschichte ist ebenfalls in dem herausragenden Sammelband "Magic Terror" enthalten.


Cover des Buches Blut und Küsse (ISBN: 9783404132928)

Rezension zu "Blut und Küsse" von Dennis Etchison

Dunkle Träume auf Verfolgungsjagt
Ein LovelyBooks-Nutzervor 10 Jahren

Dennis William Etchison gilt als einer der originellsten lebenden Horror-Autoren in Amerika, gewann dreimal den British Fantasy Award als Autor und einmal den World Fantasy Award als Herausgeber.

The Blood Kiss (dt. Blut und Küsse) war Etchisons dritte Sammlung von Stories, die doch tatsächlich (und man wundert sich) von Bastei/Lübbe 1990 als bisher einzige Veröffentlichung des meisters psychologischen Horrors auf deutsch erschien. Vermutlich ein Zufall, denn mit der Klasse, mit der Etchison aufwartet, läßt sich kein goldener Bart finanzieren. Das erklärt auch, warum er in Deutschland nahezu unbekannt ist und es keiner unserer vielen Schrott-Verlage angehen wird, diesen großartigen Autor für das hiesige Lesepublikum zu erschließen.

Der Reiz von Etchisons Geschichten, die er selbst so beschreibt: "... ziemlich dunkel, bedrückend, fast pathologisch nach innen gerichtete Fiktionen über den Einzelnen in seinen Bezug zur Welt." - wird von ihrer Skizzenhaftigkeit erzeugt. Geschehnisse werden anders beleuchtet als gemeinhin üblich. Hinter den Zeilen entsteht eine Menge dunklen Raums, der angereichert ist mit Unbenennbarkeiten. Er läd ein, sich in ihm zu verlieren, es gibt keinen Weg zurück. In diese Texte dringt man ein oder man bleibt außerhalb stehen. Einen Mittelweg gibt es nicht. Die Sätze nehmen den Leser nicht bei der Hand noch lullen sie ihn ein. Am Ende bleibt das trockene Gefühl auf der Zunge, das Gefühl, etwas Verbotenes beobachtet zu haben, das man nicht ganz versteht, obwohl man es doch gesehen hat; wie ein Alptraum, an den man sich am Morgen nicht mehr erinnern kann. Das Gefühl aber verfolgt einen durch den ganzen Tag.
Etchisons Texte liegen roh vor uns, sie scheinen keinen Körper zu besitzen, keinerlei Oberfläche, bestechen durch ihre raffinierte Tiefe und einen einzigartigen Stil.

Dennis Etchison - Blut und Küsse, Erste Auflage 1990, Bastei/Lübbe. Das Buch ist noch relativ häufig und günstig zu bekommen.

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