Rezension zu "Hinab die Plejaden" von Dennis Hübel
Der Briefroman von Dennis Hübel ist ein Appell an das Menschsein. An die Freude. Die Tristesse. An die Schönheit. Die Hässlichkeit. An die Liebe. Den Hass. Und das Schweben dazwischen. Vor allem aber ist das Debüt von Hübel ein Appell an das Gefühl. Ein Gefühl, das ummantelt, fasziniert und degoutiert von der ersten bis zur letzten Seite. Der Roman ist in drei Bücher unterteilt. Die Dramaturgie fesselt, ohne zu ersticken. Lässt Raum zum Atmen. Zum Mitfreuen und- leiden. Bis sich der Kreis schließt.
"Wolken & Wasser:
In Jahren/Welten/Leben...
Dich wieder-finden!"
(Hübel, 2023, S.127)
Immer wieder erinnern Aufbau, Verstrickungen der Figuren, Fragen der Ethik und Moral an de Laclos "Gefährliche Liebschaften" und dann auch wieder nicht. Denn Hübel ist es gelungen, seinen Roman mit unverkennbarer Handschrift und gespickt mit Symbolik in unsere heutige digitale Zeit zu transportieren und in Form von Notizen, Briefen, Tagebuch- und Blogeinträgen, Vorlesungsmitschriften, Text- und Sprachnachrichten und Chats zu einem Seidentuch zu weben. Zart und ekstatisch bis zum verbrannten Haar.
Die Protagonist*innen sind authentisch. Mitten aus dem Leben. Aus jedem Leben. Ein bisschen Du. Ein bisschen Ich. Ein bisschen Wir. So ist es naheliegend, dass jeder ein Stück seiner selbst zwischen den Seiten finden wird. Hübel erzählt lebendig, mokant und gleichzeitig sensitiv. Er beleuchtet und entblößt unserer schnelllebiges digitales Hier und Jetzt und assoziiert historische Aspekte der Literatur- und Zeitgeschichte, er transportiert Wissen, ohne zu belehren, wirft Fragen auf zu Leben und Tod, Sinn und Sinnhaftigkeit, zu Freundschaft und Liebe, ohne einfache und eindeutige Antworten zu präsentieren.
Denn nichts ist einfach. Nichts eindeutig, wenn der Mensch Mensch ist. Was Eindeutigkeit suggeriert, muss nicht zwingend sein. Was ist, muss nicht zwingend Eindeutigkeit suggerieren.
Fortschritt und Entwicklung.
Fluch und Segen?
Der Mensch und die Zeit.
Die Zeit gibt und sie nimmt.
Ein ewiger Kreislauf, und der Mensch auf der ewigen Suche nach Liebe und Erfüllung. Oder ist es die Suche nach uns selbst?
"Hinabgezogen der Mond,
hinab die Plejaden-Mitte der
Nacht. Vergangen die Zeit,
Ich schlafe allein."
(Sappho, zitiert nach Hübel, 2023, S.160)