Die Reihe um das Bostoner Ermittlerduo Patrick Kenzie und Angela Gennaro ist schon in den 90ern erschienen („Darkness Take My Hand“ stammt aus 1996), und ich habe einige Bücher der Reihe damals im Original gelesen und verschlungen. Einige Bände habe ich die letzten Jahre auch auf deutsch gelesen; und freue mich, jetzt diesen hier zu haben. Vorab, es ist egal, in welcher Reihenfolge man die Bücher liest, die jeweiligen Fälle stehen immer im Vordergrund, und auch wenn man immer wieder im Groben auf die gleiche Cast trifft, macht nichts – alles was man an privaten Dingen über die Personen wissen muss, wird jedes mal neu erzählt, und wie gesagt, wichtig ist immer der Fall. Sehr sympathisch, finde ich.
Hier nun werden Kenzie und Gennaro von einer Psychologin engagiert; Diandra Warren. Seit man ihr ein Foto ihres Sohnes gesendet hat mit einer kurzen Drohung, lebt sie in Angst um ihn. Sieht ganz nach mafiöser Drohung aus, aber nachdem Gennaro und Kenzie den lokalen Mob überprüft haben, steht fest: diese waren es nicht.
Kurz darauf geschehen im Umfeld der beiden weitere sehr üble Todesfälle, und nein, auch hier keine Mafia, die die Hand im Spiel hatte – es zeigen alle Anzeichen auf einen Serienkiller, der seit Jahren im Gefängnis sitzt, und der Kenzie sehr genau zu kennen scheint.....
Der Klappentext ist hier tatsächlich mal sehr aussagekräftig, und mehr zum Plot zu verraten, grenzt an spoilern; ich halte mich also mal zurück ;-)
Geschrieben ist der Roman in der Ich-Perspektive; in Patricks Ich-Perspektive. Wir sind also bei den Ermittlungen immer ganz nah dran. Und da Patrick pragmatisch und lakonisch und mit sehr viel schwarzem Humor gesegnet ist, ist diese Reihe auch recht vergnüglich zu lesen. Cozy Crime ist dies aber nicht, ganz im Gegenteil, hier kommen echt mal wieder hartgesottene Krimi- und Thrillerfans auf ihre Kosten. Knapp 600 Seiten ein echt cooler, sehr intelligent geplotteter Thriller; mit einigen unerwarteten Twists, und extrem viel Action und Spannung. Und Härte. Wenn ich aktuelle Krimis / Thriller mit denen aus den 80ern und 90ern vergleiche, muss ich immer wieder sagen: damals war alles eine Nummer knackiger und härter. Lehane nimmt wenig Rücksicht auf zarte Gemüter, und Triggerwarnungen sucht man hier vergeblich. Die Ermittler sind cool, die Fälle noch cooler. Ein psychotischer Serienkiller ist ein psychotischer Serienkiller, und ob er eine schwere Kindheit hatte oder nicht – wen interessiert es? Boston meets Schweigen der Lämmer, und man hat als Leser starke Nerven – oder man hat keine Freude hieran :-)
Ich mag die Kenzie und Gennaro, und vor allem Angela hat es mir angetan. Eine smarte, toughe Lady, mit der man es sich besser nicht verscherzen sollte; und die doch auch ihre ruhigen und tiefgründigen Seiten hat.
Also, man merkt, ich war begeistert und gefesselt. Außerdem liebe ich ja die „altertümlichen“ Ermittlungsmethoden; Handies gab es noch nicht, und wenn man schnell ein Foto übermitteln wollte, musste dieses gefaxt werden (und feierte das als State of the Art ;-) ). Ach ja, welch nette Reminiszenzen...
Mein Fazit: Definitive Empfehlung an alle Thrillerfans!
Ich bedanke mich beim Diogenesverlag für das geniale Buch!