Rezension zu "Himmel, Hölle – und zurück ins Leben" von Jan Ullrich
Er gilt als einer der größten Sportler, die das Land je gesehen hat. 1997 gewann Jan Ullrich als bislang erster und einziger Deutscher die Tour de France. In den folgenden Jahren entfachte er mit seinen Duellen gegen Lance Armstrong und Marco Pantani eine nie dagewesene Radsport-Euphorie - und ließ Millionen von Menschen vor den Bildschirmen bei jedem Rennen mitfiebern. Doch nach seinem kometenhaften Aufstieg, folgte ein tiefer Fall. Nach Doping-Vorwürfen im Jahr 2006 wurde Ullrich von der Tour der France ausgeschlossen. Er beendete seine Profikarriere und zog sich aus der Öffentlichkeit beinahe vollständig zurück. Die Nachrichten um ihn rissen nicht mehr ab. Alkohol- und Drogenmissbrauch, Unfälle, Depressionen, Entzugskliniken - und schließlich der komplette Absturz auf Mallorca, bevor er sich dann schließlich langsam zurück ins Leben kämpfte. Nun erzählt er erstmals ausführlich von seinem tiefen Fall. Von seiner Kindheit in Rostock, von seinen größten Erfolgen, auf die seine dunkelsten Stunden folgten. Und was er aus all diesen Episoden gelernt hat – und weitergeben möchte. Die Geschichte von Jan Ullrich ist die Geschichte von einem Ausnahmesportler, der alle seine Grenzen überschreiten musste - um endlich seine Mitte und seine Lebensfreude wiederzufinden.
Als begeisterte Tour de France Schauende, komme ich natürlich nicht um Jan Ullrich herum. Zu sehr habe ich Udo Bölts‘ Ansporn „Quäl dich“ noch im Kopf. Daher war ich sehr gespannt, was er in seiner Biografie zu sagen hat, die er zusammen mit Dennis Sand schrieb und im Next Level Verlag erschien.
Natürlich bekam ich seinen Absturz mit. Die Medien waren voll davon. Doch das ist nur eine Seite der Geschichte. Nun endlich würde ich hoffentlich seine erfahren.
Dabei ist der Schreibstil unkompliziert. Es wird nicht zu ausschweifend fachgesimpelt, und wenn es doch ums Fahrradfahren geht, wird alles schlüssig erklärt.
Seine Geschichte berührt. Auch wenn es genug Leute gibt, die ihn nicht mögen. In meinen Augen ist er ein großartiger Sportler, vor dem ich meinen Hut ziehe.
Eindrucksvoll erzählt er seine Sicht auf die Dinge. Und seien wir mal ehrlich. Wer hat den Mut so schonungslos sich selbst gegenüber, ein Scheitern öffentlich einzugestehen? Und wohlgemerkt die Stärke zu haben und zu realisieren, dass sein Handeln alles andere richtig war.
Besonders mag ich sein Zitat „Selbst wenn er [der Traum] sich am Ende nicht erfüllen sollte, wird der Weg, den ich gegangen bin, mich weitergebracht haben, als ich gekommen wäre, wenn ich es nicht versucht hätte.“
Danke für diese tolle Biografie, die ich absolut auch nicht Radbegeisterten empfehlen kann. Ich denke, Selbstreflektion schadet niemanden. Und hier gibt es einige gute Ansätze für jeden. Ich vergebe fünf Sterne.