Das Frühjahr im Jahre 772 verspricht ein schönes zu werden, als die junge Seherin Helgard erschütternde Bilder sieht. König Karl zieht mit seinem Frankenheer in ihre Heimat ein. Es drohen Tod und Verderben. Helgard ist mit ihrer Ausbildung noch nicht am Ende, doch ihre Meisterin schickt sie auf die Reise und somit auf die Prüfung, ob die junge Frau eine richtige Wala werden wird. Helgard bekommt den Stab einer Vorgängerin anvertraut. Wird sie ihre Prüfungen bestehen? Wird ihr Volk den Überfall des Königs überleben? Und warum wurde der Stab nicht wie üblich mit seiner Besitzerin begraben?
Helgard befindet sich quasi noch in ihrer Ausbildung, als sie die Aufgabe bekommt, ihren Stamm der Westfalen durch Weissagungen zu leiten. Die Visionen einer Seherin wurden im 8. Jahrhundert sehr ernst genommen. Auf diese Weise haben die Menschen sich auf den Aufgriff vorbereitet und die Worte von Helgard nicht angezweifelt. Die Autorin Ute Zembsch hat dies gut in Szene gesetzt. In dem Glauben, mithilfe von hellsichtigen Menschen das eigene Schicksal verändern zu können, wird authentisch geschildert. Wobei die junge Frau nicht nur auf Zustimmung trifft. Es gibt auch Neider in den eigenen Reihen, und sie muss sich eben auch dieser Herausforderung stellen.
Obwohl Helgard noch eine sehr junge Frau ist, ist sie trotzdem glaubwürdig. Mir hat gut gefallen, wie hier die Geschichte erzählt wird. Der Glaube an die Götter und ihre Macht bestimmen das Leben der Sachsen, und ihre Seherinnen sind ihnen ebenso heilig. Dann fällt König Karl in diese Welt ein und will den christlichen Glauben verbreiten. Er kommt, um Angst und Schrecken, Tod und Verderben zu bringen, so sehen es die Menschen, die nahe der Syburg leben. Ihr Kampf um ihre Freiheit beginnt und wird ausführlich geschildert.
Die Mischung aus historischen Details dieser Epoche und fiktionaler Handlung hat mir gut gefallen. Helgard ist eine Protagonistin, die an ihren Aufgaben wachsen muss. Sie ist noch keine vollwertig anerkannte Seherin und muss sich trotzdem einer sehr schweren Zeit stellen. Sie macht das großartig. Helgard in diesem Leben zu begleiten, hat mir Spaß gemacht. Gleichzeitig erfährt man so einiges über diese Feldzüge gegen die Sachsen.
Natürlich wird hier nur ein kurzer Einblick in diese Zeit gegeben. Die Eroberung durch Karl der Große (748-815) fand über viele Jahre statt. Helgard und ihr Stamm stehen nur für einen kleinen Teil, dafür wird die Geschichte dieser jungen Frau umso spannender geschildert. Die Autorin versteht es, interessante Details, vor allem aus der Perspektive der Menschen, die erobert werden, lebendig werden zu lassen. Helgard kämpft um ihr Recht als Seherin genauso wie um ihre Freiheit, ihren Glauben weiterleben zu dürfen. Ihre Geschichte hat mir gut gefallen und ich hoffe darauf, dass es vielleicht noch ein Wiedersehen geben wird.