Cover des Buches Feuer und Stein (ISBN: 9783426518021)
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Rezension zu Feuer und Stein von Diana Gabaldon

Ich ziehe die Serie vor!

von Keeweekat vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Jetzt, da ich beides kenne, muss ich sagen, dass mir die filmische Umsetzung deutlich besser gefällt.

Rezension

K
Keeweekatvor 9 Jahren
Die TV-Verfilmung von "Outlander" hatte mich absolut positiv überrascht, weshalb ich neugierig auf die Buchvorlage von Diana Gabaldon war, seit Jahrzehnten ein Klassiker.
Weil ich Serie und Buch zeitnah gesehen bzw. gelesen habe, drängen sich mir natürlich die Vergleiche der beiden Werke auf. In dieser Rezension werde ich also auf Original und Adaption eingehen.

Nachdem ich das Buch gelesen habe, habe ich erkannt, wie perfekt Sam Heughan und Caitriona Balfe (die ich beide grandios finde), in den Hauptrollen besetzt sind. Die beiden Figuren sind komplex gezeichnet und es macht Spaß, ihr gemeinsames Abenteuer - und natürlich ihre große Liebesgeschichte - zu verfolgen.
Anders sieht es für mich bei der dritten Hauptfigur und Antagonisten des Buches aus, "Black Jack" Randall. Tobias Menzies gibt den Bösewicht in der Serie phänomenal, wenn es nach mir gegangen wäre, hätte er den Emmy bekommen sollen (leider gab es nicht mal eine Nominierung, was für eine Schande!). Sein Randall ist auf eine äußerst charismatische Art sadistisch, man liebt es, ihn zu hassen. Gabaldons Randall ist da deutlich eindimensionaler und lange nicht so faszinierend wie seine Film-Verkörperung. Hier war ich echt enttäuscht, denn Randall ist eine der wichtigsten Triebfedern der Geschichte.
Auch Frank Randall, Claires Ehemann (in der Serie ebenfalls gespielt von Tobias Menzies) enttäuscht im Buch, er bleibt absolut flach und ist nach seiner Einführung zu Beginn recht schnell wieder vergessen. Während man in der Serie mit ihm bangt und Claires Liebe zu ihm absolut nachvollziehen kann, gibt es im Buch keine Sekunde einen Zweifel daran, dass er das Match in der Gunst um Claire verlieren muss.
Andere Nebenfiguren (Geilis, Murtagh, Ned Gowan u.a.) sind im Buch aber ebenfalls überzeugend dargestellt.

Die Liebesgeschichte von Claire und Jamie entwickelt sich meiner Meinung nach im Buch etwas unkomplizierter als in der Serie. Gabaldon gibt den beiden zwar Zeit, zueinander zu finden, die Ereignisse überstürzen sich nicht, aber in der Serie schienen mir mehr Hindernisse zwischen den beiden zu stehen und allgemein empfand ich es hier viel spannender, wie sich alles entwickelt, weil nicht alles so offensichtilich schien.
Hinzu kommt noch, dass die Buch-Claire erschreckend selten an ihren Ehemann Frank denkt oder überhaupt daran, in ihre eigene Zeit zurückzukehren. Sie findet sich äußerst schnell in der Welt vor 200 Jahren zurecht und die harten und barbarischen Zustände (oder die Aussicht, vermutlich für den Rest ihre Lebens im 18. Jahrhundert gefangen zu sein) scheinen ihr keinerlei Angst einzujagend.
In der Serie sieht das anders aus. Hier reagiert Claire viel natürlicher auf ihre neue, unberechenbare Umgebung. Und vor allem: ihre Liebe und Sehnsucht zu Frank treiben sie an. Während ich über Buch-Claire immer wieder den Kopf geschüttelt habe, habe ich mit Serien-Claire gelitten. Was für ein Unterschied!

Was auch erwähnt werden muss: Irgendwo in der Mitte des Buches nimmt der sexuelle Teil der Handlung für mich Überhand. Ich meine, ich kenne die Serie, ich weiß, dass Jamie und Claire keine Kinder von Traurigkeit sind. Und in der Serie haben mir die Szenen gefallen. Aber im Buch wurde es mir aber einem gewissen Punkt einfach zu viel. Nicht etwa zu explizit (Gabaldon beschreibt die Liebesszenen weitestgehend harmlos und auch nicht besonders einfallsreich), aber einfach zu oft. Ständig und überall überkommt es die beiden, das zieht sich durch die Kapitel, ohne dass der Rest der Handlung namhaft vorangetrieben würde. Irgendwann wird selbst sowas nervenaufreibend. Außerdem: ein paar Mal wird die Grenze zum Kitsch doch etwas stark ausgereizt. Das habe ich in der Serie zum Glück nicht so empfunden.

Was bleibt zur Handlung im Allgemeinen zu sagen? Gabaldon weiß es, spannend zu erzählen, und das immerhin über 1120 Seiten hinweg. Ja, es schleichen sich Längen ein, bei denen ich mir gedacht habe, dass hier das Lektorat mit einigen Straffungen eine rundere Sache draus hätte machen können. Die einzelnen Handlungsstränge aus politischen Intrigen, Kämpfen, Geheimnissen, Gefahr und Flucht und natürlich der zentralen Liebesgeschichte von Jamie und Claire wissen zu überzeugen, auch wenn gerade zum Ende hin einiges zu einfach gelöst wird und ich manches als unlogisch oder unwahrscheinlich empfand.
Was ich außerdem vermisst habe, wäre eine lebhaftere, atmosphärischere Beschreibung von Land und Leuten gewesen. Während sich die Geschichte flüssig und hauptsächlich spannend für mich las und die meinsten Figuren vor meinem inneren Auge lebendig waren, blieben die Landschaft und das "schottische Flair" für mich etwas auf der Strecke. Bei einem Werk dieser epischen Länge hatte ich mich doch eine üppigere Ausgestaltung des Hintergrundes und mehr historische Details gewünscht.

Die Sprache erschien mir recht einfach und eher unauffällig, auch wenn einige Mitleser in meiner Leserunde, die die alte (gekürzte) Übersetzung noch kannten, meinten, die neue wäre im Vergleich deutlich holpriger.

Fazit: Ein Buch von epischer Länge, das ich trotz seiner über 1100 Seiten gerne und mit Spannung gelesen habe. Jamie und Claire sind starke und komplexe Protagonisten, deren Liebesgeschichte man gerne verfolgt. Beim Lesen blieben für mich allerdings einige Wünsche offen, vor allem, was den Charakter Jack Randalls angeht, Claires Motivationen und die atmosphärischen Beschreibungen.
Jetzt, da ich beides kenne, muss ich sagen, dass mir die filmische Umsetzung deutlich besser gefällt. Fans der Serie können, finde ich, mit guten Gewissen bei der Serie bleiben, ohne die literarische Vorlage gelesen zu haben.
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