Rezension zu "Der Zef'ihl, der vom Himmel fiel" von Dieter Bohn
Adrian Deneersen hat heikle Daten gestohlen, die einen der Glaubensgrundsätze des herrschenden geistlichen Triumvirats ad Absurdum führen, und er flieht, um sich seinem Prozess und dem sicheren Todesurteil zu entziehen. Er landet auf einer fremden, mittelalterlichen Welt, wo ihn ein durchtriebener Herrscher dazu zwingt, für ihn zu arbeiten. Er wird zum “Zef´ihl” ernannt, eine Mischung aus Magier und königlicher Berater, der sein überlegenes Wissen dazu einsetzen soll, das Land Kofane vor der Eroberung und Zerstörung durch das Reitervolk der Masuti zu retten. Adrian fügt sich, nicht zuletzt weil er beginnt, sich unter den menschenähnlichen Einheimischen zu Haus zu fühlen. Er versucht, mit den verfügbaren Arbeitskräften und Ressourcen Waffen herzustellen, mit denen die Invasoren aufgehalten werden können. Doch das ist nicht einfach, weil sich seine Kenntnisse auf Schulwissen beschränken und weil er sich an vieles nur vage erinnert. Und selbst wenn er erfolgreich sein sollte, hat er immer noch das Problem, dass die, die ihn nach wie vor verfolgen, nicht ruhen werden, solange er lebt.
Diese kurze Inhaltsangabe macht deutlich, dass “Der Zef´ihl, der vom Himmel fiel” viele gängige SF-Motive aufgreift und variiert. Am meisten erinnert Dieter Bohns Buch an Arkadi und Boris Strugatzkis Roman “Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein”. Beide spielen auf einem Planeten mit menschenähnlichen Bewohnern, in einer feudalen Gesellschaft, deren Entwicklung dem Mittelalter der Erde ähnelt. Wie Anton im russischen Roman darf Adriaan eigentlich nur beobachten und sich auf keinen Fall einmischen. Beide leben unerkannt unter Fremden – und beide höchst privilegiert –, bis es zu einer Krise kommt, die sie Partei ergreifen und in Aktion treten lässt.
Doch anders als bei den Strugatzkis ist sich in Bohns Roman zumindest der Herrscher bewusst, welches Potenzial sein “Gast” ihm bietet. Er ist vom ersten Kapitel an Herr der Lage und zieht von der Androhung roher Gewalt bis zu subtiler Verführung alle Register, um Adriaan zur Kooperation zu bewegen. Außerdem hat Adriaan nur das Wenige zur Hand, an das er sich erinnert und das die Handwerker der Stadt mit ihren begrenzten Mitteln herstellen können – manchmal mehr schlecht als recht.
Bohn schildert den Prozess der Produktion von Schutzkleidung, Waffen und Sprengstoff anschaulich und detailliert, die Erfolge ebenso wie die Rückschläge, ohne dass dabei jemals Langeweile aufkommt. Das liegt vor allem an den vielen interessanten Figuren, mit denen es Adriaan in der Hauptstadt Kofanes zu tun bekommt. Wie auch der Protagonist sind diese Männer und Frauen mit all ihren Stärken und Schwächen gezeichnet, sei es ihre Gewitzt- oder Beschränktheit, Hingabe oder Sturheit, Aufopferungsbereitschaft oder Brutalität. Dabei entsteht nie der Eindruck, der Erzähler würde auf die “Primitiven” herabblicken. Im Gegenteil: Immer wieder ist es Adriaan selbst, der sich (zum Teil gezwungenermaßen) lächerlich macht, zum Beispiel bei seinen öffentlichen Auftritten als Zauberer, um die Masuti einzuschüchtern.
Dieter Bohn gelingt es, altbekannte Motive auf eine ganz eigenständige, dabei überaus unterhaltsame Art und Weise zu variieren. Zu den inhaltlichen Stärken dieses Buchs kommt das große Vermögen des Autors, wirklich spannend zu erzählen – und das in einer Sprache und einem Stil, die das Lesen zu einem echten Vergnügen machen.
Unbedingt lesenswert!