Cover des Buches Der Tanz der Häsin (ISBN: 9783944788340)
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Rezension zu Der Tanz der Häsin von Dieter R. Fuchs

Die tanzende Häsin lenkt Geschicke

von Rolandpauler vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Eine faszinierende Geschichte voll von Schicksalsschlägen, Emotionen und psychologischem Einfühlungsvermögen. Dazu noch dezent lehrreich.

Rezension

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Rolandpaulervor 8 Jahren
Vorab eine Warnung für Leser, die morgens ausgeschlafen sein müssen: Mehrfach habe ich das Buch in der Nacht weggelegt, um endlich zu schlafen. Nach einigen Minuten habe ich weitergelesen, weil ich derart fasziniert von Inhalt und Stil war. Jetzt schreibe ich gähnend die Rezension, was ich ansonsten aufgrund von Faulheit vermeide. Vielleicht hat mich das Buch derart in seinen Bann gezogen, weil ich mich darin in mehreren Figuren wiederfinde – u a. Sandras Begeisterung für Forschung und ihre Liebe zu einem Behinderten oder ganz allgemein der Umgang der Protagonisten mit zum Teil schrecklichen Schicksalsschlägen.
Im Mittelpunkt des Romans steht die Metsuke-Figur der tanzenden Häsin, einer Frauengestalt mit Hasenkopf, aus dem Besitz des Autors. Dieser gibt ihr eine bewegte und bewegende Geschichte in drei Erzählsträngen. Zwei davon beginnen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, der dritte im Jahr 2014.
Die Kunsthistorikerin Sandra Haas erfindet sich neu, verändert ihr Aussehen und vor allem bricht sie beruflich aus dem Alltagstrott aus. Sie verzichtet auf eine Anstellung an der Universität München, die mit einem Forschungsprojekt für ihre Doktorarbeit verbunden ist. Das alte, vom Doktorvater und Arbeitgeber gestellte Thema ödet sie an, sie brennt für ein anderes: Der Einfluss japanischer Kunst auf die Künstler des Blauen Reiters. In Zusammenhang mit diesem Thema stößt sie auf die tanzende Häsin. Eine Zeichnung ihres Ururgroßvaters von dieser schafft die Verbindung zu dem Erzählstrang, der 1914 in St. Petersburg beginnt.
Die Figur der tanzenden Häsin soll zusammen mit anderen Metsuke-Figuren nach London gebracht werden, wo diese kleine, aber feine Sammlung dem Industriellen Fabergé zum Geburtstag geschenkt werden soll. Auf der langen Bahnreise bekommt Sandras Ururgroßvater sie zu Gesicht und zeichnet sie ab. Diese Skizze stellt die Verbindung zum dritten Erzählstrang her.
In einem Münchner Tabakladen, gleichzeitig Umschlagplatz für Kunstgegenstände, bekommt Franz Marc die Figur zu sehen und skizziert sie in seinem Skizzenbuch. Diese Figur beeinflusst zumindest eines seiner Bilder und berührt durch seine magische Kraft die Seele des Malers und die seiner Frau. Auch das Petersburger Liebespaar scheint von der Magie der Figur bezaubert, ebenso Sandra, die eine innere Wandlung vollzieht, der Autor des Buches und dieser Rezension.
Überaus interessant erweist sich, was Fuchs über den Hasen in der Mythologie in sämtlichen Kulturkreisen zusammenträgt. Fast erscheint er als Archetyp menschlicher Kultur oder Psyche. In allen drei Erzählsträngen tragen die Protagonisten Erkenntnisse zu diesem Thema zusammen, die wiederum Einfluss auf deren Psyche und das gesamte Geschehen haben. Die tanzende Häsin ist allgegenwärtig.
Die Art der Darstellung weckte in mir Emotionen. Ich habe mich mit mehreren der Protagonisten identifiziert, mit ihnen gelitten und mich mit ihnen gefreut. Was will man mehr von einem Buch?
Roland Pauler



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