Dietmar Süß

 4,6 Sterne bei 10 Bewertungen
Autor*in von 'Ein Volk, ein Reich, ein Führer', Tod aus der Luft und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Dietmar Süß ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Augsburg.Für seine Arbeit wurde er unter anderem mit dem Leibniz-Nachwuchsförderpreis 2002 und dem Bayerischen Habilitationsförderpreis 2003 ausgezeichnet. Er hat bereits mehrere Bücher zur Zeitgeschichte veröffentlicht, u.a. Das »Dritte Reich«. Eine Einführung (2008) und Luftkrieg. Erinnerungen in Deutschland in Europa (2009).

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Dietmar Süß

Cover des Buches 'Ein Volk, ein Reich, ein Führer' (ISBN: 9783406679032)

'Ein Volk, ein Reich, ein Führer'

(5)
Erschienen am 19.09.2017
Cover des Buches Tod aus der Luft (ISBN: 9783886809325)

Tod aus der Luft

(1)
Erschienen am 14.03.2011
Cover des Buches Der seltsame Sieg (ISBN: 9783406793189)

Der seltsame Sieg

(0)
Erschienen am 13.10.2022

Neue Rezensionen zu Dietmar Süß

Cover des Buches 'Ein Volk, ein Reich, ein Führer' (ISBN: 9783406679032)
wschs avatar

Rezension zu "'Ein Volk, ein Reich, ein Führer'" von Dietmar Süß

wsch
Wie 'tickte' der durchschnittliche, normale 'Volksdeutsche' im Dritten Reich?

Dietmar Süß ist es gelungen, eine realistische Schilderung des Verhaltens, des Befindens der normalen Bürger Deutschlands während der Nazi-Diktatur zu verfassen. 

Es geht nicht um irgendwelche Nazi-Größen wie beispielsweise Hermann Göring, Joseph Goebbels, Heinrich Himmler, Reinhard Heydrich, Adolf Eichmann oder gar Adolf Hitler selbst. Auch nicht um irgendwelche Feldzüge der Wehrmacht, Panzerschlachten oder die im ganzen Reich vorhandenen KZs, den Holocaust.

Es geht um 'Lieschen Müller', um 'Max Mustermann'. Also den ganz normalen Volksdeutschen. Um sein Verhalten unter den Repressionen der Gestapo, des Blockwartes, um ihrem Umgang, ihrer Gedankenwelt, ihrem Alltagsleben trotz der Kenntnis der alltäglich erlebten massenhaften Deportationen.

Wie haben es die Nazis geschafft, so gut wie alle Volksdeutschen von ihren illusionären Zielen zu überzeugen? Wie ist es den Nazis gelungen, die Versorgung mit Lebensmitteln, mit Ersatz für die zerbombten Wohnungen im 'Tausendjährigen Reich' auf einem Mindestlevel zu halten?

Was hat dazu geführt, dass die Wohnungen der deportierten Juden von den 'guten Volksdeutschen' in Windeseile ausgeplündert wurden, obgleich die verschwundenen jüdischen Mitbürger bis vor einem Tag noch gute Nachbarn waren?

Wie konnten sich die 'kleinen Führer', also die Gauleiter, die Blockwarte, die indoktrinierten Mitglieder der HJ (Hitler Jugend) an den zurück gelassenen Gütern ihrer ehemaligen Nachbarn derart hemmungslos und ungestraft bereichern?

Wie haben sich die christlichen Kirchen, die katholische ebenso wie die evangelische, mit der Nazi-Diktatur, mit den massenhaften Deportationen, mit der Eroberung fast ganz Europas durch die Nazis, die SS, den Bombenkrieg, den KZs 'arrangiert'??

Auf all diese Fragen gibt der Autor schlüssige, durch einen 26 Seiten starken, klein gedruckten Anhang überprüfbare Antworten. 

Wer sich für das 'Volksempfinden' des Deutschen Bürgers jener Zeit, welches ab- und erschreckender Weise aktuell wieder 'befeuert' wird, interessiert, der sollte, muss dieses Buch lesen. Um den heutigen 'Rattenfängern' nicht wieder zu folgen wie dem Rattenfänger von Hameln.


Cover des Buches 'Ein Volk, ein Reich, ein Führer' (ISBN: 9783406679032)
M

Rezension zu "'Ein Volk, ein Reich, ein Führer'" von Dietmar Süß

M.Lehmann-Pape
Differenzierte Aufarbeitung einer Gesinnung

Differenzierte Aufarbeitung einer Gesinnung

Waren alle Deutschen Verehrer des „Führers“, nur am Ende wollte es keiner gewesen sein?
Oder ging es einfach um das Bestehen im Alltag und was „die da oben“ machten, war relativ egal?
Oder war Widerstand weit verbreitet, nur der Mut zum offenen agieren ungleich verteilt?

Was eigentlich war (oder ist?) ein „Nationalsozialist“ bei Millionen, die aus verschiedenen Beweggründen, von der glühenden Verehrung bis zum pragmatischen Nutzen, Parteimitglieder waren?

Sehr sorgsam und, vor allem, nicht in Puzzleteilen, sondern mit einer klaren, inneren Linie vollzeiht Süß chronologisch den Status Quo der Gesellschaft zu Beginn der Herrschaft des dritten Reiches nach (und räumt umgehend mit der Legende auf, nur bestimmte Schichten wären von Beginn an begeistert gewesen) und die Veränderung der äußeren Umstände und inneren Haltungen durch die Jahre hindurch bis zum Ende des zweiten Weltkrieges.

„Der Nationalsozialismus war keineswegs über die Deutschen hereingebrochen, sondern fand Unterstützung in allen sozialen Gruppen: bei Arbeitern und Bauern, kleinen Angestellten und Beamten, Studenten und Wissenschaftlern, Pastoren, Offizieren, adeligen Grundbesitzern und Unternehmern“.

Und, wer zu Anfang vielleicht noch überlegend vor der „Bewegung“ stand, änderte seine Haltung im Lauf der Jahre auf jeden Fall. Überwiegend zu „Dabei sein“, zahlenmäßig weniger in klarer Ablehnung.

Dabei ist vor allem die „Gleichschaltung“ der Gesellschaft und die dazu aufgewendeten Methoden sehr beachtenswert im Buch nachvollzogen, wie alle bestehenden Vereine, kleineren Gemeinschaften, die ebenso Hort der Freizeit, wie auch Ort von Absprachen und Austausch darstellten, nach und nach aufgelöst, zumindest im Vollzug erschwert wurden, um in die (unter klarer Kontrolle stehenden) „neuen“ Vereine und Verbünde der NSDAP gesammelt überführt zu werden.

Und ebenso, der eigentliche Kern des Buches, zeigt Süß differenziert auf, wie Linien bei den einzelnen Bürgern des Landes in sich differenzierten.

„Heil Hitler. Heil Hitlermann“.

So ruft ein kleiner Junge 1933. Noch ohne genau zu wissen, was da konkret geschieht. Aber ergriffen vom Gefühl, von Fackelzügen, zackiger Ordnung, vermeintlich klarem, „männlichen“ Auftreten.

Oder Louise, von Beginn an Anhängerin. Doch ebenso verunsichert, als die Gewalt gegen jüdische Mitbürger, Nachbarn zunimmt. Mitsamt der inneren Zerrissenheit, dass ihr Ehemann und Vater ihrer Tochter jüdische Vorfahren hat. Und ihre „stramm“ auf Gesinnung getrimmte Tochter, voll glühender Verehrung, unter diesem Makel schon früh in der Schule zu leiden hat. Während Louise selbst demonstrativ beim jüdischen Kaufmann einkaufen geht.

Dieses „sowohl als auch“, diese Mischung aus Begeisterung und alltäglicher Befremdung über das, was geschieht und doch mitgerissen sein, auch innerlich, bietet ein sehr breites, anschauliches Bild ins Innere des Dritten Reiches.

„Hände hoben sich, Lieder setzten ein, die paar Leute in der Dunkelheit hinter uns riefen mit, Polizei und Volk waren eins in Hitler“.

Was sich als Kern herauskristallisiert als primäres Moment einer emotionalen Beteiligung. „Eins sein in…“

Wer über den Alltag im dritten Reich, die Veränderung desselben im Lauf der Jahre und die überwiegend vorhandene innere Haltung des „Volkes“ ein anschauliches Bild erhalten möchte, ist mit diesem Werk bestens bedient.

Cover des Buches 'Ein Volk, ein Reich, ein Führer' (ISBN: 9783406679032)
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Rezension zu "'Ein Volk, ein Reich, ein Führer'" von Dietmar Süß

Bellis-Perennis
Sehr informativ zu diesem heiklen Thema

Der Verlag C.H.Beck hat eine mehrteilige Reihe zum Thema „Die Deutschen und der Nationalsozialismus“ herausgebracht. Vorliegendes Buch von Dietmar Süß ist eines davon.

Da uns in Kürze keine Zeitzeugen mehr berichten können werden, wie sie diese Zeit er- und überlebt haben, ist es notwendig mit dem Abstand der Jahre die Schreckensherrschaft der Nazis zu beleuchten.

Wer waren sie nun „Die Deutschen“? Sind alle der Propaganda des Diktators auf den Leim gegangen? Wie kann es sein, dass der größte Teil der Bevölkerung Deutschlands und Österreichs die Heilsversprechungen geglaubt hat? Und das quer durch alle
Bildungsschichten? Und was ist mit der lahmen Verteidigung, von den Gräueln der Judenverfolgung nichts gewusst zu haben?

In vier großen Kapiteln versucht der Autor diesen Mechanismen auf den Grund zu gehen. Dabei lässt er neben historischen Fakten auch Menschen dieser Zeit sprechen. Auch Briefe werden zitiert um uns die Bedingungen zu erklären, unter denen dieses Regime hatte sich so lange halten können.

• Terror und Begeisterung
• Führer und Gefolgschaft
• Kriegerische Volksgemeinschaft
• Glauben, sterben, überleben

Innerhalb der Kapitel gibt es weitere Unterteilungen, so dass die manchmal schwierige Kost leichter lesbar ist.

Das erste Kapitel „Terror und Begeisterung“ geht der Definition „Nationalsozialist“ nach. Wer ist nun ein solcher? Definitiv sind Juden und Kommunisten keine Nazis.
Die landläufige Meinung, nur die Schergen der SA und SS wären Nazis, lässt sich nicht aufrechterhalten. Der Nationalsozialismus ist auch nicht wie ein Hagelsturm plötzlich über die Gesellschaft hereingebrochen. Auch die Weltwirtschaftskrise allein, hat die Nazis nicht an die Macht gebracht. 

Vielmehr ist die Unterstützung für die Ideen mehr oder weniger schleichend in die Familien eingedrungen - quer durch alle Bevölkerungsschichten und Glaubensrichtungen. Sowohl die Katholische als auch die Evangelische Kirchen haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. 

Die Befürworter und Anhänger sind auf die Heilsversprechen der Agitatoren hereingefallen. 

Durch straffe Organisation, wenig Müßiggang (und selbst der wird im richtigen Sinn gestaltet) sowie ständige Propaganda, beeinflusst die Partei ihre Bürger. Nichts ist dem Zufall überlassen. Alles bestens organisiert. 

Die Menschen werden in zwei Klassen geteilt: in „arisch“, „erbgesund“ und „nützlich“ oder „unnütz“, „Volksschädling“ usw..

Doch innerhalb der „richtigen“ Deutschen bleiben die Klassenschranken bestehen. Allerdings werden sie, durch entsprechende Rituale, wie dem „Deutschen Gruß“ oder den Dreiklang „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ brüllend zu einer amorphen Masse, die sich trefflich manipulieren lässt.

Im zweiten Kapitel „Führer und Gefolgschaft“ stellt der Autor die Grausamkeit des Regimes dar, mit der, nicht der gesunden Norm entsprechende Menschen, einfach ermordet werden. Allerdings nicht ohne, vorher noch für allerlei medizinische Experimente gequält worden zu sein. In diesem Kapitel kommt klar heraus, dass man mehr über das Verschwinden von chronisch kranken, behinderten und/oder verwirrten Menschen wusste, als man später zugeben wird.

Gleichzeitig dringt der Nationalsozialismus immer tiefer in den Alltag ein. Religiöse Feste werden im Sinne der Machthaber umgedeutet. Der Aufschrei der Kirchen bleibt wieder aus.

Das dritte Kapitel „Kriegerische Volksgemeinschaft“ widmet sich dem behördlich verordneten und moralisch geduldeten Raubzügen an jüdischem Eigentum. Hier gibt es mehrere Gruppierungen: 

• jene, die sich schamlos am Vermögen der Juden bereichern (Mitarbeiter von Behörden, Dienststellen und Bonzen des Regimes)
• jene, die auf ein Schnäppchen hoffen und recht wenig Unrechtsbewusstsein besitzen
• jene, die wenigstens versuchen, einen halbwegs angemessen Preis zu bezahlen und die deswegen ein schlechtes Gewissen haben und Angst vor einem späteren „Zahltag“
• die letzte Gruppe, nämlich jene, die sich an dem entwürdigenden Gerangel um fremdes Eigentum nicht beteiligt haben, ist die kleinste

Denunziationen, Spitzeldienst usw. nehmen überhand. Selbst in der eigenen Familie ist man sich nicht mehr sicher, ob nicht die eine oder andere Bemerkung im Spaß oder Zorn hingeworfen, nicht den Abtransport in das nächste KZ bedeutet.

Im letzten Kapitel „Glauben, leben, sterben“ wird nochmals der ganze Wahnsinn des Regimes zusammengefasst. Obwohl nun den meiste klar ist, dass der Krieg verloren ist, wird weiter für den „Endsieg“ getrommelt: Sinnlose Durchhalteparolen, Willkür bei Verhaftungen und Hinrichtungen, immer mehr Entbehrungen bei der Zivilbevölkerung.

Manche haben ihren Glauben verloren, andere finden in gerade wieder, allerdings abseits der etablierten Kirchen.

Ein spannendes Detail wird hervorgehoben: In den späteren Jahren des Krieges verschwindet Hitler beinahe von der Bildfläche. Auch seine Radioansprachen werden weniger. Es scheint, als ob er die Fäden nicht mehr alleine in der Hand hielte. Seine Adlaten wie Goebbels, Speer usw. toben sich in seinem Namen aus. Dass sich der Diktator rarmacht, gibt Anlass zu wilden Spekulationen, die allerdings nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert werden.

Nachfolgender Faktor ist ebenso zynisch wie makaber: Die sogenannte „Leichentrauung“. Um nämlich in den „Genuss“ einer Witwen- und Waisenrente zu kommen, muss die deutsche Frau mit einem Soldaten verheiratet gewesen sein, denn ein uneheliches Kind, nein das geht gar nicht. Wenn nun eine schwangere Verlobte die Heiratsabsichten glaubhaft darstellen konnte, griff man zu eben dieser Art der Trauung, um wenigstens die finanzielle Versorgung zu gewährleisten.

Meine Meinung:

Dietmar Süß spannt in seinem Buch einen Bogen von Beginn der 1930er Jahre bis nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945.
In eindringlicher Sprache, jedoch ohne Pathos, legt er seinen Lesern Tatsachen vor. Die Zeitzeugenberichte sind sorgfältig recherchiert und perfekt eingearbeitet.

Trotz der vielen Zahlen, Daten Fakten lässt sich das Buch
sehr gut lesen.

Ein kleiner Fehler ist mir als Österreicherin beinahe schmerzhaft in die Augen gestochen: „im oberösterreichischen Leoben“ (S. 263). Leoben war und ist immer eine Stadt in der Steiermark.

Obwohl dieses Buch der zweite Teil einer Reihe ist, kann es für sich alleine gelesen werden. Ich denke jedoch, die anderen Bücher zu lesen, wäre ein gute Ergänzung. 

Das sind:

• „Dass ihr mich gefunden habt“ (Sybille Steinbacher)
• „Ihr wisst, wollt es aber nicht wissen“ (Markus Roth)
• „Ein Leben wie ein Traum“ (Moritz Föllmer)
• „Kanonen statt Butter“ (Tim Schanetzky)
• „Dieser Krieg ist der große Rassenkrieg“ (Birthe Kundrus)
• „Es gibt keine Nazis in Deutschland“ (Norbert Frei)

Gerade letzteren Titel lohnt es sicher, angesichts der aktuellen politischen Lage in Deutschland und auch Österreich, zu lesen. Vielleicht ist es doch noch möglich, das gänzliche Abdriften in den rechten Sumpf hintanzuhalten.

Fazit:

Ein sehr informatives Buch, das vor allem durch seine sachliche Sprache und durch die Einarbeitung von authentischen Quellen besticht. 5 Sterne und eine Leseempfehlung.


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