Rezension zu "Das Mädchen Dori. Kriminalroman" von Dietmar Wachter
Es geht um Dori, ein Roma-Mädchen. Ihr Vater hat Probleme mit ihrer Mutter, am Ende nimmt er Dori einfach mit auf eine Reise quer durch Europa. Und Dori erlebt so viel mehr als ihre Geschwister, auch, wenn es für die beiden beim Roma-Leben bleibt - gleichzeitig treffen sie überall auf Teile ihrer Familie und kommen bei Familienfesten zusammen. Doch dann ändert sich plötzlich alles, und Dori ist allein. Von Matteo, dem Polizisten, der sich um die beiden Morde in Italien kümmern will, bekommt man erst gegen Ende hin mehr mit.
Ich fand das Buch gut geschrieben - es dauert eine Weile bis man beim Lesen hineinkommt, weil die Geschichte so unerwartet anfängt, anfangs ist nämlich keine Rede von Mord, von Südtirol, oder einem Matteo - es dreht sich alles nur um Dori, und ihr Leben in Rumänien. Dafür lernt man die Roma wirklich kennen, nicht nur das, was wir hier von ihnen sehen, sondern einfach, wie sie wirklich sind. Aus Doris Leben wird erzählt, von ihren vielen Geschwistern, dem Vater, der nie Zuhause ist; danach hat man einfach das Gefühl, jetzt wirklich etwas mehr zu wissen - auch, wenn ich selbst das Leben, das sich die Roma aussuchen, trotzdem nicht nachvollziehen kann.
Interessant finde ich auch den Aufbau des Buches: Als Leser weiß man schon viel früher, dass es zu einem Mord kommen wird, gleich von Anfang an - aber es passiert lange gar nichts in dieser Richtung, sondern alles scheint mehr oder weniger gut zu sein. Fast wirkt es, als ob der Klappentext von einer ganz anderen Geschichte handelt - erst viel später laufen hier die Fäden zusammen. Als es dann so weit ist, weiß man auch schon lange vor Matteo, dem Ermittler, was passiert ist, und so kann man mitverfolgen, wie er langsam auf die richtige Spur kommt. Die Sprünge zwischen den Charakteren sind dafür gut gemacht - nach ein paar Sätzen weiß man schon, um wen es sich handelt, einfach weil auch die Schreibweise sich zwischen den beiden unterscheidet, ihre Umgebung, ihr Verhalten etc.
Im Buch vergeht viel Zeit - und das ist das einzige, das ich als Leserin nicht wirklich mitbekommen habe. Anfangs ist Dori ein kleines Mädchen, am Ende weit davon entfernt; angefühlt hat es sich aber höchstens wie 1-2 Jahre, man bekommt eher nur am Rande mit, dass schon einiges an Zeit vergangen sein muss. Erst gegen Ende hin wird klar, wie viel.
Insgesamt finde ich, dass das Buch sehr gut geschrieben ist - es hält einen einfach beim Lesen, auch wenn man, wie ich, oft vielleicht nicht einer Meinung mit dem Gelesenen ist (gerade die Einstellung der Roma zum Stehlen wäre so ein Thema zum Beispiel). Man kann da aber trotzdem darüber stehen, weil man einfach wissen muss, wie die Geschichte weitergeht. Der Einstieg ist zwar relativ langsam, man lernt einfach erst einmal Dori besser kennen, erst später baut sich etwas Spannung auf; mit einem ganz normalen Krimi wäre dieses Buch meiner Meinung nach aber nicht zu vergleichen.
Mir gefällt, dass man Einblick in das Landpolizistenleben erhält, wie es sonst wohl keiner zugeben würde - die Geschichte wirkt einfach sehr realistisch dadurch.