Cover des Buches Toter geht's nicht (ISBN: 9783862520244)
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Rezension zu Toter geht's nicht von Dietrich Faber

~ Erbarmen, die Hessen kommen ~

von ShadowOfBlue vor 11 Jahren

Rezension

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ShadowOfBluevor 11 Jahren

Das kommt davon, wenn man ein Buch nur aus dem Grund kauft, dass der Hund des Protagonisten auf den Namen "Berlusconi" hört - aber naja, selber Schuld kann ich da nur sagen...

Doch woran genau trage ich nun die Schuld? Daran, dass ich meine Zeit mit anderen Büchern vielleicht hätte sinnvoller nutzen können, als mit Toter geht's nicht.
Inhaltlich

kann man vorwegnehmen, dass während eines Faschingumzuges im Vogelsbergkreis eine Leiche gefunden wird, passenderweise als Tod verkleidet - dies erklärt nun auch den seltsam anmutenden Titel des Buches. Nicht nur, dass Hauptkommissar Henning Bröhmann überhaupt dadurch Arbeit hat, nein, er wurde auch noch an diesem Tag von seiner Frau auf unbestimmte Zeit verlassen und hat zusätzlich noch 2 Kinder und einen Hund am Hals. Während er versucht seinen Alltag zu meistern, stoßen er und seine Kollegen auf die eine oder andere Spur, die in Richtung eines Musikers zeigen, doch auch der Sohn des Toten macht sich nicht weniger verdächtig. Und zu guter Letzt gibt es sogar noch eine zweite Leiche. Welche dunklen Abgründe der Vergangenheit Bröhmann und sein Team aufdecken und was letztendlich hinter dem Mord steckt wird man im Laufe des Buches noch erfahren, genauso wie sich das chaotische Privatleben Bröhmanns weiter entwickeln wird.

Nun hat sich das Prinzip Kriminalfall versus Privatleben ja im Krimi-Bereich doch relativ weit verbreitet, was meiner
Meinung

nach nicht verkehrt ist. Meist sehr humorvoll und schrullig kommen diese Mix-Romane daher, zeigen oft eher eigenbrödlerische Protagonisten, die den Ermittlerberuf und das Privatleben nur schwer trennen können, die ihren eigenen Weg gehen, der teils nicht immer ganz regelkonform ist. Auch Dietrich Faber hat mit Hennig Bröhmann einen solchen Charakter geschaffen, jedoch mit dem Unterschied, dass der teils apathisch wirkende Bröhmann kein wahrer Symphatieträger ist. Seine Teilnahmslosigkeit an seinem Beruf ist zwar begünstigt durch die vorherige Trennung von seiner Frau, wird aber nur in einer Hand voll Momenten ein wenig gebrochen. Die seltenen Momente, in denen Bröhmann aufblüht, sind leider wieder so schnell verblasst, dass man sie kaum wahrnimmt. Im Kopf bleibt das Bild von einem Kommissar, der keiner sein möchte, von einem gescheiterten Familienvater, der nicht aus seiner Haut kann, einem Sohn, der es seinem Vater nicht recht machen kann, von einer Hauptfigur die unter normalen Umständen wahrscheinlich keiner besonderen Erwähnung bedarf - wäre es eben nicht die Hauptfigur.

Neben Bröhmann finden sich noch andere, völlig überspitzte Charaktere wieder - der immer hochmotivierte Kommissar, der den werten Leser am laufenden Band mit dummen Sprüchen und Wort"witzen" bombadiert, die pubertäre Tochter samt Stimmungsschwankungen, rebellischer und gefühlvoller Seite, der großmäulige Stimmungsmusiker, der herrische Vater, der alles besser weiß, ein furzender Hund... die Liste könnte man ewig fortsetzen, kaum ein Charakter ist hier halbwegs normal gehalten, was die ganze Geschichte extrem ins Lächerliche zieht. Sogar der Hund Berlusconi, eigentlicher Auslöser meines Interesses an dem Buch, ist dermaßen überzeichnet und klischeebehaftet, dass man dazu neigt die Augen zu verdrehen. Der zu Grunde liegende Kriminalfall rückt zwischenzeitlich so sehr in den Hintergrund, dass man diesen als Leser auch schon fast vergisst - dafür brauche ich allerdings keinen Kriminalroman lesen.

"Bröhmanns erster Fall", so prangert es auf dem Cover, man könnte das also gut als Startschwierigkeiten abtun, wäre es ein Ausschnitt aus dem Anfang seiner Karriere. Dass Bröhmann im Laufe weitere Fälle mehr Elan an den Tag legt, scheint aber nach diesem ersten Fall eher unwahrscheinlich. Aber ganz ehrlich, ich möchte es auch gar nicht herausfinden. Das, was ich im ersten Fall gelesen habe, das hat mir schon gereicht. Während der Fall an sich immerhin noch mit unerwarteten Wendungen daherkommt und so zumindest den Anschein eines Krimis aufrecht zu erhalten versucht, so sind Bröhmanns private Probleme dermaßen vorhersehbar, dass in diesem Bereich kaum Spannung aufkommt. Die leichten Spannungsbögen in der kriminalistischen Nebenhandlung können dies leider auch nicht wieder gutmachen, da diese auch keine nennenswerten Besonderheiten birgt. Ebenfalls der Humor, der durch Handlung und Figuren an vielen Stellen für Auflockerung sorgen soll, bringt meist nicht mehr als ein müdes Lächeln auf die Lippen, wahrlich witzige Momente oder Auslöser für sonstige Gefühlsregungen sucht man vergebens. Lediglich der eine oder andere Aha-Moment schleicht sich ein, wenn man zwischen den verwendeten Klischees möglicherweise ein wohlbekanntes wiederfindet.

Abschließendhandelt es sich hier in meinen Augen eher um einen mit plattem Humor und ausgelutschten Klischees behafteten Familienroman als um einen Krimi, nichtmal die Kategorisierung Regional- oder Provinzkrimi würde hier in meinen Augen passend erscheinen. Scheinbar lediglich zufällig ist die Hauptfigur nun auch ein Hauptkommisar, so dass dies eben als Teil seines Lebens und somit des Romans anzurechnen ist. Wer einen Faible für Dummschwätzer, Trantüten, pubertierende Mädchen und Öko-Bio-KiTaväter hat, der könnte mit Toter geht's nicht noch seine Freude haben, den Freunden gepflegter Unterhaltung mit kriminalistischer Spannung muss ich jedoch von der Lektüre abraten. Meinen literarischen Ausflug nach Hessen werde ich als einmaligen Ausrutscher verbuchen und mich in Punkto Regionalkrimis wohl doch zukünftig lieber anderen Gebieten Deutschlands zuwenden.
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