Dima Wannous

 4,1 Sterne bei 9 Bewertungen

Lebenslauf

Dima Wannous und die Revolution in Syrien: Die syrische Schriftstellerin Dima Wannous, 1982 in Damaskus geboren, studierte französische Literatur in ihrer Heimatstadt und an der Sorbonne in Paris und ließ sich zur Übersetzerin ausbilden. Von jeher politisch aktiv, musste sie als Oppositionelle ihre Heimat verlassen. Beruflich ist sie sowohl in den Printmedien als auch im Fernsehen und im Onlinebereich aktiv. Wannous Werke beschäftigen sich mit der Situation in Syrien, mit den Schicksalen der Menschen dort und mit dem Thema Heimat. Bereits ihr Erstlingswerk „Dunkle Wolken über Damaskus“ – 2007 im Original und 2014 auf Deutsch erschienen – beschäftigt sich mit den Realitäten der syrischen Revolution und zeigt anhand verschiedener Porträts von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, wie sich die politische Situation in Syrien auf die Lebenswelt der Syrer auswirkt. In ihrem 2017 in deutscher Übersetzung veröffentlichten Werk „Die Verängstigten“ bleibt Dima Wannous ihrem Thema treu und nutzt erneut eine sehr starke, poetische Sprache, um die Situation in Syrien verständlich zu machen. Das gelingt ihr so eindringlich, dass sie schon heute zu den bedeutendsten Vertretern der arabischen Gegenwartsliteratur zählt.

Alle Bücher von Dima Wannous

Cover des Buches Die Verängstigten (ISBN: 9783896676276)

Die Verängstigten

 (8)
Erschienen am 27.08.2018
Cover des Buches Dunkle Wolken über Damaskus (ISBN: 9783894017965)

Dunkle Wolken über Damaskus

 (1)
Erschienen am 12.11.2014

Neue Rezensionen zu Dima Wannous

Cover des Buches Die Verängstigten (ISBN: 9783896676276)
Alaiss avatar

Rezension zu "Die Verängstigten" von Dima Wannous

Über das Leben in ständiger Angst
Alaisvor 4 Jahren

„Meine Mutter, die dort auf dem Sofa saß, las seit Tagen die Seite vierundzwanzig. […] Zwar war sie über Nacht gealtert, aber jetzt saß sie ganz ruhig auf dem Sofa und las Seite vierundzwanzig.“ (S. 74/75)

Ein stiller Roman, in dem Traumbilder und Gefühle, Gedanken und Geschichten aus Syrien, die wahr oder sogar autobiographisch sein oder auch symbolisch für das Leiden vieler stehen können, im Mittelpunkt stehen. Auf sehr eindrucksvolle Weise gelingt es der in Damaskus geborenen Autorin, das Leben in Syrien unter dem Assad-Regime und die Risse, die unter dem Staatsterror durch die Familien gehen, fühlbar zu machen. 

Die Last, die das Leben den Menschen in diesem Roman aufbürdet, ist enorm – von Unfällen, unglücklichen Ehen, schweren Krankheiten, Tod des Vaters bis hin zu den späten Folgen des Hama-Massakers (1982), ständiger Angst vor Verfolgung, Beobachtung und Verhaftung und einem Bruder, der verschwindet und von dem man wünscht, er sei tot, weil selbst das besser wäre, als ihn in langer Folter zu wissen ... Und immer wieder die Angst sowie die Angst vor der Angst. Das Angstthema wird ohne große dramatische oder blutige Szenen so anschaulich vermittelt, dass es mir während des Lesens definitiv nicht gut ging.

Was macht wohl diese Angst mit den Menschen und gibt es überhaupt eine richtige Art, mit ihr umzugehen – angstlösende Medikamente, Entwicklung von Ticks, innere Emigration, Auflehnung, die mit dem Leben bezahlt wird, sind einige der Folgen für die Handlungsfiguren ... Die Geschichte ist umso trauriger und erschütternder, da sie so authentisch wirkt.

Dabei spielt gerade die Frage der Fiktion und der individuellen Geschichten, die für die Geschichte so vieler stehen, eine große Rolle in diesem Roman, in dem sich die Hauptfigur Sulaima in den Schriftsteller Nassim verliebt, dem sie im Wartezimmer eines Arztes begegnet, den beide wegen ihrer Angststörung aufsuchen. Eines Tages, die Liebesgeschichte (die ich leider nicht ganz nachvollziehen konnte, aber das geht mir bei Liebesgeschichten leider oft so) scheint bereits ein frühes Ende gefunden zu haben, findet sie ein Manuskript von Nassim, das von einer anderen Frau zu handeln scheint und doch auch ihre eigene Geschichte erzählt ... Und auch die reale Geschichte der Autorin Dima Wannous scheint zumindest als Inspirationsquelle für diesen Roman gedient zu haben.

Der Schreibstil ist sehr zart, poetisch und packend zugleich. Dabei ist der Erzählstil eher bildreich und weniger handlungsbasiert. Er ließ mich mitfühlen und weckte in mir immer wieder den Wunsch, die Figuren tröstend zu umarmen (dabei bin ich generell kein Fan von Umarmungen). Das ist natürlich auch der Übersetzerin Larissa Bender zu verdanken, die nicht nur für eine schöne, elegante deutsche Version gesorgt hat, sondern auch in einem Nachwort viele wissenswerte Informationen zur jüngeren Geschichte Syriens und zur Autorin zusammengetragen hat.

Auch die Covergestaltung hat mich überzeugt, weil sie anscheinend (und das ist ja leider nicht immer der Fall) in Kenntnis der Erzählung entworfen wurde. So meine ich auf dem Cover jene herumwirbelnde arabische Buchstaben zu erkennen, in die sich für Sulaima Nassims Worte auflösen, wenn sie mit ihm telefoniert.

Nicht einfach zu lesen, aber auf jeden Fall lesenswert!

Cover des Buches Die Verängstigten (ISBN: 9783896676276)
LittleMissEMmAs avatar

Rezension zu "Die Verängstigten" von Dima Wannous

Eigentlich unbeschreiblich
LittleMissEMmAvor 5 Jahren

Dies war für mich der erste Roman aus der arabischsprachigen Welt und ich wäre gerne in der Lage, ihn im Original zu lesen.
Bereits der Klappentext offenbart, dass dies kein leicht zu lesender Roman ist. Hieraus ein paar Stichworte: Psychologe, Amour Fou, Krieg, Flucht, schwieriges Verhältnis zur Mutter, früher Tod des Vaters, unterschiedliche Religionen, Diktatur, Verarbeitung der eigenen Vergangenheit, Reise zu sich selbst.
Es ist kein Roman, den man "einfach so" liest oder der spurlos an einem vorbeigeht. In den aktuellen politischen Wirren, die nicht nur die Gesellschaft(en) an sich, sondern jede einzelne Person in ihrem täglichen Leben beeinflussen (können), ist dieser Roman ein Mahnmal.
Absolut empfehlenswert!

Cover des Buches Die Verängstigten (ISBN: 9783896676276)
C

Rezension zu "Die Verängstigten" von Dima Wannous

Bewegender Einblick in die syrische Geschichte
Cat83vor 5 Jahren

Suleima lernt im Wartezimmer ihres Psychologen Kamil den Arzt und Schriftsteller Nassim kennen. Zwischen ihnen entwickelt sich eine über Jahre andauernde Beziehung, die sich einerseits durch große Distanz und andererseits durch Momente des tiefen Verständnisses auszeichnet. Als Nassim schließlich mit seinem Vater nach Deutschland flieht, bleibt Suleima allein zurück. Sie erhält jedoch ein Manuskript ihres Freundes, dessen Inhalt sie immer mehr an ihre eigene Familiengeschichte erinnert. Parallelen wie der frühe Tod des Vaters oder der vermisste Bruder sind ebenso auffällig wie das schwierige Verhältnis zur Mutter. 

Durch die Lektüre des Romans setzt sich Suleima mehr und mehr mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinander und will sich schließlich mit Salma, der Frau, die hinter Nassims Protagonistin steckt, treffen.

Das Buch ist in einer klaren, aber dennoch leichten und poetischen Sprache verfasst und lässt sich sehr gut lesen. Ich hatte mich literarisch noch nie mit der Geschichte oder Politik Syriens beschäftigt, und trotzdem gelang der Einstieg in den Roman reibungslos. Wannous schafft es, die Zerrissenheit eines ganzen Landes beispielhaft an der Familie aufzuzeigen. Denn auch innerhalb dieser haben sich durch unterschiedliche Religionszugehörigkeiten der einzelnen Mitglieder tiefe Risse gezogen, die sich auch Jahre später nicht so einfach kitten lassen. Keiner traut dem anderen und die Angst vor Überwachung und Folter durch das Regime sind allgegenwärtig. Diese Themen verarbeitet Wannous jedoch nicht plakativ oder mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern verwebt sie geschickt mit der Geschichte ihrer Protagonisten. 

Im Nachwort der Übersetzerin Larissa Bender ist auf sechs Seiten unter anderem ein kurzer Abriss der syrischen Geschichte seit 1946 aufgeführt. Dieser hilft noch einmal dabei, die im Roman erwähnten historischen Ereignisse einzuordnen. 

Ich kann das Buch nur empfehlen, da es nicht nur sprachlich ein echter Gewinn ist, sondern ebenso einen Einblick in die syrische Gesellschaft bietet, wie man ihn nur über die Literatur erhalten kann. Emotional, aufwühlend und nachhaltig. 

Die volle Punktzahl habe ich nicht vergeben, da mir das Ende etwas zu abrupt kam. Beim Rückblick auf den Roman überwiegen jedoch klar die starken und eindringlichen Bilder. Absolut empfehlenswert!

Gespräche aus der Community

Starte mit "Neu" die erste Leserunde, Buchverlosung oder das erste Thema.

Community-Statistik

in 14 Bibliotheken

auf 3 Merkzettel

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks