Das Buch „GO! - Die Ökodiktatur” von Dirk C. Fleck wurde 1993 veröffentlicht. Ich habe es damals das erste mal gelesen. 30 Jahre später musste ich feststellen, dass nichts davon hängen geblieben ist, was für mich persönlich seinen Grund hat, wie ich im Folgenden erläutern werde.
In kurzen Kapiteln von meist wenigen Seiten werden die Handlung und die 21 Charaktere entwickelt. Aber in meiner Wahrnehmung wird kaum Handlung vorangetrieben und die Charaktere bleiben blass. Denn was eigentlich transportiert werden soll, ist die „Message”: Hören wir doch endlich damit auf, unsere Erde zu zerstören, sie als Verfügungsmasse für uns Menschen zu behandeln, sondern lernen wir, sie als quasi-lebendiges Wesen zu sehen, dass unseren Respekt verdient und dementsprechend behandelt werden sollte. (Das habe ich mir damals so ungefähr gemerkt, mehr aber nicht.)
Die Erde ist zur Zeit der Handlung im Jahr 2040 aufgeteilt in zwei große Blöcke, aber nur der „westliche” wird uns in Form von Deutschland nahe gebracht, das Geschehen bleibt also im Erlebnishorizont einer durchschnittlichen deutschen Leserschaft. Gezeigt werden ganz normale Menschen jeden Alters – was für das Szenario von Bedeutung ist – sowie verschiedene Ebenen der Machtstruktur, der herrschenden Elite. Die Menschen leben in den verbliebenen (urbanen) Lebensräumen, in (so nicht genannten) Straflagern oder Kommunen oder bilden eine Art Outlaw-Community. Die Erde steht kurz vor dem Kollaps. Die westliche Gesellschaft hat eine Revolution durchgemacht, die dem grenzenlosen Konsum und der Zerstörung der Erde ein Ende setzte, und eine Öko-Diktatur installierte, die mit allen Mitteln, einschließlich der Propaganda und Manipulation, versucht, den Kollaps zu verhindern und die Menschen auf Linie zu halten. An den Figuren zeigt uns Dirk Fleck ohne nennenswerte Handlung oder detaillierte Charakterzeichnung verschiedene Aspekte dieser dystopischen Welt, mit offenem Ende.
Um die Botschaft zu transportieren wird über den Roman eine Collage an verschiedenen Zitaten aus Büchern (Belletristik wie Sachbücher) und Zeitungsartikeln verteilt, die die Dringlichkeit der Botschaft unterstreichen und bestärken sollen. Am meisten Bedeutung haben für den Autor verschiedene Rituale und Zitate der indigenen Bevölkerung des (nord)amerikanischen Kontinents, die als vorbildlicher und alternativloser (?) Umgang mit der Erde vorgestellt werden.
Was im Laufe des Lesens auffällt ist, dass das Buch immer mehr Appellcharakter gewinnt: Wenn wir so weitermachen, wird es zu einer Diktatur kommen (müssen), die versuchen wird, uns vor uns selbst zu schützen. Das wird aber, wie bei jeder Diktatur der Fall, unschön werden. Wollen wir das wirklich, oder gelingt es uns vorher, einen anderen Weg einzuschlagen?
Mein Fazit: Das Buch ist insgesamt gut zu lesen, mit einigen philosophischen und ethischen Passagen, die manchmal ein wenig aufgesetzt und hölzern wirken. Das Buch eignet sich nicht so sehr für eine Leserschaft, die handlungs- und/oder charaktergetriebene Unterhaltung erwartet, Action wird man hier umsonst suchen. Gerade aber im Hinblick auf die Gegenwart des Jahres 2022 und die nahe Zukunft würde ich „GO! - Die Ökodiktatur” von Dirk C. Fleck als anregendes Gedankenexperiment werten, dass einen Versuch durchaus wert ist.